Klaus Hofsäß im Interview:"Angelique kommt Steffi wirklich sehr nahe"

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Das deutsche Fed-Cup-Team 1992: Barbara Rittner, Steffi Graf, Bundestrainer Klaus Hofsäss, Anke Huber und Sabine Hack (von links). (Foto: picture alliance / dpa)

Früher war Klaus Hofsäß der Berater von Steffi Graf. Im Interview erklärt er, weshalb Angelique Kerber noch sehr lange an der Spitze der Tennis-Welt stehen dürfte.

Interview von Matthias Schmid

Klaus Hofsäß besitzt im spanischen Marbella schon seit vielen Jahren eine renommierte Tennisschule. Der 67-Jährige arbeitete lange als Berater von Steffi Graf und führte die deutsche Nationalmannschaft 1987 und 1992 zu zwei Siegen im Fedcup. Im Interview erklärt der Schwabe, was die neue Weltranglistenerste Angelique Kerber und Graf eint.

SZ: Herr Hofsäß, wenn Sie an die Angelique Kerber vor fünf Jahren denken, hätten Sie da gedacht, dass sie eines Tages zur Nummer eins im Welttennis aufsteigen könnte?

Klaus Hofsäß: Vor fünf Jahren war Angelique noch eine andere Spielerin. Sie war nicht fit und brachte auch ein paar Kilo zu viel auf die Waage. An ihr können sich viele Spieler ein Beispiel nehmen, wie weit man kommen kann, wenn man hart an sich und seinen Schwächen arbeitet und sich mit ganzem Herzen dem Sport widmet.

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Kommentar von Matthias Schmid

Beim Fed Cup im Februar haben Sie sie getroffen.

Und da habe ich ihr gesagt, dass sie bald schon die Nummer eins werden wird. Die Zeit von Serena Williams geht zu Ende, und es gibt neben Angelique keine weitere Spielerin auf der Welt, die stabil genug ist, um da konstant oben mitzuspielen. Sie hat vor allem ihre Vorhand und ihren Aufschlag verbessert und ist inzwischen körperlich die fitteste Spielerin auf der Tour. Sie kann ihrem Körper vertrauen und weiß, dass sie locker zwei, drei Stunden auf höchstem Niveau spielen kann.

So wie einst Steffi Graf.

Angelique kommt da Steffi wirklich sehr nahe. Und auch noch in einem anderen Punkt. Sie zeichnet ebenso diese besondere Zähigkeit im Match aus, bis zum letzten Ballwechsel alles aus sich herauszuholen. Die Gegnerinnen müssen sich jeden Punkt hart erarbeiten, kein Ballwechsel wird abgeschenkt. Und noch etwas erinnert mich an Steffi: Angelique tritt nach ihren großen Erfolgen genauso bescheiden auf.

Sie ist insgesamt aber selbstbewusster geworden.

Sie war vor ein paar Jahren mit dem deutschen Fed-Cup-Team bei mir in Marbella, um zu trainieren. Sie war da noch ein richtiges Mauerblümchen, ganz schüchtern, sie hat kaum geredet und wirkte sogar eher traurig. Sie hat sich als Mensch unheimlich weiterentwickelt. Nun strahlt sie große Freude aus, wirkt glücklich und lacht viel. Und auch bei Interviews antwortet sie inzwischen offener und forscher.

Und wo sehen Sie ihre Stärken auf dem Platz?

Ihr Vorhandcross als Linkshänderin ist natürlich eine Augenweide, sie drängt die Gegnerinnen damit weit aus dem Feld, um dann eine Rückhand longline in die freie Ecke folgen zu lassen. Und wenn nötig, spielt so noch einmal einen Diagonalball mit der Vorhand. Sie hat sich schon auf einem hohen Niveau eingependelt. Aber auch sie muss sich ständig weiter verbessern. Vielleicht könnte sie noch an ihrem Rückhand-Slice arbeiten, an ihrem Vorhandstopp. Und taktisch kannst du dich immer weiterentwickeln. Da fällt mir eine nette Geschichte dazu ein.

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Bitteschön.

John McEnroe hatte häufig gegen Ivan Lendl verloren. Da kam dann eines Tages der alte Donald Budge zu ihm und riet ihm, Lendl in der Platzmitte anzugreifen. Danach siegte McEnroe noch in sechs, sieben Endspielen gegen Lendl, obwohl der damals schon einer der besten Spieler war. Manchmal sind es eben nur kleine Details, die den Unterschied bringen.

Kerber ist erst 28 Jahre und hat ihre besten Jahre noch vor sich.

Sie hat noch viel Steigerungspotenzial, für mich ist sie im Moment schon die beste und kontanteste Spielerin von allen. Eine Simona Halep oder Agnieszka Radwanska sehe ich nicht auf diesem Niveau. Sie kann noch viel erreichen und es ist ja schon jetzt beeindruckend, dass sie drei von vier Grand-Slam-Endspielen erreicht hat. Das ist eine großartige Geschichte, vor allem, wenn man bedenkt, dass sie vor fünf Jahren schon aufhören wollte, weil sie so häufig verloren hat.

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