30. Spieltag der Bundesliga:Sie haben die Schnauze voll

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Der 1. FC Köln verliert 0:4 in Mainz und bewirbt sich damit um die Teilnahme an der zweiten Bundesliga in der kommenden Saison. Lukas Podolski wurde während der Partie von einem Gegenstand getroffen und sank kurzzeitig mit einer Wunde unter dem rechten Auge zu Boden. Hertha BSC verliert gegen Freiburg, Bremen und Gladbach trennen sich 2:2.

Ein völlig indisponierter 1. FC Köln taumelt der 2. Liga entgegen und hat im Abstiegskampf Aufbauarbeit für den FSV Mainz 05 geleistet. Die Rheinhessen vergrößerten mit einer 4:0 (3:0)- Klatsche den Abstand vor den Gästen und Relegationsrang 16 auf sieben Punkte.

Am liebsten verstecken: Der Kölner Trainer Stale Solbakken beim Spiel in Mainz. (Foto: dpa)

Damit haben die Mainzer den Klassenverbleib bei vier ausstehenden Spielen fast sicher. Eugen Polanski (19. Minute) mit einem fragwürdigen Foulelfmeter, Mohamed Zidan (32.), Nicolai Müller (37.) und Adam Szalai (54.) sorgten am Dienstagabend vor 34.000 Zuschauern für den ungefährdeten Erfolg.

"Wir sind die Schießbude der Liga, das ist deprimierend", klagte FC-Torwart Michael Rensing, "wir können nur froh sein, dass Hertha verliert und noch hinter uns ist." Kölns Geschäftsführer Claus Horstmann sagt: "Der Auftritt ist nicht erklärbar. Das war wieder ein deftiger Rückschritt. Ich habe sehr viel Versagen auf dem Rasen gesehen. Es hat einige Totalausfälle gegeben."

Mit der fünften Partie ohne Dreier in Serie dürfte FC-Trainer Stale Solbakken wieder in den Fokus der Kritik rücken. Aber auch den Mainzern droht nach dem vierten Sieg im vierten Bundesligaspiel gegen die Kölner ein Nachspiel: In der ersten Halbzeit wurde Nationalstürmer Lukas Podolski von einem Gegenstand im Gesicht getroffen.

Wie der in Ungnade gefallene Stürmer Milivoje Novakovic stand Slawomir Peszko nach seiner Alkohol-Eskapade vom Wochenende bei den Rheinländern nicht im Kader. Doch zu Beginn zeigten sich die Kölner noch von den Unruhen vor der Partie unbeeindruckt, attackierten früh und störten die zunächst fahrigen Mainzer Angriffsbemühungen.

Da der FC offensiv jedoch auch wenig strukturiert agierte, ergaben sich in der Anfangsviertelstunde auf beiden Seiten keine Torchancen. So sorgte Schiedsrichter Felix Brych für Aufregung. Zwar berührte Kölns Verteidiger Ammar Jemal seinen Gegenspieler Szalai leicht an der Brust, der ins Team gerückte Angreifer fiel aber äußerst theatralisch. Polanski ließ FC-Torwart Michael Rensing keine Chance.

Unschöne Szenen

Die gebeutelten Rheinländer waren von dem unglücklichen Rückschlag komplett geschockt. Hatte sich die schlechteste Abwehr der Bundesliga zunächst noch mit einer selten gezeigten Ordnung präsentiert, klappte nach dem 0:1 nichts mehr. Mit den neuen Freiheiten zog Mainz ein Kurzpassspiel mit feinen Kombinationen auf und nutzte die Unaufmerksamkeiten der Kölner eiskalt.

Nicolai Müller legte im Strafraum überlegt auf Zidan ab, der den Ball zu seinem siebten Saisontor in die linke Ecke schob. Noch vor der Pause sorgte Müller nach einem Traumpass von Eric Maxim Choupo-Moting für die frühe Vorentscheidung. Drei Schüsse, drei Tore - mit einer perfekten Ausbeute gingen die Rheinhessen in die Halbzeit.

In all den Jubel mischte sich auf Mainzer Seite jedoch auch Ärger über eine unschöne Szene. Vor den Heim-Fans wurde Podolski von einem Gegenstand getroffen und sank kurzzeitig mit einer Wunde unter dem rechten Auge zu Boden. "Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es in Mainz auch so einen Vollidioten gibt. Ich möchte mich entschuldigen bei Lukas Podolski", sagte FSV-Manager Christian Heidel.

Zwar schoss der Nationalstürmer fünf Minuten nach Wiederanpfiff das erste Mal auf das Mainzer Tor, doch wenig später beendete Szalai auch die letzten Hoffnungen der Kölner. "Wir haben die Schnauze voll", skandierten die FC-Fans schon 35 Minuten vor Ende und mussten frustriert die Heimreise antreten.

Podolski hatte seine Teamkollegen wenige Stunden vor dem Spiel in Mainz noch zu Zusammenhalt aufgerufen. "Es hilft jetzt keinem hier, das Team und den Verein in den Dreck zu ziehen. Es geht jetzt darum, in der Liga zu bleiben", sagte der Nationalspieler, der voraussichtlich zum FC Arsenal wechseln wird: "Es ist viel passiert, aber es geht um viel mehr: Der FC muss erstklassig bleiben."

Derweil brachte sich der frühere FC-Trainer Christoph Daum wieder bei seiner "alten Liebe" ins Spiel. "Dort würde ich, wenn ich frei wäre, wieder anfangen - ob als Trainer, Manager, Berater oder als Präsident", sagte Daum, der derzeit beim FC Brügge arbeitet.

