Leipzig verliert gegen Hamburg:Kein Bayern-Jäger mehr

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Fällt länger aus: Der Leipziger Yussuf Poulsen zog sich einen Muskelfaserriss zu. (Foto: Jan Woitas/dpa)
  • Nach der Niederlage in Dortmund verliert Aufsteiger RB Leipzig nun auch das Heimspiel gegen den Hamburger SV.
  • Damit wächst der Abstand auf den FC Bayern auf sieben Punkte an.
  • Der HSV jubelt dagegen über drei Siege in einer Woche.

Von Javier Cáceres, Leipzig

Natürlich hat Leipzig die Geschehnisse des vergangenen Wochenendes noch nicht aus den Kleidern geschüttelt. Die verbalen und körperlichen Aggressionen, die sich über die Anhänger des örtlichen Fußballklubs RB in Dortmund ergossen, sitzen tief. Auch am Samstag, als mit dem Hamburger SV der älteste Bundesligist beim 2009 gegründeten und damit jüngsten Bundesligisten zu Gast war, konnte man das spüren. Beziehungsweise: hören und sehen.

Es gab Aufrufe des Stadionsprechers zu friedlichem Miteinander und auf den Rängen wurden zahlreiche Plakate ausgebreitet, die ähnlicher Natur waren. "Wir machen euren Sport kaputt? Wenn er so aussieht, dann gerne", lautete ein Transparent, das an die Dortmunder gerichtet war. "Lieber Dosenbier statt Wertpapier", ein weiteres. Auf einem dritten stand: "Wenn das Tradition ist, wollen wir keine!" Eine Tradition setzte sich allerdings am Samstag in Leipzig fort: Der Hamburger SV hat es sich bislang nicht nehmen lassen, noch jeden Klub, der je der höchsten deutschen Spielklasse angehört hat, mindestens einmal zu besiegen.

Und am Samstag kam mit RB Leipzig Bundesligist Nummer 54 hinzu. Durch den überaus verdienten 3:0-Sieg fügten die Hamburger den Sachsen die erste Heimniederlage der Saison zu. Leipzig scheint den Nimbus des letzten verbleibenden Bayern-Jägers zu verlieren, während der HSV sich - in Anbetracht der Leistungssteigerung der vergangenen Wochen - wohl nicht nur vorübergehend vom Relegationsplatz verabschiedete. "Wir haben eine wirklich perfekte englische Woche erlebt", sagte Trainer Markus Gisdol mit Blick auf die vorangegangenen Siege gegen Bayer Leverkusen und im Pokal gegen den 1.FC Köln.

Den Schlusspunkt in Leipzig beim 3:0 setzte in der Nachspielzeit der eingewechselte Aaron Hunt. Die wirklichen Matchwinner aber waren bei den Hamburgern die Männer, die zurzeit in der Hansestadt besonders en vogue sind. Erst traf Kyriakos Papadopoulos aus sieben Metern per Kopf, nach einer Ecke von Nicolai Müller (19. Minute). Dann tat es ihm der brasilianische Defensivmann Walace nach (24.). Besonders Papadopoulos dürfte der Treffer Genugtuung bereitet haben. Der Grieche, der eigentlich noch Bayer Leverkusen gehört, war in der Hinrunde an RB Leipzig ausgeliehen worden - und nach nur zwei Einsätzen nach Hamburg gewechselt.

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"Ich wollte weg hier", sagte er nach dem Spiel. "Ich bin froh, dass ich beim HSV bin, die haben richtig gute Fans." Nun hat er dort mit der in Hamburg seit Uwe-Seeler-Zeiten legendären Rückennummer 9 schon zwei Mal getroffen. Denn zu Beginn des Jahres hatte er, ebenfalls mit einem Kopfballtreffer, ausgerechnet gegen Leverkusen eingenetzt. In der kommenden Woche empfängt der HSV den SC Freiburg. "Ich hoffe, dass er auch noch gegen ein paar Vereine trifft, bei denen er noch nicht gespielt hat" , scherzte HSV-Trainer Markus Gisdol nach dem fünften Sieg aus den letzten sieben Partien.

Die Treffer der Hamburger stellten den Spielverlauf auf den Kopf. Denn eigentlich dominierten die Leipziger das Spiel. Die Blicke in der Arena richteten sich bald auf einen Spieler, der in den letzten drei Partien wegen einer Rot-Sperre hatte aussetzen müssen: Emil Forsberg, 25, der unter der Woche seinen Vertrag vorzeitig verlängert hatte. Von seinen mintgrünen Stiefeln gingen die Spielzüge aus, die in Torchancen für den nach einer Grippe wieder genesenen Timo Werner mündeten. Erst setzte er den Ball nach einer Vorlage von Marcel Halstenberg freistehend übers Tor (3.), dann verzog er einen Schuss aus 14 Metern (15.). Dem hatte der HSV zunächst nur einen Konter über Bobby Wood entgegenzusetzen - bis die Tore von Papadopoulos und Walace dem Spiel die endgültige Wendung gaben.

Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl reagierte, in dem er den Startelfdebütanten Dayot Upamecano nach nur einer halben Stunde wieder vom Platz holte und durch den Stürmer Yussuf Poulsen ersetzte. Poulsen dankte es ihm mit einem 16-Meter-Schuss an den Außenpfosten (35.). Doch er musste nur wenig später wegen Muskelfaserriss vom Platz (43.). Poulsen fällt circa sechs Wochen aus, teilte sein Verein mit.

Nach der Pause lebte der Hamburger SV von seiner neuen defensiven Stabilität. Die Leipziger waren um den Ausgleich bemüht, doch die meisten Angriffe verloren sich mal früher, mal später in der Defensive des HSV. Und so verrannen die Minuten zäh. Hasenhüttl hatte danach zum ersten Mal in dieser Saison das Gefühl, dass sein Team "auch noch eine Stunde" hätte spielen können und doch kein Tor erzielen würde.

In der Tat erlebte der zuletzt so überzeugende HSV-Torwart René Adler einen einigermaßen geruhsamen Arbeitstag - und konnte es sich erlauben, in der Nachspielzeit über den ganzen Platz zu laufen, um Hunt zum 3:0 zu gratulieren, das eigentlich Denis Diekmeier schon in den Schlussminuten der regulären Spielzeit hätte erzielen müssen. Nach einem Konter setzte dieser den Ball aber per Lupfer an die Querlatte. Auch das passte in das Gesamtbild, das RB-Trainer Hasenhüttl von seiner Mannschaft zeichnete. "Das waren zu viele Punkte, die nicht RB-Leipzig-Like waren", sagte er. In der kommenden Woche müssen die Leipziger wieder zurück zu ihrer Originalversion kommen - bei Borussia Mönchengladbach.

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