Fußball:Das Spiel ist größer als der Trainer

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Trotz ihrer Unterschiedlichkeit die begehrtesten Trainerfiguren auf dem Markt: Pep Guardiola (l.) und Carlo Ancelotti. (Foto: N/A)

Was Pep Guardiola und Carlo Ancelotti auszeichnet? Am deutlichsten zeigt dies ein Blick auf ihre Antipoden Louis van Gaal und José Mourinho.

Kommentar von Claudio Catuogno

Wenn Carlo Ancelotti seinen Dienst an der Säbener Straße antritt, dann ist die Kontinuität zu seinem Vorgänger wenigstens in einer Hinsicht gewahrt: Der FC Bayern hat dann wieder einen Trainer, der sich selbst nicht wichtiger nimmt als das Spiel.

Bei Pep Guardiola war das ja quasi der Wesenskern: Zwar ist der Katalane keinesfalls uneitel und im Umgang oft verschlossen und kompliziert. Aber sein Blick auf den Fußball, seine Versessenheit auf jedes Detail dieses Spiels - das alles beschreiben jene, die mit ihm zu tun hatten, als einzigartig. Ancelottis Herangehensweise ist weniger verkopft.

Aber dass er es versteht, prominent besetzte Mannschaften erfolgreich einzustellen - und das in einer Atmosphäre familiärer Harmonie, wie sie den Münchnern ja auch immer wichtig war -, das hat er oft bewiesen. Und der Bayern- Kader, den er übernimmt, ist in seinem taktischen Variantenreichtum ohnehin so tiefengeschult, dass Ancelotti bloß seine natürliche Autorität einsetzen muss, um das Guardiola-Erbe zu pflegen.

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Guardiola, Ancelotti - die beiden sind trotz ihrer Unterschiedlichkeit gerade die begehrtesten Trainerfiguren auf dem Markt. Warum, das kann man dieser Tage in der englischen Premier League studieren - an ihren Antipoden.

Da wäre einerseits der Holländer Louis van Gaal, der in seinen Münchner Jahren (2009 bis 2011) zwar einiges aufgebaut, aber noch mehr eingerissen hat mit seinem Hang zur Besserwisserei. Den Schablonen-Fußball, den er seine Teams mit beamtischem Gleichmut vortragen lässt, will in der Stadt längst keiner mehr sehen.

Stattdessen rufen die United-Fans nach dem Zyniker José Mourinho, gerade beim Vorjahres-Meister FC Chelsea entlassen - und damit nach einem, dem es nie in erster Linie um den Fußball gegangen ist. Mourinho geht es immer erst mal um Mourinho - das aber so konsequent, dass er seinen Klubs auch mit dieser Methode zu Ruhm und Titeln verhilft.

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Wozu eine bedingungslos auf ihren Anführer eingeschworene Gruppe in der Lage sein kann, das hat schon Jürgen Klopp in seinen sieben Jahren in Dortmund bewiesen. So lange ist es bei Mourinho noch nie gut gegangen. Das Einteilen der Welt in Freund und Feind, die Verschwörungstheorien, der Größenwahn - so eine Attitüde scheitert irgendwann. Das Spiel ist der Trainer? Nein: Das Spiel ist größer als der Trainer!

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Wenn Guardiola sich nun aussuchen kann, wo in Europa er arbeiten will - fast jeder Klub würde für ihn sofort seinen aktuellen Coach feuern -, dann wollen all diese Interessenten nicht Guardiola, die Ikone. Sondern Guardiola, den Fußballdeuter. Und wenn Carlo Ancelotti mitteilt, kein anderer Klub sei für ihn infrage gekommen, nachdem er vom Interesse der Bayern erfahren habe, dann ist das ein Beleg dafür, welche Entwicklung der Münchner Rekordmeister unter Guardiola endgültig genommen hat.

Eine Mannschaft mit Zukunft, ein klares internationales Profil. Wenn Guardiola den Markt jetzt daraufhin abklopfen würde, wo er am besten hinpasst, wo der Kader seiner Vorstellung von Fußball am nächsten kommt: Der FC Bayern wäre eine naheliegende Adresse.

© SZ vom 21.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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