FC Bayern:Uli Hoeneß als Maulheld

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Sieht er sich als Justizopfer? Bayern-Präsident Uli Hoeneß (Archivbild). (Foto: dpa)

Der Bayern-Präsident versucht, sich zum Justizopfer zu stilisieren. Damit macht er das gute Bild von sich kaputt, das er seit seiner Verurteilung abgegeben hat.

Kommentar von Heribert Prantl

Uli Hoeneß ist zwar in Ulm, also in Baden-Württemberg, geboren und aufgewachsen. Aber der Präsident des FC Bayern verkörpert alle Eigenschaften, die man den Altbayern nachsagt: Er ist vital, brutal und sentimental. Diese Eigenschaften mischen sich mal so und mal so. Jüngst, als Hoeneß in Liechtenstein einen Vortrag hielt, mischten sich die Eigenschaften dergestalt, dass von seiner früher gezeigten Schuldeinsicht kaum mehr etwas übrig blieb.

Hoeneß tat so, als sei er 2014 zu Unrecht wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden und als sei er dann aus eigener freier Entscheidung in den Knast gegangen. An dieser angeblichen Heldengeschichte ist einiges zu korrigieren. Es ist keine Heldengeschichte, sondern eine Maulheldengeschichte. Hoeneß versucht auf ärgerliche Weise, sich zum Justizopfer zu stilisieren. Damit macht er das gute Bild von sich kaputt, das er seit seiner Verurteilung abgegeben hat. Er war, wie ihm die Gefängnis-Direktorin attestierte, ein rundum vorbildlicher Häftling. Diese Vorbildlichkeit hat er jetzt wieder abgeschüttelt. Das ist natürlich kein Fall für einen Widerruf der Bewährung, aber ein Fall fürs Kopfschütteln.

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Hätte Hoeneß diesen Unsinn früher erzählt, wäre er nicht vorzeitig entlassen worden

Er sei der einzige Deutsche, behauptet Hoeneß, der trotz Selbstanzeige im Gefängnis gewesen ist. Das ist Unsinn. Man muss, und das tut Hoeneß wohlweislich nicht, zwischen einer wirksamen und einer unwirksamen Selbstanzeige unterscheiden. Seine Selbstanzeige war unwirksam - weil sie unvollständig und schlampig war. Wäre die Selbstanzeige wirksam gewesen: Ja, dann wäre Hoeneß gar nicht verurteilt worden. Weil sie aber unwirksam war, teilte er das Schicksal anderer massiver Steuerhinterzieher, deren Selbstanzeige auch unwirksam war - sie mussten, wie Hoeneß, in den Knast.

Im übrigen ist im Strafurteil von 2014 strafmildernd berücksichtigt worden, dass Hoeneß eine Selbstanzeige immerhin versucht hatte; die Haftstrafe für eine Steuerhinterziehung in Höhe von 28,5 Millionen Euro wäre sonst erheblich höher ausgefallen. Dreieinhalb Jahre - das war ein guter Tarif. Und die Entlassung auf Bewährung schon nach der halben Haftzeit war eine Wohltat, die einem vorbildlichen Häftling gebührt. Hätte er sich freilich schon während der Haftzeit so geäußert wie jetzt - er wäre nicht so frühzeitig entlassen worden.

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Sein jetziges Maulheldentum ist aber kein Grund für einen Bewährungswiderruf. Der nordrhein-westfälische Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) stellt dergleichen in den Raum. Der Mann weiß es natürlich besser: Erstens ist er komplett unzuständig; zuständig ist nämlich eine bayerische Strafvollstreckungskammer. Zweitens kommt in Paragraf 56 f Strafgesetzbuch das "dumme Daherreden" als Grund für den Widerruf einer Bewährung nicht vor. Bewährung wird nur widerrufen bei neuen Straftaten in der Bewährungszeit, oder wenn der Verurteilte sich den Auflagen entzieht, die ihm gemacht wurden.

In einem hat Hoeneß recht: Indem er nach dem Urteil auf eine Revision verzichtete, also darauf, ein Rechtsmittel gegen seine Verurteilung einzulegen, hat er den Zeitpunkt für seine Haft selbst bestimmt - er hätte das alles viel länger hinausziehen und hinauszögern können. Er hat das nicht getan. Das war damals als Zeichen von Einsicht und Reue ausgelegt worden. Es war wohl eher Berechnung. Er muss jetzt nicht mit dem Makel herumlaufen, auch noch von der höchsten und letzten Instanz in Karlsruhe verurteilt worden zu sein - und kann wahrheitswidrig das Gretchen spielen. Es war in Goethes Faust "das unschuldig Ding, das eben für nichts zur Beichte ging".

Die Rolle des Gretchens passt zu Uli Hoeneß aber gar nicht.

© SZ vom 13.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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