Fußball-Bundesliga: FC Bayern:Die Qual der Wahl für van Gaal

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Bayern tüftelt an der Aufstellung. Die entscheidende Frage: Bleibt Ribéry? Oder kommen mehr Niederländer? Sechs Szenarien, wie die Bayern-Startelf aussehen könnte.

Ein neuer Trainer, neun neue Spieler, ein Franck Ribéry - und etliche neue Möglichkeiten. Mit vielen Fragen und Neuerungen startet der FC Bayern seine neue Saison.

Die Frage nach dem Verbleib von Franck Ribéry (links) beeinflusst Louis van Gaals Überlegungen für die Startelf enorm. (Foto: Foto: dpa)

Zur Abwehr hat sich Louis van Gaal schon geäußert: Hier könnte Philipp Lahm von der linken auf die rechte Außenverteidiger-Position wechseln, weil für dessen Planstelle auf der linken Seite zwei Spieler für Verfügung stehen, die aus der niederländischen Eredivisie nach München wechselten: Danijel Pranjic oder Edson Braafheid. Komplizierter wird das nur insofern, weil Linksfuß Braafheid - genau so wie Talent Holger Badstuber auch - als linker Innenverteidiger in Frage kommt und in diesem Falle mit Lúcio, Martin Demichelis, Daniel van Buyten und Breno gleich vier Spieler um den verbliebenen Platz kämpften.

Richtig knifflig ist die Planung der Offensive, vor allem weil der Verbleib des von Madrid umworbenen Franck Ribérys noch nicht gesichert ist. Sechs Szenarien für die Bayern-Offensive - mit und ohne den französischen Nationalspieler.

Szenario I: Alles bleibt, wie es ist

Sollte Franck Ribéry dem FC Bayern erhalten bleiben, ist die alte Hitzfeld-Taktik ("flaches 4-4-2-System") wohl auch unter Louis van Gaal die wahrscheinlichste Variante. Der französische Wirbelwind dürfte weiterhin auf der linken Seite dribbeln. Außerdem hätte van Gaal mit diesem Modell en passant eine der wichtigsten Personalien gelöst: Die Frage, ob künftig Anatolij Timoschtschuk oder Mark van Bommel als Sechser agiert, könnte er mit der Entscheidung kontern, dass Timoschtschuk und van Bommel als Sechser agieren - so wie bislang van Bommel und der zum HSV abgewanderte Zé Roberto.

Um die Positionen im rechten Mittelfeld bemühen sich dann fast die gleichen Spieler, die im vergangenen Jahr nur mäßigen Erfolg hatten: Hamit Altintop, Bastian Schweinsteiger und José Ernesto Sosa (insofern Sosa unter dem neuen Trainer van Gaal bleiben darf). Vielleicht drängelt sich auch Alexander Baumjohann als Überraschungsgast auf diese Position.

Im einem Zwei-Mann-Angriff sehen viele Experten das Duo Miroslav Klose/Mario Gomez vorne. Luca Toni kündigte zwar Widerstand an, seine Formkurve zeigte in den vergangenen Monaten indes arg nach unten. Ganz im Gegenteil zum Hamburger Zugang Ivica Olic. Das kroatische Laufwunder dürfte ein harter Konkurrent für Klose/Gomez werden. Wenn ihn van Gaal nicht als Offensivvariante auf die linke Mittelfeldfeldseite setzt; Ribéry könnte dann die Altintop-Schweinsteiger-Sosa-Diskussionen auf rechts beenden.

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Szenario II: Ribéry bleibt, die Raute kommt

Immer wieder heißt es, van Gaal könne auf ein Rauten-System umstellen. Dann müsste der Offensiv-Freigeist Ribéry mangels defensiver Begeisterungsfähigkeit auf die zentrale vordere Position. Und seine Tempoläufe und genialen Ideen nicht mehr vom linken Flügel, sondern von der Position hinter den Spitzen aus initiieren.

Erfahrung hat er damit bereits in der letzten Klinsmann-Phase gemacht, als er hinter dem einzigen Stürmer Toni zentral agierte. Allerdings wesentlich wirkungsloser als von links aus.

Favorit für den linken Rauten-Punkt im Mittelfeld wäre Zugang Danijel Pranjic, ausgesprochener Lieblingsspieler van Gaals. Die defensive Position wäre wie gemalt für den Ukrainer Timoschtschuk, für den nach rechts versetzten Punkt wäre dann Mark van Bommel frei, auch Schweinsteiger und Altintop würden hier Ansprüche anmelden.

Für den Angreifer Olic gäbe es hier keine Ausweichmöglichkeit - er müsste sich mit Klose/Gomez/Toni um eine der zwei Planstellen im Sturm bemühen.

