Kevin-Prince Boateng:Die Rückkehr des Prinzen

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Kämpft engagiert gegen Rassismus im Fußball an: Kevin-Prince Boateng von Eintracht Frankfurt. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)
  • Kevin-Prince Boateng kehrt in die Bundesliga zurück, Eintracht Frankfurt gelingt mit seiner Verpflichtung einer der schillerndsten Transfers des Sommers.
  • Mit Trainer Niko Kovac verbindet Boateng viel. Boateng war in der Vergangenheit nicht unumstritten, Kovac sagt: "Ich glaube, dass gerade unsere jungen Spieler von ihm als Typ und Mensch sehr viel profitieren können, und ich erwarte, dass er ein Teil der Führungsriege ist."
  • Die Partie gegen Freiburg können Sie ab 15.30 Uhr hier nachlesen.

Von Johannes Kirchmeier, Frankfurt/München

Sein neuer Verein Eintracht Frankfurt hieß Kevin-Prince Boateng in einem Video im Internet willkommen. Boateng, adrett gekleidet im blauen Hemd, die oberen Knöpfe offen, glänzender Ohrstecker, sitzt in einem Auto, das durch Frankfurt fährt. Er plaudert in lockerer Atmosphäre ein paar Minuten lang mit einem Klubmitarbeiter. Die Kamera hält fünf Minuten lang auf Boateng, auf einen ruhigen, nachdenklichen und in einigen Momenten auch sehr glücklichen Kevin-Prince Boateng. Gleich zu Beginn sagt der 30-Jährige: "Boah, heut' Morgen bin ich aufgestanden mit ein bisschen Regen, da habe ich gesagt: 'Okay, ich bin wieder in Deutschland.'"

Boateng, der am liebsten auf seinen Kevin im Namen verzichten würde und daher auch auf seinem Trikot "Prince" stehen hat, findet's also immer noch daheim am schönsten, obwohl er am Freitag auch sagte: "Ich habe das Glück, dass ich in Berlin geboren bin, bin ein Chamäleon und kann mich eigentlich ganz schnell anpassen." Zuvor war er angestellt bei UD Las Palmas, Regen gab's auf der Kanareninsel Gran Canaria dem Vernehmen nach eher selten. Der Weg zur Familie, Frau Melissa Satta und Sohn Maddox Prince, nach Mailand war für Boateng jedoch weit. Zu weit, um sich langfristig anzupassen. Und so schnappte Frankfurt zu, er unterschrieb einen Vertrag bis 2020. "Von hier aus ist es ein Katzensprung nach Mailand", sagt er.

Der Transfer scheint für beide Seiten ein Glücksfall zu sein, er birgt viele Chancen. Denn Boateng darf sich zwei Jahre nach seiner Suspendierung beim FC Schalke 04 wieder dem deutschen Publikum zeigen, nachdem er im vergangenen Jahr zehnmal für Las Palmas traf, er ist also gut in Form. "Dass die Eintracht es mir ermöglicht, noch einmal in der Bundesliga zu spielen, bedeutet mir sehr viel", sagte der Halbbruder von Bayern-Verteidiger Jérôme Boateng.

Und Frankfurt zahlt nichts für den Offensivspieler, nachdem er zuvor seinen Vertrag in Spanien aufgelöst hatte. So gelingt den in den vergangenen Jahren eher biederen Frankfurtern, die unter Trainer Niko Kovac und Sportvorstand Fredi Bobic ohnehin schon eine sehr internationale Auswahl in der Mainmetropole angesiedelt haben, einer der schillerndsten Transfers dieses Sommers. Möglicherweise gibt Boateng bereits am Sonntag in Freiburg (15.30 Uhr) sein Debüt. "Alle Unterlagen wurden heute rechtzeitig eingereicht. Jetzt fehlt nur noch die Genehmigung des spanischen Fußball-Verbandes", sagte Bobic.

Trainer Kovac war Boatengs Sitznachbar bei der Hertha

Mit Frankfurt verbindet Boateng einige positive Erinnerungen, die freilich die Frankfurter selbst eher negativ einstufen würden: Sein erstes Profispiel für die Hertha hat der gebürtige Berliner gegen die Eintracht bestritten, sein erstes Bundesliga-Tor gegen Frankfurt geschossen. Für Frankfurt wolle er natürlich jetzt viele Tore gegen die anderen erzielen, versucht er sich im Auto schon einmal zu entschuldigen.

Zudem trainiert die Frankfurter Niko Kovac, der frühere Sitznachbar von Boateng bei seiner ersten Profistation Hertha. Beide stammen aus der gleichen Straße in Berlin, sie verbindet viel. Als Kovac seine Trainerkarriere begann, vor Jahren beim FC Red Bull Salzburg, hat ihm Boateng eine Nachricht geschrieben. "Ich will irgendwann mal unter dir arbeiten", stand darin. Und Kovac hat selbstverständlich wiederum eine hohe Meinung von seiner jüngsten Verstärkung: "Kevin will immer gewinnen, egal, ob er ein Trainings-, Freundschafts- oder Pflichtspiel bestreitet - er gibt alles. Ich glaube, dass gerade unsere jungen Spieler von ihm als Typ und Mensch sehr viel profitieren können, und ich erwarte, dass er ein Teil der Führungsriege ist."

Dass er in der vergangenen Saison außerdem erstmals in seiner Karriere als Mittelstürmer glänzte, unterstreicht seine flexible Einsetzbarkeit. Er könnte so den an Borreliose erkrankten Alex Meier ganz vorne ersetzen oder die junge Offensive aus dem Mittelfeld koordinieren. Vorausgesetzt, er bleibt gesund. Darauf spielte auch Sportvorstand Bobic an, als er Boateng begrüßte: "Kevin, willkommen, viel Glück, bleib' gesund. Alles andere wird von selbst kommen." Hartnäckige Knieprobleme bremsten Boateng in seinen zwei Jahren auf Schalke, seine stärkste Zeit hatte er zuvor von 2010 bis 2013 beim AC Mailand. In der vergangenen Saison absolvierte er dann jedoch wieder 28 Erstligaspiele für Las Palmas. Die hohe Einsatzzahl könnte davon zeugen, dass die Probleme hinter ihm liegen. Außerdem musste Boateng ja auch die üblichen Medizinchecks absolvieren: "Blut abnehmen, Pipi machen, Fahrradfahren", sagte Boateng.

Und der lächelnde Mitfahrer durch Frankfurt aus dem Video scheint auch nicht mehr viel gemein zu haben mit dem Querulanten, als der er auf Schalke wahrgenommen wurde. Stattdessen versucht sich der Rückkehrer Boateng mit den neuen Teamkameraden von Beginn an zu arrangieren: Die Rückennummer 17 hat er Ersatztorwart Jan Zimmermann weggenommen. Doch Boateng kündigte an, ihn zum Essen einzuladen.

© SZ vom 20.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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