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Ein Überblick

Hertha BSC hat sich in der von Trainer Otto Rehhagel ausgerufenen "Entscheidungsschlacht" im Kampf um den Klassenerhalt fast wehrlos ergeben. Die Berliner verloren ihr richtungweisendes Heimspiel gegen den direkten Konkurrenten SC Freiburg nach einer über weite Strecken desolaten Vorstellung und einer "One-Man-Show" von Roman Hubnik verdient mit 1:2 (0:1) und kamen dem erneuten Bundesligaabstieg einen weiteren Schritt näher.

Freiburgs Torhüter Oliver Baumann jubelt nach dem 2:0 seiner Mannschaft, die nun gute Chancen auf den Verbleib in der Bundesliga hat. (Foto: dpa)

Bei der fünften Niederlage unter Rehhagels Regie schlug sich Hertha wieder einmal selbst. Zunächst gerieten die Berliner durch ein Eigentor von Verteidiger Hubnik (7.) früh in Rückstand. Beim 0:2 in der 67. Minute patzte der Tscheche erneut, als er als letzter Mann den entscheidenden Zweikampf gegen Torschütze Sebastian Freis dilettantisch verlor. Kurioserweise brachte dann Hubnik die Hausherren mit seinem zweiten Saisontreffer (81.) noch einmal ins Spiel.

Für die seit nunmehr sieben Spielen ungeschlagenen Freiburger war der Triumph in der Hauptstadt ein großer Schritt Richtung Klassenerhalt. Ihr Vorsprung auf Hertha beträgt vier Spieltage vor Saisonschluss beruhigende acht Punkte. Nach dem frühen Rückstand vor etwa 45.778 Zuschauern im Olympiastadion wirkten die Gastgeber geschockt.

Die Freiburger nutzten Herthas Verunsicherung geschickt aus und erspielten sich gute Tormöglichkeiten. Nur zehn Minuten nach dem 1:0 hatte Freiburgs Garra Dembele nach einem schönen Doppelpass mit Sturmpartner Sebastian Freis das zweite Tor auf dem Fuß, doch sein Schuss streifte nur die Latte.

Die Berliner standen auch in der Folgezeit neben sich, Torhüter Thomas Kraft rettete in der 30. Minute in höchster Not gegen Jonathan Schmid. Berlin hatte erst in der 45. Minute durch einen Kopfball des Brasilianers Raffael seine erste und einzige Chance der ersten Halbzeit.

Nach dem Seitenwechsel ging Rehhagel mehr Risiko ein und brachte in Pierre-Michel Lasogga einen zweiten Stürmer ins Spiel. Diese Maßnahme zeigte aber nicht die erhoffte Wirkung. Herthas Spiel blieb weiterhin äußerst statisch, die gut gestaffelte SC-Abwehr geriet kaum in Bedrängnis. Zudem waren die Freiburger wie beim 2:0 gedanklich oftmals schneller.

Hubnik, der sich in der Schlussphase noch eine Verletzung zuzog, nährte dann doch noch einmal die Hoffnungen der Hertha. Anschließend hatte Pierre-Michel Lassoga sogar noch die Möglichkeit zum Ausgleich. Als beste Spieler zeichneten sich bei Hertha Torhüter Kraft und Lewan Kobiaschwili aus. Freiburg hatte in dem zweikampfstarken Verteidiger Fallou Diagne und dem agielen Angreifer Dembele seine auffälligsten Akteure.

Bremen und Gladbach spielen Unentschieden

Mit einem Doppelpack binnen einer Viertelstunde hat Mike Hanke die sportliche Talfahrt von Borussia Mönchengladbach gebremst. Die Tore des ehemaligen Nationalspielers in der 52. und 67. Minute bescherten dem Tabellenvierten ein hochverdientes 2:2 (0:1) bei Werder Bremen.

Damit sind die Champions-League-Chancen der Gäste weiterhin intakt, während die Hanseaten nach fünf Spielen ohne Sieg mehr denn je um die Qualifikation für die Europa League bangen müssen. Begünstigt wurde das Remis für die Gladbacher durch eine 63-minütige Überzahl, nachdem der Bremer Sebastian Boenisch für eine Notbremse die Rote Karte gesehen hatte (27.).

Ihre einzige Einschussmöglichkeit vor dem Seitenwechsel münzten die Bremer in der 18. Minute in das Führungstor um. Markus Rosenberg nutzte einen Fehler des Brasilianers Dante und überwand Marc-Andre ter Stegen mit einem platzierten Schuss. Nachdem Hanke die Partie zunächst gedreht hatte, gelang den Bremern durch Naldo (74.) noch der überraschende Ausgleich. Damit wartet die Mannschaft von Trainer Lucien Favre seit mehr als 25 Jahren auf einen Dreier im Weserstadion.

Bereits nach einer guten Viertelstunde hätten die Gladbacher vor 42.100 Zuschauern in der ausverkauften Arena allerdings klar führen müssen. Schon nach sieben Minuten verzog Nationalspieler Marco Reus freistehend, zehn Minuten später musste Werder-Mittelfeldspieler Lukas Schmitz per Kopfball auf der Linie für Torhüter Tim Wiese klären. In der 18. Minute traf Patrick Herrmann in aussichtsreicher Position den Ball nicht voll.

Nach dem Seitenwechsel bestimmte die Borussia weiterhin das Spielgeschehen, kam schnell zu zwei Toren, trieb in der Folgezeit allerdings ihrem Coach durch Nachlässigkeiten in der Defensive die Schweißperlen auf die Stirn. In der 55. Minute musste ter Stegen mit einer Glanztat gegen Claudio Pizarro klären, nur 60 Sekunden später war der Keeper bei einem Schrägschuss des frei stehenden Rosenberg erneut zur Stelle. Doch gegen Naldos wuchtigen Kopfball konnte der Gladbacher nichts ausrichten.

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