Magath bei Schalke 04:Felix, der Chancentod

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Die heftige Debatte unter den Schalker Fans zeigt: Felix Magath hatte viele Möglichkeiten, sich in Schalke ein Denkmal für die Ewigkeit zu bauen. Aber er hat durch sein radikales Vorgehen nicht verstanden, sie zu nutzen.

Philipp Selldorf

Wie zerrissen das Schalker Publikum in der Kontroverse um Felix Magath ist, das hat sich während des Spiels gegen Valencia aus ein paar vereinten Äußerungen in der Fan- kurve ergeben. Sobald die einen Felix-Magath-Chöre anstimmten, versuchten die anderen, sie mit Schalke-Gesängen zu übertönen.

Zu radikal für dauerhaften Erfolg: Schalkes Noch-Trainer Felix Magath. (Foto: dpa)

Dieses Duell hatte, wenngleich es eine Randerscheinung des Abends war, repräsentativen Charakter. Das Schalker Volk ist in zwei Lager gespalten. Es gibt diejenigen, die auf Magaths sportliches Werk schauen und sich dadurch in ihrem Glauben an seine Herrscherkunst bestätigt sehen: Sie sehen den unverhofft erreichten zweiten Platz im Vorjahr, die erfolgreiche Champions-League-Kampagne und die Perspektive des Pokalfinales - Bescherungen, die den schwachen Auftritt in der laufenden Bundesligasaison aufwiegen.

Die Anderen meinen, dass Magath für seine sportliche Ernte einen zu hohen Preis fordert. Sie glauben, dass er dem Verein seine Eigenarten und seine Einzigartigkeit austreiben will, dass er den FC Schalke und seine Kultur nicht versteht, weil es ihn auch nicht interessiert; dass er im Begriff ist, ihre heile Welt zu zerstören - wobei diese Leute durchaus nicht so naiv sind, die Realitäten in ihrem, zumal hochverschuldeten Profifußballklub zu ignorieren.

Die Debatte ist nicht neu, sie wird seit Monaten unter den Anhängern ausgetragen, oft wird sie von den berufenen Beobachtern falsch gedeutet. Es sind nicht alle gegen Magath, weil einige "Magath raus!" rufen oder ein Transparent mit entsprechenden Parolen malen. Die Welt besteht auch nicht aus lauter Magath-Freunden, weil sie einen Knopf auf seiner Internetseite drücken.

Auch die Vereinsverantwortlichen, die hinter dem Aufsichtsratschef Clemens Tönnies stehen - dem anderen Allmächtigen in Schalke -, haben diese ideologische Diskussion im Blick. Aber sie brauchen keine Volksabstimmung zu veranstalten, um ihre Meinung zu bilden. Sie schauen auf die ungesunden Verhältnisse im Vereinsbetrieb und auf das Zerwürfnis zwischen Trainer und Mannschaft, das offenkundig keine Perspektive zur Zusammenarbeit mehr lässt.

Und sie schauen auch auf die Zahlen, denn so viel scheint klar zu sein: Magaths radikaler Umbau in der Profiabteilung hat die Kosten nicht gesenkt, sondern gesteigert.

Felix Magath hatte viele Möglichkeiten, sich in Schalke ein Denkmal zu bauen, aber er hat durch sein einsames Vorgehen nicht verstanden, sie zu nutzen. Wenn die Verantwortlichen jetzt die Ära Magath beenden - und das werden sie bei nächster Gelegenheit tun -, handeln sie nach Argumenten, die mit Emotionen nichts zu tun haben, sondern mit Tatsachen.

© SZ vom 11.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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