Szenario III: Mit Ribéry im Holland-System

Louis van Gaal ist bekanntlich ein niederländischer Trainer, und wer sich auch nur ein wenig mit dem internationalen Fußball beschäftigt, der weiß: Die Begriffe niederländischer Trainer und 4-3-3-System tauchen so oft in einem gemeinsam Kontext auf wie Radsport und Doping. Bisher spielt das klassische Oranje-Modell mit zwei Flügel- und nur einem echten Mittelstürmer in den Diskussionen kaum eine Rolle. Zu unwahrscheinlich erscheint es, dass van Gaal aus dem Trio Gomez/ Klose/Toni lediglich einen Spieler aussucht und zwei auf die Bank setzt.

Andererseits dürften die Bayern auch Ivica Olic nicht (nur) geholt haben, um einem aufstrebenden Liga-Rivalen einen guten Spieler abzujagen und/oder in den Trainingseinheiten dem neu gekommenen Ukrainer Anatolij Timoschtschuk einen Russisch sprechenden Dolmetscher an die Seite zu stellen. Olic hat zweifellos hervorragende Qualitäten und könnte in einem 4-3-3-System die linke Außenstürmerrolle übernehmen. Und auf der anderen Flanke? Nun, Ribéry kann auch rechts wirbeln, wie bei der WM 2006 für Frankreich.

Größeres Gerangel gäbe es dann im Mittelfeld. Favoriten für die drei Positionen wären Pranjic, Timoschtschuk und van Bommel.

Szenario IV: Ein Rautenmann für Ribéry

Doch die Szenarien eins bis drei sind natürlich Makulatur, falls der FC Bayern irgendwann Real Madrids Werben um Franck Ribéry erliegt und den Franzosen ziehen lässt. Klar scheint aber zu sein: Sollte Ribéry die Bayern verlassen, bedienen sich die Münchner im Gegenzug im reichen niederländischen Reservoir der Madrilenen. Wesley Sneijder ist ein Name, der immer wieder fällt, wenn es um potentielle Kandidaten für einen Gegenfinanzierungsanteil geht. In der von van Gaal geschätzten Ajax-Schule ausgebildet, wechselte Sneijder 2007 zu Real Madrid.

Seine Verpflichtung wäre ein Signal für eine Umstellung auf ein 4-4-2-System mit Raute. Sneijder könnte den Part hinter den Spitzen übernehmen, vor der Abwehr müsste sich van Gaal zwischen van Bommel und Timoschtschuk entscheiden, und für die Besetzung der halblinken und der halbrechten Position gelten dieselben Überlegung wie im zweiten Szenario.

Szenario V: Viele Niederländer fürs 4-3-3

Vielleicht verständigen sich Real Madrid und der FC Bayern aber auch, dass die Münchner nicht nur Sneijder, sondern auch noch einen zweiten Niederländer bekommen (Madrid versucht ohnehin, seinen aufgeblähten Kader zu verkleinern). Zum Beispiel Außenstürmer Arjen Robben. Eine Summe X plus Sneijder plus Robben als Ersatz für Ribéry würde van Gaal beim Feilen an der ersten Elf ganz neue Möglichkeiten bieten. Nicht nur, weil dann vier Niederländer (Braafheid, van Bommel, Sneijder, Robben) und ein zuletzt in der Niederlande tätiger Spieler (Pranjic) zur Verfügung stehen würden, wäre das 4-3-3-Modell wieder eine heiße Option. Das würde wiederum bedeuten, dass für zwei der drei Stürmer Gomez/Klose/Toni die Bank wartet.

Noch nichts gesagt ist dabei über die Formation des dreiköpfigen Mittelfelds. Dort wäre das Modell mit einem echten Sechser und zwei Spielern auf den Halbpositionen davor (Sneijder halblinks, Schweinsteiger oder van Bommel halbrechts?) ebenso denkbar wie das Schema mit zwei Abräumern vor der Abwehr (Timoschtschuk und van Bommel) und einem zentralen Mann (Sneijder) davor.

Szenario VI: Ohne Ribéry und ohne Niederländer

Hier noch eine eher unwahrscheinliche Variante: Bayern München verkauft Franck Ribéry für sehr, sehr viel Geld nach Madrid und kauft niemanden für die Offensive. Sondern vielleicht noch einen Torwart. Oder einen Rechtsverteidiger. Oder beides.

Dann dürfte van Gaal eine recht kompakte Mittellinie bilden, mit Pranjic links, Timoschtschuk und van Bommel in der Mitte sowie rechts einem Spieler der Altintop-Schweinsteiger-Gruppe. Olic stünde dann für eine offensive Variante auf der linken Außenbahn zur Verfügung.

Van Gaal ist es natürlich auch zuzutrauen, dass Franck Ribéry bleibt, aber der Disziplin liebende Trainer den freigeistigen Franzosen auf die Bank setzt. Wie auch immer: Stimmen Sie hier selbst ab, wie der FC Bayern künftig spielen soll.

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