Fußball-WM:Frankreich, auf Jahre hinaus unschlagbar?

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  • Der WM-Triumph 1998 ist für die Franzosen die alles überstrahlende Referenzgröße.
  • Damals war Kylian Mbappé, 19, noch gar nicht geboren.
  • Er ist das anarchische Element in einem Team, dem das Beste vielleicht sogar noch bevorsteht.

Von Claudio Catuogno, Sankt Petersburg

Gemessen in den Vier-Jahres-Schritten, mit denen das Produkt Fußballweltmeisterschaft durch die Geschichte schreitet, ist 1998 noch nicht lange her. Der Titelgewinn der französischen Elf um Fabien Barthez, Zinédine Zidane, Bixente Lizarazu, Youri Djorkaeff und all die anderen: Eine Menge Fußball-Aficionados werden sich an ihn erinnern, als sei es gestern gewesen. Aber gemessen in Sportlerjahren ist es doch eine lange Zeit. Das fällt einem auf, wenn Kylian Mbappé nach dem Finaleinzug der Franzosen über die vielen feiernden Franzosen spricht.

"Wir sind zufrieden", sagte der Stürmer von Paris Saint-Germain in Sankt Petersburg, "und ich habe gesehen, dass eine Menge Leute draußen waren auf den Champs-Élysées. Ich bin super stolz. Ich kenne das nicht, ich war 1998 noch nicht geboren. Ich sehe das also zum ersten Mal, und es ist wirklich unglaublich."

"Wir sind bereit zu sterben auf dem Platz", sagt Mbappé

Kylian Mbappé muss keine 20 Jahre zurückgehen, um sich jetzt mitten in einem riesigen Traum zu wähnen. Bei ihm reichen zwei Jahre. "Wenn man mir das vor zwei Jahren gesagt hätte, dass ich hier stehen werde, im Finale, dann hätte ich eine Flasche Wasser genommen und mich erst mal abgekühlt", sagte er. Vor zwei Jahren war Mbappé noch ein ebenso vielversprechendes wie minderjähriges Sturmtalent bei AS Monaco gewesen. Dann ging alles schnell. Das erste Länderspiel im März 2017. Der Wechsel für 180 Millionen Euro Ablöse nach Paris. Nun ist er mit seinen Dribblings, seinen Hackentricks, seinen Hochgeschwindigkeitsläufen und seiner permanenten Anspielbarkeit so etwas wie das willkommene anarchische Moment in einem hochdisziplinierten Team.

Getroffen hat Mbappé beim 1:0 gegen Peru in der Gruppenphase und zweimal beim 4:3 gegen Argentinien im Achtelfinale. Seither nicht mehr. Aber auch beim 1:0 im Halbfinale gegen Belgien versetzte er regelmäßig gleich mehrere belgische Abwehrspieler in Panik - und schuf so Räume für die Kollegen. Und nun? "Nun werde ich alles geben für dieses Finale, wir sind bereit zu sterben auf dem Platz." Bei den Franzosen klingt es stets etwas martialischer, wenn sie sagen wollen, dass sie ein Spiel wirklich unbedingt gewinnen wollen.

1998 ist jetzt die alles überstrahlende Referenzgröße, vor allem wegen des bisher einzigen WM-Triumphs der Équipe de France. Aber nicht nur. "1998 war ein einzigartiges Jahr für den französischen Fußball. Kylian kam auf die Welt." So lautet gerade der Werbeslogan seines Ausrüsters. Darin steckt auch die Botschaft, dass dem französischen Fußball das Beste vielleicht noch bevorsteht, unabhängig vom Finale. "Diese Mannschaft hat in den letzten Wochen schon eine enorme Entwicklung genommen", sagt auch der Nationaltrainer Didier Deschamps, "aber die Spieler werden in zwei Jahren noch stärker sein, und in vier Jahren." Die Franzosen - auf Jahre hinaus unschlagbar? On verra. Man wird sehen.

2016 hatten sie auch ein Finale gespielt, bei der EM, zu Hause. Sie verloren 0:1 n.V. gegen Portugal. Die Euphorie war dann schnell verfolgen.

© SZ vom 12.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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