Mario Götze beim FC Bayern:Misstrauensvotum im Camp Nou

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Es läuft nicht ideal: Mario Götze im Bayern-Trikot (Foto: dpa)
  • Franz Beckenbauer bezeichnet ihn als "Jugendspieler", Pep Guardiola wechselt ihn im Champions-League-Halbfinale erst spät ein: Es läuft nicht bei Mario Götze.
  • Die Zukunft des Spielers beim FC Bayern gilt sogar als ungewiss. Holt Dortmund ihn zurück?
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Von Christof Kneer

Luis Enrique hat Lionel Messi vor dem Spiel nicht gesagt, er solle der Welt zeigen, dass er besser ist als Mario Götze. Der Spruch wäre wahrscheinlich nicht gut angekommen, Weltstars haben es nicht so gern, mit Spielern verglichen zu werden, die beim Gegner auf der Ersatzbank sitzen, und das, obwohl diesem Gegner allmählich die Spieler ausgehen.

Ein Vergleich von Lionel Messi mit Mario Götze? Absurd.

Wie die Welt weiß, hat es diesen Vergleich schon einmal gegeben, allerdings umgekehrt. Joachim Löw hat ihn Götze vor dessen Einwechslung im WM-Finale ins Ohr geflüstert, und tatsächlich hat sich Götze davon zu einem Moment hinreißen lassen, der sogar Messi noch in Erinnerung ist. Götzes prachtvolles Tor im Maracanã hat Deutschland zum Sieger und Messis Argentinier zum Verlierer gemacht.

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Franz Beckenbauer bezeichnete ihn gerade als "Jugendspieler"

Als Mario Götze am Mittwochabend im Camp Nou eingewechselt wurde, wäre kein Trainer der Welt auf den Gedanken gekommen, ihm einen Messi mit auf die Reise zu geben. Mario Götze wäre im Moment schon sehr damit geholfen, wenn er den Bayern zeigen könnte, dass er besser als Mario Götze ist - als jener Götze zumindest, von dem man zuletzt gar nicht so genau sagen konnte, ob er gerade mitspielt oder nicht. Er hat sich nicht hängen lassen, wenn er dabei war, das nicht, er hat sogar einmal vor Zeugen eine Grätsche angebracht, aber er hat sich nie so unverzichtbar gemacht, wie Bayerns Verantwortliche und auch Anhänger das von einem 37-Millionen-Euro-Einkauf erwarten.

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Die Menschen verstehen nicht, dass Pep Guardiola den glücklosen, aber wenigstens rumwurstelnden Thomas Müller auswechselt, zu diesen Menschen zählt übrigens auch Thomas Müller; das ist die eine Geschichte dieses Spielerwechsels aus der 78. Minute. Bezeichnender ist aber die andere Geschichte: Den Menschen scheint es inzwischen fast egal zu sein, ob Guardiola Götze einwechselt oder Mitchell Weiser.

Mario Götze ist ein herausragender Fußballer, oder besser: Er ist ein Fußballer mit herausragenden Fähigkeiten. Ob diese Fähigkeiten aber zum FC Bayern passen, wird gerade mit jedem Tag ungewisser; nicht nur, weil ihn Franz Beckenbauer in seiner Funktion als Franz Beckenbauer gerade als "Jugendspieler" bezeichnet hat, was übrigens der BVB-Chef Hans-Joachim Watzke in seiner Eigenschaft als BVB-Chef konterte. Die Probleme, so Watzke spitz, müssten "nicht immer am Spieler liegen".

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Für Götzes Zukunft bei Bayern könnte es ein Gradmesser sein, ob Guardiola ihm gegen Barcelona vertraue, hat ein Vertrauter vor dem Spiel gesagt, und Guardiolas Startelf hat die Vertrauensfrage einstweilen mit "nein" beantwortet. Nach knapp zwei Münchner Jahren wirkt es immer noch so, als würde Götze seinem alten Verein aus Dortmund viel mehr fehlen als er seinem neuen Verein nützt, was in der Branche längst Spekulationen befeuert. Holt Dortmund Götze zurück? Kann der BVB sich das überhaupt leisten? Oder verrechnen sie ihn vielleicht mit Ilkay Gündogan, über dessen Tauglichkeit die Bayern zumindest nachdenken?

Noch bewegt sich keine der Parteien, und noch haben auch die Bayern nicht endgültig entschieden, welches Bild sie sich von ihrem ehemals künftigen Messi machen sollen. Ob sie an den Mario Götze glauben, der im Maracanã ein unvergleichliches Tor schießt. Oder ob sie ihn so sehen wie in Barcelona, als er beim Stand von 0:1 aufs Feld trabte und eine Minute später mit ansehen musste, wie der Original-Messi das 2:0 schießt.

© SZ vom 08.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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