BREITE SPITZE
Wie Erich Ribbeck, so wird auch dessen Vorgänger Berti Vogts notorisch unterschätzt. Legendär war etwa seine Gastrolle im "Tatort" ("Gebt dem Kaninchen eine Möhre extra"), am klügsten aber war der berühmte Satz, wonach die Breite an der Spitze dichter geworden sei. Der Satz wirkt, als sei er für die aktuelle Bundesliga-Saison entworfen: "Im Moment kann der Achtzehnte problemlos den Ersten schlagen", sagt Bastian Schweinsteiger.
In der Tat unterscheidet sich das Tabellenbild der Bundesliga markant von jenem in den klassischen Spitzenligen. In Spanien, England und Italien bilden die drei, vier großen Klubs traditionell eine geschlossene Gesellschaft, die es regelmäßig in die Champions League schafft, dort viele Extramöhren verdient und so in der heimischen Liga immer weiter enteilt. "Das Attraktive an der Bundesliga ist, dass sich über die Jahre kein klassischer Kronprinz hinter dem FC Bayern herauskristallisiert hat", sagt Heribert Bruchhagen, Vorstandschef von Eintracht Frankfurt. Die Liga ist gerade dabei, aus dieser Schwäche eine Stärke zu machen. Kein Klub enteilt den anderen, was dazu führt, dass sich die Klubs herausfordern, anstacheln und nach oben ziehen. "Spieler, die an 34 Spieltagen voll gefordert sind, werden auf Dauer bessere Spieler sein", sagt der Münchner Hamit Altintop. Und wenn die Bayern als geschlossene Tabellenführer-Gesellschaft mal ausfallen, ergibt sich eine völlig offene, spannende Liga, der man zum Dank mal eine Möhre extra geben sollte.