Formel 1: Großer Preis von China:Hamilton gewinnt packendes Rennen

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Lewis Hamilton verhindert in Shanghai mit einem guten Start und perfekter Strategie den Hattrick von Sebastian Vettel. Jenson Button verschenkt den Sieg durch eine groteske Aktion.

Jürgen Schmieder

Nico Rosberg hatte es bereits vor dem Rennen gewusst. "Zwei Dinge werden dieses Rennen prägen", hatte er kurz vor dem Start in der Boxengasse gesagt. "Wichtig sind Start und Strategie." Rosberg hatte jedoch vergessen, dass noch ein drittes Element dieses Rennen würde entscheiden können: Wenn Du an die Box fährst, dann steuere bitte dein eigenes Team an.

Im dritten Rennen der erste Sieg: Lewis Hamilton feiert seinen Erfolg beim Grand Prix in Shanghai. (Foto: AP)

Jenson Button nämlich fuhr lieber zu den Konkurrenten von Red Bull, um sich die Reifen wechseln zu lassen. Die Mechaniker guckten zunächst verdutzt, dann begannen sie wild zu gestikulieren, um Button anzudeuten, er möge doch bitteschön zu seiner Boxencrew fahren. Durch dieses Maleur verlor Button einen Platz - und letztlich das Rennen.

Die beste Mischung aus Start, Strategie und dem Ansteuern der richtigen Boxencrew gelang an diesem Sonntag Lewis Hamilton. Er gewann den Großen Preis von China vor Sebastian Vettel und Mark Webber. Button musste sich am Ende mit dem vierten Rang zufrieden geben.

Duell um Platz 7

Vettel erwischte einen grausigen Start, obwohl er Kers benutzen konnte. Er steuerte seinen Dienstwagen von der Pole Position auf der linken Seite der Rennstrecke sofort nach rechts - und wurde sogleich von den McLaren-Piloten Jenson Button und Lewis Hamilton überholt. Auch Rosberg stellte plötzlich fest, direkt neben Vettel zu fahren, blieb jedoch nach der Schneckenkurve hinter Vettel.

Es bildeten sich drei Trios, die während der ersten Umläufe direkt gegeneinander fuhren: Ganz vorne lagen Button, Hamilton und Vettel jeweils nur eine halbe Sekunde auseinander, dahinter stritten sich Rosberg und die Ferrari-Piloten Felipe Massa und Fernando Alonso um den vierten Rang, während sich Adrian Sutil, Kamui Kobayashi und Michael Schumacher um Platz sieben duellierten.

"Bleib' ruhig, du machst einen guten Job", bekam Vettel per Funk mitgeteilt. Vettel blieb ruhig - und machte einen guten Job. Nach 14 Runden nämlich kam der zweite entscheidende Punkt ins Spiel, die Strategie. Weil Vettel seinen Dienstwagen reifenschonender durch den Kurs steuerte, konnte er zunächst Hamilton überholen, dessen linker Vordereifen arg ramponiert aussah - an der Box überholte er Button, weil dem jenes Maleur unterlaufen war, die falsche Mannschaft anzusteuern.

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Jürgen Schmieder

In Führung lag jedoch plötzlich Nico Rosberg, der ein wenig eher zum Reifenwechsel gekommen war und damit die exakt richtige Strategie gewählt hatte. Nach dem Wechsel lag er vier Sekunden vor Vettel und konnte so fahren, wie er es bereits vor dem Rennen angekündigt hatte: "Man muss ein wenig konservativer agieren, weil aufgrund der vielen Linkskurven der linke Vorderreifen enorm belastet wird."

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Von Jürgen Schmieder

Auch Rosbergs Kollege Michael Schumacher konnte aufgrund eines gut getimten Boxenbesuchs Plätze gut machen und lieferte sich vom 20. Umlauf an ein packendes Duell mit Fernando Alonso um den sechsten Platz. Der Spanier nutzte Kers, er nutzte den verstellbaren Heckflügel, er attackierte jeweils am Ende der längsten Geraden. Schumacher wehrte sich, fuhr eine aggressive Linie - und blieb lange Zeit vorne, ehe Alonso ihn in der 26. Runde ausbeschleunigen konnte.

Spektakuläre Manöver

Überhaupt entwickelte sich in der zweiten Hälfte ein packendes Rennen, was vor allem an den unterschiedlichen Strategien der Rennställe lag. Die einen - Alonso, Massa, Heidfeld und Hamilton - steuerten ihre Dienstwagen lange mit verbrauchten Reifen und versuchten, nicht all zu viel Zeit zu verlieren. Die anderen - Rosberg, Schumacher und Button - waren jeweils auf frischen Pneus unterwegs.

