Fußball-Bundesliga: Schalke - Hamburg:Van Nistelrooy versenkt die tote Schwalbe

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Da schaut Real Madrid genau hin: Ruud van Nistelrooy macht für den HSV das Siegtor gegen schwache Schalker - mit dem Arm. Sein Abschiedsgruß an Hamburg?

Thomas Hummel

Der FC Schalke 04 und der Hamburger SV sind Fußballvereine. Dieses Gerücht bestätigte sich am Samstagabend um 18.30 Uhr, 61.000 Zuschauer bezeugten den Vollzug. In den Tagen und Wochen zuvor war die Öffentlichkeit ja mit den beiden Vereinen auch intensiv beschäftigt, allerdings mit allerhand Themen, Gerüchten, Umständen, die mit dem Ball nur mittelbar etwas zu tun haben.

Ruud van Nistelrooy hat gegen Schalke noch einmal getroffen. Möglicherweise war es sein letztes Tor in der Bundesliga. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Da lag zunächst so viel Schnee auf dem Dach der Gelsenkirchner Arena, dass es stark beschädigt wurde und ein Witzbold entweihte die königsblaue Kultstätte dann auch noch mit einer schwarz-gelben Fahne von Lieblingsfeind Borussia Dortmund. Stürmer Jefferson Farfán wollte vom Weihnachtsurlaub nicht mehr zurück nach Schalke kommen, Torwart Manuel Neuer verabschiedete sich für viele schon nach München. In Hamburg musste Trainer Armin Veh öffentlich bekunden, nicht aufhören zu wollen. Vorstandschef Bernd Hoffmann steht in der Kritik, sprach mit Matthias Sammer, ob der nicht Sportchef wollen würde. Und am Tag vor dem Rückrundenauftakt erhielt Veh einen Anruf von Stürmer Ruud van Nistelrooy: Real Madrid wolle ihn gerne zurückholen.

Würde sich der Rummel auf die Leistungen der Profis auswirken? Nun ja, ein rasantes Hin und Her zweier Spitzenmannschaften gab es nicht, zwei taktisch disziplinierte Mannschaften stellten das Gebot "Fehlervermeidung" voran. Ein Tor von Ruud van Nistelrooy entschied kurz nach der Halbzeit die Partie für die Hamburger, die in der Tabelle auf Platz sieben nach vorne sprangen. Doch nach der Partie deutete der Niederländer seinen Abschied an: "Das ist nicht einfach für mich, es ist kein Verein, der oft vorbeikommt, es ist Real Madrid."

Zunächst hatte es so ausgesehen, als könnten die Schalker an ihre Leistungen aus den fünf Siegen vor Weihnachten anschließen. Klaas Jan Huntelaar hatte die erste Chance nach eineinhalb Minuten, Edu die zweite per Freistoß nach sechs. Doch danach machte sich das Fehlen des Spaniers Jurado bemerkbar, der wegen einer Erkältung nur auf der Bank saß. Im Mittelfeld vermissten die Schalker seine Kreativität, die Hamburger Verteidigung blieb von Überraschungsmomenten verschont.

Dabei stand da hinten einer, der nach eigener Aussage seit der Jugend in Novi Sad nicht mehr in der Abwehr gespielt hatte. Nach dem Ausfall von Joris Mathijsen beorderte Veh den als Mittelfeldspieler geholten Gojko Kacar nach hinten. Doch weder Huntelaar noch Raúl stellten den ehemaligen Berliner vor unlösbare Rätsel.

Ein Rätsel war indes zunächst der Auftritt von Manuel Neuer. Gegen die zunehmend stärker werdenden Hamburger wehrte er zuerst gewohnt stark einen Schuss von Änis Ben-Hatira mit der Fußspitze ab (9.), danach aber irrte er zweimal ungewohnt an einem Eckball vorbei. Einmal gelang es van Nistelrooy nicht, den Ball per Oberschenkel ins Tor zu lenken (10.), einmal rettete Mitspieler Christoph Moritz gegen einen Kopfball von Kacar auf der Linie (26.). Ist er doch irritiert ob der Torwartumstellung auf den jungen Thomas Kraft bei den werbenden Bayern?

Einmal allerdings reagierte Neuer vor der Pause noch richtig. Als Jonathan Pitroipa sich den Ball vorbeilegte, zuckte er nicht mit dem Bein nach oben, Pitroipa fiel dennoch und qualifizierte sich damit für den zweifelhaften Preis "Schwalbe des Tages". "Das ist ärgerlich", kritisierte der aktuelle HSV-Sportdirektor Bastian Reinhardt zur Halbzeit.

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Spätestens ab der 30 Minute allerdings stellten nun beide Mannschaften den Betrieb in der Offensive ein. Sie hielten sich mit hartnäckigen Zweikämpfen im Mittelfeld auf, im Fußballjargon: Sie neutralisierten sich gegenseitig. Was die Zuschauer nicht unbedingt zu Begeisterungsstürmen hinriss. Es sah nun so aus, als würde der Tabellenneunte beim -zehnten gastieren. Das ist zwar nicht der Anspruch der beiden Klubs, aber die Realität.

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Die Frage lautet in diesen Fällen: Kann eine Mannschaft das Gleichgewicht mit einer Aktion auflösen? Es kam wenig überraschend, dass dies den Gästen gelang. Die sehr ballsicheren David Jarolim und Zé Roberto erarbeiteten ein Übergewicht im Mittelfeld und über die schnellen Pitroipa und Eljero Elia kam der HSV wenigsten hin und wieder erfolgsversprechend nach vorne. Elia vergab gleich nach Pause eine schöne Möglichkeit. Nach 53 Minuten kam Guy Demel rechts zu einer Flanke, Edu fälschte den Ball ab und schickte ihn auf eine schräge Flugbahn, so dass er am zweiten Pfosten wie eine tote Schwalbe herunterfiel. Ruud van Nistelrooy brachte die Kugel an Neuer vorbei zum 1:0, ob mit dem Kopf oder mit der Schulter war schwer zu erkennen. Das Fernsehen löste es spät auf: Es war der Unterarm. Real Madrid dürfte jedenfalls genau hingeschaut haben.

Bei Schalke ging da schon lange nichts mehr mit durchdachtem Spielaufbau. Lange Bälle flogen durch das Stadion und manche hatten Glück, nicht durch das Loch im Dach zu verschwinden, so planlos sah das aus. Was blieb Trainer Felix Magath anderes übrig, als potenzielle technische Finesse und Spielwitz einzuwechseln? Christian Pander und Jurado kamen.

Doch Schalke blieb weiter ohne Ideen, kaum einmal kam der Gastgeber in den Strafraum des Gegners. Van Nistelrooy hätte im Gegenteil fast den zweiten Treffer geköpft, doch Christoph Metzelder rettete. Nach 83 Minuten wechselte Magath sogar den 17-jährigen Julian Draxler ein. Der Offensivspieler der Schalker A-Junioren hatte sich im Trainingslager in der Türkei so aufgedrängt, dass sogar sein Einsatz von Beginn im Raum stand. Jetzt war er der jüngste Schalker Bundesliga-Spieler in der Vereinsgeschichte.

Erst in den allerletzten Verzweiflungsminuten kam Schalke noch zu einer Chance: Lukas Schmitz grätschte den Ball aber nach einer Flanke ans Außennetz statt ins leere Tor (88.). Und auch der 17-jährige Draxler konnte nichts mehr bewirken.

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