Fußball: DFB-Pokal:Alles außer Neuer

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Stadionanteile, Tochterfirmen, sogar Abwehrmann Rafinha: Vieles steht bei finanziell angeschlagenen FC Schalke 04 derzeit zum Verkauf - nur der Torwart nicht.

Philipp Selldorf

Manuel Neuer hat sofort Stellung bezogen zu der Enthüllung, die Günter Jauch am Sonntagabend im Fernsehsender Sky vorgebracht hatte. In einer Erklärung räumte Schalkes Torwart ein, dass ihn sein nächster Weg tatsächlich an das Ziel führen werde, das Jauch genannt hatte. "Schon morgen", bekannte er, "geht's nach München."

Wenn ein Torwart wichtiger wird als Stadionanteile: der Schalker Manuel Neuer. (Foto: Foto: dpa)

Allerdings meinte der Fernsehmoderator Jauch ein anderes München als Neuer. Jauch hatte in einer TV-Debatte prophezeit, dass Neuer bereits im Winter von Schalke 04 zum FC Bayern wechseln werde, gegen den skeptischen Bayern-Präsidenten Franz Beckenbauer wettete er darauf sogar eine Kiste Rotwein. Neuers München-Bekenntnis galt hingegen der Dienstreise, die er mit Schalke zum Pokalspiel beim TSV 1860 am Mittwoch unternimmt. Er hat sich also einen Spaß erlaubt. Was den seit Monaten spekulativ diskutierten Transfer zum FC Bayern angeht, gab der 23-Jährige lediglich bekannt, dass er keine Lust mehr habe, zu diesem Thema etwas zu sagen. Auch sein Berater Thomas Kroth, den die Bayern im späten Frühjahr kontaktiert und über ihr Interesse unterrichtet hatten, wusste keinen neuen Nachrichtenstand. Und Günter Jauchs Geheiminformationen ("Ich weiß aus guten Quellen, ... dass der Transfer im Winter bereits eingetütet ist")? "Nichts dran", erklärte Kroth.

Neuer und Schalke 04 haben längst gelernt, mit solchen Spekulationen zu leben. Den Bayern ergeht es ja mit ihrem begehrtesten Spieler nicht anders. Seitdem Real Madrid beim Versuch gescheitert ist, Franck Ribéry in München abzuwerben, versichern besonders gut informierte Experten, dass der französische Stürmer dann eben im nächsten Jahr nach Spanien ziehen werde. Der Vorvertrag, behaupten diese Eingeweihten, sei schon unterzeichnet. Als Verfahrensmuster dient der Fall Ronaldo, den Manchester United auch nur gegen den ersten Angriff von Real hatte verteidigen können. Im nächsten Sommer ließen ihn die Engländer nach Madrid gehen - und bekamen eine Entschädigung von circa 90 Millionen Euro.

Manchester United hat nach amtlichen Angaben mehr als 800 Millionen Euro Schulden, im Verhältnis dazu sind die offenen Zahlungsverpflichtungen des FC Schalke 04 e.V. und seiner vielen Tochtergesellschaften beinahe harmlos: Die Forderungen von Banken und Anlegern belaufen sich auf etwa 240 Millionen Euro, aber die Deutsche Fußball-Liga (DFL) bewertet die Schulden der Bundesligaunternehmen strenger als die Aufsichtsgremien der englischen Premier League oder der spanischen Primera Division. Deshalb muss Schalke der DFL jetzt nachweisen, dass der im Frühjahr vorgelegte Wirtschaftsplan korrekte Angaben enthielt. Dass Schalke nicht der einzige Verein ist, der geprüft wird - 22 weitere Profiklubs sind ebenfalls betroffen -, bewahrt die Gelsenkirchener nicht vor düsteren Spekulationen. Die Branche mutmaßt, dass Notverkäufe nötig sein könnten, um Schulden und Verbindlichkeiten zu bedienen.

Felix Magath ist das Misstrauen gewohnt. Noch während seiner Sommerferien in Puerto Rico hatte Schalkes Generalintendant Stellung zu Finanzthemen nehmen müssen, und schon damals hat er erklärt, dass im Prinzip jeder Spieler verkäuflich sei - außer Manuel Neuer, der seit seinem vierten Lebensjahr dem Verein angehört und für die Anhänger eine Identifikationsfigur ist wie einst Toni Schumacher in Köln oder Sepp Maier in München. Seinen Standpunkt verteidigt Magath unverdrossen, trotz ständig neuer Meldungen über die angeblich horrende Finanzlage. Natürlich werde man über Spielerverkäufe nachdenken, falls es gute Angebote gäbe, sagte er am Dienstag: "Aber bei Manuel Neuer wird das nicht so sein."

Es sieht also schlecht aus für Günter Jauchs Rotweinkeller, Magath zählt vielmehr darauf, dass ihn Franz Beckenbauer am Wetterlös beteiligt. Darüber hinaus hofft der Trainer-Manager, dass sein Verein andere Extra-Einnahmen erzielt als Transfergelder: "Es ist nicht so, dass wir nichts besitzen außer den Spielern. Wir sind in der guten Situation, dass wir noch alles verkaufen können, was wir besitzen, zum Beispiel Anteile am Stadion oder den Tochtergesellschaften. In den nächsten Wochen werden wir daher prüfen, davon etwas an mögliche Investoren zu geben."

Der Investor FC Bayern wäre den Schalkern womöglich trotzdem willkommen. Mit Verteidiger Rafinha, für den sich die Münchner im Sommer ebenfalls interessiert hatten, hat Magath einen Pakt geschlossen: Rafinha, der in die Champions League strebt, darf Schalke verlassen, wenn er sich mit guten Leistungen empfiehlt und für eine annehmbare, zweistellige Ablösesumme sorgt. Seitdem sie dieses Bündnis geschlossen haben, spielt Rafinha tatsächlich exzellent - und mittlerweile bekundet er, dass es ihm in Schalke wieder so gut gefällt, dass er seinen bis 2011 gültigen Vertrag vielleicht doch erfüllen möchte.

Und Manuel Neuer? Wird am Mittwoch in München seinen Meister treffen. "Unser Neuer ist besser", verspricht der TSV 1860 auf Werbeplakaten mit dem Bild seines ungarischen Torhüters Gabor Kiraly.

© SZ vom 28.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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