Das führte zu zahlreichen spektakulären Manövern - Rosberg etwa überholte Alonso an einer Stelle, an der es wohl nur Rosberg für möglich hielt. Wenig später musste Rosberg den deutlich schnelleren Hamilton passieren lassen und landete am Ende auf dem fünften Platz. "Ich bin enttäuscht, weil heute mehr drin gewesen wäre", sagte Rosberg nach dem Rennen. "Ich musste Sprit sparen, deshalb konnte ich mich nicht wehren und nicht kämpfen." Es gehört eben auch zur Strategie, genügend Benzin in die Rennwagen zu füllen.

Heidfeld, Petrow und Perez duellierten sich um Platz zwölf. Schumacher durfte seine Position erneut heftig verteidigen, diesmal gegen Mark Webber. Wieder wehrte sich Schumacher ("So ein Rennen macht Spaß") lange, um letztendlich seinem Gegner doch den Vortritt lassen zu müssen. Er kam auf Platz acht, Webber schob sich in den letzten beiden Runden noch vor auf den dritten Rang.

Spannend war vor allem das Duell um den Sieg bei diesem Grand Prix. Sebastian Vettel hatte sich aufgrund einer Strategie von nur zwei Boxenbesuchen (aufgrund eines Plattens jedoch zu anderen Zeiten als geplant) wieder auf den ersten Platz geschoben, musste sich jedoch mit alten Reifen gegen Lewis Hamilton wehren, dessen Pneus sieben Umläufe weniger absolviert hatten.

Beide bekamen von ihrer Boxencrew mitgeteilt, die Reifen zu schonen - und beide hielten sich keineswegs daran. Hamilton attackierte, Vettel wehrte sich, doch der Brite konnte vier Umläufe vor dem Ende die Führung übernehmen und das Rennen gewinnen. "Es war ein schwieriges Rennen, weil zum einen die Zwei-Stopp-Strategie wohl falsch war, zum anderen der Funk ausgefallen war und ich deshalb keine Informationen bekommen habe", sagte Vettel nach dem Rennen. Hamilton ergänzte: "Es war ein toller Start, wir hatten phantastische Boxenstopps - es war ein tolles Wochenende."

In der WM-Wertung führt Vettel mit 68 Punkten vor den Hamilton (47), Button (38) und Webber (37). Der nächste Grand Prix findet in drei Wochen in Istanbul statt und auch dort werden Start und Strategie entscheidend sein - und natürlich die Fähigkeit, die richtige Boxencrew anzusteuern.

Grand Prix von China in Shangha i

1. Lewis Hamilton (England) McLaren Mercedes 1:36:58,226 Std. (Schnitt: 188,757 km/h);

2. Sebastian Vettel (Heppenheim) Red Bull + 5,198 Sek.;

3. Mark Webber (Australien) Red Bull + 7,555;

4. Jenson Button (England) McLaren Mercedes + 10,000;

5. Nico Rosberg (Wiesbaden) Mercedes + 13,448;

6. Felipe Massa (Brasilien) Ferrari + 15,840;

7. Fernando Alonso (Spanien) Ferrari + 30,622;

8. Michael Schumacher (Kerpen) Mercedes + 31,026;

9. Witali Petrow (Russland) Lotus Renault + 57,404;

10. Kamui Kobayashi (Japan) Sauber + 1:03,273 Min.;

11. Paul di Resta (Schottland) Force India + 1:08,757;

12. Nick Heidfeld (Mönchengladbach) Lotus Renault + 1:12,739;

13. Rubens Barrichello (Brasilien) Williams + 1:30,189;

14. Sébastien Buemi (Schweiz) Toro Rosso + 1:30,671;

15. Adrian Sutil (Gräfelfing) Force India + 1 Runde;

16. Heikki Kovalainen (Finnland) Lotus + 1 Runde;

17. Sergio Perez (Mexiko) Sauber + 1 Runde;

18. Pastor Maldonado (Venezuela) Williams + 1 Runde;

19. Jarno Trulli (Italien) Lotus + 1 Runde;

20. Jérôme d Ambrosio (Belgien) Virgin + 2 Runden;

21. Timo Glock (Wersau) Virgin + 2 Runden;

22. Narain Karthikeyan (Indien) Hispania + 2 Runden;

23. Vitantonio Liuzzi (Italien) Hispania + 2 Runden

Ausfall: Jaime Alguersuari (Spanien) Toro Rosso (10. Runde/Defekt)

Fahrer-Wertung nach 3 von 19 Rennen:

1. Sebastian Vettel 68

2. Lewis Hamilton 47

3. Jenson Button 38

4. Mark Webber 37

5. Fernando Alonso 26

6. Felipe Massa 24

7. Witali Petrow 17

8. Nick Heidfeld 15

9. Nico Rosberg 10

10. Kamui Kobayashi 7

11. Michael Schumacher 6

12. Sébastien Buemi 4

13. Adrian Sutil 2

14. Paul di Resta 2

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