FC-Bayern-Trainer Jupp Heynckes:"Ich werde mich zurückziehen"

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Zum Abschied wird es emotional: Jupp Heynckes verkündet in München, dass er vorerst keinen anderen Fußballklub übernimmt. Die Gerüchte, dass er nach Madrid wechseln könnte, haben sich damit erledigt. Der Erfolgscoach erklärt seinen Rückzug vor allem mit den großen Strapazen seines Berufs.

Aus dem Stadion von Lisa Sonnabend

Nach 34 Jahren ist es nun so weit, doch natürlich zögert Jupp Heynckes den Moment noch einmal hinaus. Er macht eine lange Pause. Dann sagt er: "Ich möchte ein bisschen ausholen." Er grinst, mal wieder spielt er am Dienstagmittag auf der Pressekonferenz in der Fröttmaninger Arena mit allen.

Dann tastet sich Heynckes langsam vor zum Punkt, erzählt, wie ihn die Saison körperlich mitgenommen hat, wie er gespürt hat, dass er ans Limit gegangen ist. Das Wort "Rücktritt" ist noch nicht gefallen - es fällt auch später nicht, doch nach wenigen Sätzen wird klar: Jupp Heynckes wird in der kommenden Saison keinen neuen Verein betreuen.

Der 68-Jährige braucht eine Auszeit. Sie wird vielleicht, ja wahrscheinlich, für immer dauern. Eine Karriere, die 1979 bei Borussia Mönchengladbach begann, geht nun zumindest vorläufig zu Ende. "Ich habe persönlich etwas gegen endgültig", sagt Heynckes bei der Pressekonferenz, rechts von ihm sitzt Präsident Uli Hoeneß, zur linken Seite Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge.

Pressekonferenz des FC Bayern
:Jupp Heynckes zieht sich zurück

Emotionale Pressekonferenz von Jupp Heynckes: Der scheidende Bayern-Coach kündigt an, er werde nach der Triple-Saison keinen neuen Klub übernehmen und eine Pause einlegen. Endgültig verabschieden will sich Heynckes allerdings nicht.

Die Botschaft des scheidenden Trainers lautet so: "Ich werde erst mal Urlaub machen und ab dem 1. Juli weder im Inland noch im Ausland ein Engagement eingehen." Er freue sich auf die Zeit nach dem Berufsleben. So weit, so vage.

Heynckes folgt also dem Motto: Man soll aufhören oder zumindest eine Pause machen, wenn es am schönsten ist. In dieser Saison hat er so viele Titel gewonnen wie noch kein Trainer im deutschen Männerfußball vor ihm. Erst holte er die Meisterschaft im Rekordtempo, dann die Champions League in Wembley und am vergangenen Samstag machte er das Triple perfekt, als er in Berlin den DFB-Pokal gewann.

Nach den großen Triumphen verabschiedeten sich die Spieler auf ihre Art von ihm - fast jeder mit einer persönlichen Bierdusche. Sie warfen den 68-Jährigen in die Luft, als wäre er ein Kleinkind, das Geburtstag feiert. Diese Szene hängt nun bei der Pressekonferenz lebensgroß hinter Heynckes, wenige Meter neben ihm stehen die drei Pokale.

Über sich und seine Zukunft mochte Heynckes am Samstagabend in Berlin noch nicht sprechen - vielleicht wollte er sich im Moment des größten Vereinserfolges nicht in den Vordergrund drängen, vielleicht wollte er auch bis zu diesem Dienstag warten, damit ihm die größtmögliche Aufmerksamkeit zuteil wird. Schon seit Wochen hatte Heynckes sichtlich Gefallen daran gefunden, alle auf die Folter zu spannen. Beendet er nun seine Karriere und zieht sich auf seinen Bauernhof am Niederrhein zurück? Oder kommt noch ein letzter Coup - und er wird erneut Trainer von Real Madrid?

Dieses Kokettieren - es war vielleicht auch ein kleiner Seitenhieb gegen den FC Bayern. Denn die Pressemitteilung im Januar, in welcher der Verein die Verpflichtung von Pep Guardiola verkündet hatte, hatte den 68-Jährigen verärgert. Heynckes werde seine Karriere im Sommer in München beenden, hieß es da. Dies wollte Heynckes nicht auf sich sitzen lassen - und startete seine Show der Andeutungen.

Jedes Wort von Heynckes wurde in den vergangenen Wochen auf die Goldwaage gelegt. Einmal sagte er, die Entscheidung über seine Zukunft habe er bereits nach der Champions-League-Niederlage 2012 gefällt. Also doch nicht Real Madrid? Zuletzt verlautete er dagegen, wie froh er sei, "nie wieder eine Bierdusche - zumindest in keinem deutschen Stadion" erleben zu müssen. Also doch Madrid? So ging es hin und her.

Auch bei seinem Abschieds-Plädoyer gelingt es Heynckes und den Bayern-Verantwortlichen, den Spannungsbogen aufrechtzuerhalten. "Um 13 Uhr hält Real Madrid eine Pressekonferenz", sagt Mediendirektor Markus Hörwick. Tatsächlich? Stellt Real dort den Mourinho-Nachfolger vor? Erst nachdem Heynckes, Rummenigge und Hoeneß noch einmal 45 Minuten lang die Saisonleistung gelobt und die ein oder andere Andeutung abgegeben haben, werden die entscheidenden Sätze verkündet. "Ich werde mich erst mal zurückziehen", sagt Heynckes und verbessert sich noch einmal: "Ich werde mich zurückziehen."

In den vergangenen Wochen und Monaten hätten zahlreiche Vereine Interesse gezeigt. "Einige Reichen-Klubs, das hat mich in meiner ganzen Laufbahn allerdings nie interessiert", meint Heynckes. "Und ein Klub, der nicht das sportliche Niveau hat wie der FC Bayern, aber die Aura und Tradition." Erst als Heynckes sich bei den Personen bedankt, die ihn in seiner Laufbahn begleitet haben, wird er emotional. Als er seine Ehefrau Iris erwähnt, die mit ihm gelitten und auch gesundheitlich Schaden genommen habe, kommen ihm Tränen. Sie kullern aber nicht so ungestüm wie nach seinem letzten Bundesligaspiel in Mönchengladbach.

Heynckes hat also Schluss gemacht - zumindest erst mal. Dafür hat er die große Bühne ganz für sich. Zum ersten Mal alleine, ohne seine Spieler. Nach der Pressekonferenz stellt Heynckes die drei Pokale in die Vitrinen des Vereinsmuseums. Er tätschelt sie noch einmal, dann poliert er sie mit einem rot-weiß-karierten Tuch. Heynckes hat seine Arbeit getan.

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