Fußball:Der FC Bayern muss seine Offensive neu sortieren

Lesezeit: 3 min

Muskelriss? Muskelanriss? Muskelbündelriss? Was für eine Verletzung Arjen Robben in der 35. Minute große Schmerzen bereitete, weiß man beim FC Bayern München noch nicht. (Foto: Ralf Ibing/firo Sportphoto)
  • Im ersten Testspiel des Jahres verliert der FC Bayern schon nach 35 Minuten Arjen Robben.
  • Der Niederländer verletzt sich an den Adduktoren, und fällt vermutlich sechs Wochen aus.
  • Carlo Ancelotti muss nun seine Offensive neu ordnen. Er setzt aber prinzipiell auf einen Angreifer weniger als noch Pep Guardiola.

Von Benedikt Warmbrunn, Lippstadt

Als er das Unheil auf sich zukommen sah, wedelte Arjen Robben erschrocken mit den Armen. Er rannte über den Rasen von Lippstadt, bisher war alles gut gelaufen, ein paar Pässe, ein paar Sprints, und er, der gerade erst von einer seiner vielen Verletzungen zurückgekehrt war, bewegte sich gut und flüssig. Aber Robben kennt das Schicksal, und er weiß, dass auch eine vermeintliche Annehmlichkeit schlimme Folgen haben kann. Also wedelte er mit den Armen. Und schon war das Unheil, das da aus allen Himmelsrichtungen auf ihn zukam, abgewendet. Die Kinder, die während der Aufwärmübungen des FC Bayern vor dem Testspiel beim SV Lippstadt 08 auf den Rasen rannten, blieben stehen. Keine Autogramme? Robben wedelte mit Kopf und Armen.

Später, als dieser vermeintlich harmlose Ausflug des FC Bayern schon gar nicht mehr so harmlos daherkam, war das eine Szene mit bitterer Ironie. Der Tag, an dem sich Arjen Robben wieder einmal verletzte, begann damit, dass ihm Kinder ein paar Sekunden wertvolle Aufwärmzeit nahmen.

FC Bayern
:Götze-Wechsel: "Noch über Ablöse einigen"

Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge bestätigt Gespräche mit Dortmund über einen Transfer des Weltmeisters. Doch noch streiten die beiden Klubs über das Geld.

Das Testspiel in der Heimat von Klubboss Karl-Heinz Rummenigge wird dem FC Bayern länger in Erinnerung bleiben, nicht wegen des wenig glanzvollen 4:3 (3:0). Sondern weil es für den neuen Trainer Carlo Ancelotti bei dessen erstem Spiel gleich mit der ersten mittelschweren Herausforderung verbunden ist.

Am Sonntag um 10.55 Uhr gab der Verein eine Mitteilung heraus, es ging um Robbens Gesundheit, bei diesen Mitteilungen hat der FC Bayern ja eine traurige Routine. Eine Untersuchung am Vormittag habe ergeben, dass sich Robben in Lippstadt eine "Muskelverletzung im Bereich der rechten Adduktoren" zugezogen habe; welche Muskelverletzung genau, ob einen Muskelriss, einen Muskelanriss oder einen Muskelbündelriss, teilte der Klub nicht mit. Nur dass der Niederländer "voraussichtlich" sechs Wochen ausfallen werde. Dass die Verletzung nichts Gutes verheißt, dazu reicht bei Robben das Signalwort "Adduktoren" - Beschwerden an diesen verwehrten ihm in der vergangenen Saison die Teilnahme an fast der Hälfte aller Bundesligaspiele.

Es lief die 35. Minute in Lippstadt, da setzte Robben zu einem Sprint an, nach wenigen Schritten verlangsamte er, ein Griff an den Oberschenkel. Kurz danach wedelte er mit den Armen. Ancelotti verfolgte unbewegt, wie Robben in die Kabine ging. "Er spürte etwas im Muskel", sagte der Trainer später, da ahnte er wohl schon, dass er sich nun schon früh mehr Gedanken als erwartet machen muss.

Welche Rolle Ancelotti für Robben vorgesehen hatte, das war in diesen ersten 35 Minuten zumindest in Ansätzen zu erkennen. Robben spielte auf der rechten Seite, er dribbelte aber nicht nur von außen in die Mitte. Wenn der Ball auf der linken Seite, auf der von Franck Ribéry, war, rückte Robben ins Zentrum - wie umgekehrt der Franzose, wenn der Ball rechts war. Zudem wurden beide oft in den Lauf angespielt, zum Beispiel in der 17. Minute, als Robben nach einem feinen Pass von Kapitän Philipp Lahm das zwischenzeitliche 2:0 erzielte. Oder eben in jener verhängnisvollen 35. Minute, als Robben zu einem Sprint ansetzte, den er nie zu Ende rannte. Kurzfristig bedeutet dieser Ausfall für Ancelotti, dass er auf den Flügeln improvisieren muss. Er hat als echten Außenspieler nur noch Ribéry. Douglas Costa fehlt wegen einer Oberschenkelverletzung, Kingsley Coman ist nach der EM noch im Urlaub, genauso wie Thomas Müller, der allerdings am liebsten durch das Zentrum schlängelt. Sobald die Urlauber zurückgekehrt sind, entschärft sich die Lage für Ancelotti - was er vor allem seinen taktischen Vorlieben verdankt.

Der Italiener bevorzugt ein 4-3-3-System, mit diesem hatte er 2014 mit Real Madrid die Champions League gewonnen, auch in München hält er es für geeignet. Im Vergleich zu seinem Vorgänger Pep Guardiola, der meist vier offensive Spieler eingesetzt hatte, hätte er also vorne eine Planstelle weniger zu vergeben. Robert Lewandowski dürfte als Sturmspitze gesetzt sein, bleiben zwei Positionen. Sollte sich Ancelotti beim Supercup am 14. August in Dortmund, im DFB-Pokal eine Woche später in Jena oder zum Bundesliga-Auftakt am 26. August gegen Bremen für ein 4-3-3 entscheiden, hätte Ribéry links gute Chancen, rechts Coman. Oder eben Müller. Nahezu ausgeschlossen ist, dass für eine der vorderen Positionen noch Mario Götze infrage kommt: Rummenigge bestätigte am Samstag Gespräche zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund, es gehe hauptsächlich noch um die Ablöse. "Es gibt einen Preis, der ist bekannt", sagte Rummenigge, wahrscheinlich ist eine Summe in Höhe von ungefähr 25 Millionen Euro.

Der FC Bayern sortiert in diesem Sommer seine Offensive also neu - gewollt und ungewollt - und bekommt dadurch eine Vorstellung von einer Zukunft, die nicht mehr allzu fern ist: Ribéry ist inzwischen 33 Jahre alt, Robben 32, beide waren zuletzt oft verletzt. Und bei beiden endet der Vertrag im nächsten Sommer.

© SZ vom 18.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

FC Bayern
:Carlo Ancelotti - andächtig wie ein Museumsbesucher

Anders als bei seinem Vorgänger ist der Bewegungsradius des neuen Bayern-Trainers vor der Bank kein Gesprächsthema. Das Wichtigste ereignet sich im ersten Testspiel tatsächlich auf dem Rasen. Und es handelt von Arjen Robben.

Von Benedikt Warmbrunn

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: