Bayern-Sieg gegen Augsburg:Schöne, einfache, bayerische Welt

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Übung im Feiern: Die Bayern-Spieler nach Führungstor gegen Augsburg. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Dem Rekordmeister ist kein Vorwurf zu machen, dennoch hinterlassen so einseitige Spiele wie gegen Augsburg den Eindruck, die Chancenlosigkeit der Gegner könnte irgendwann problematisch für das eigene Produkt sein. Einen einzigen Aufreger gibt es um den Schiedsrichter.

Aus dem Stadion von Thomas Hummel

Ein Stadionsprecher muss dem Fußballvolk - wie man so sagt - aufs Maul schauen und aus der Seele sprechen. Stephan Lehmann übt das Amt beim FC Bayern München seit 18 Jahren aus, insofern ist das mit dem Aufs-Maul-schauen und Aus-der-Seele-sprechen für ihn kein Problem. Nach 70 Minuten also, als sich unten auf dem Spielfeld wie zumeist an diesem Samstagnachmittag nichts Aufregendes tat, kündigte Stephan Lehmann plötzlich an: "Und noch ein Zwischenstand." Es flimmerte das 2:1 für Wolfsburg gegen Dortmund auf der Anzeigetafel, das Volk johlte.

Als das Spiel zu Ende war, der FC Bayern gegen den Nachbarn aus Augsburg 3:0 gewonnen hatte und die Dortmunder Niederlage feststand, eilte Lehmann am Kabinentrakt vorbei in Richtung Ausgang. Er traf einen Ordner, reichte ihm die Hand und erklärte: "Vier Punkte Vorsprung, jetzt gwinnst in Dortmund, dann sinds sieben - so einfach ist das." Ja, so einfach ist derzeit das Leben des Münchner Fanvolkes.

Der FC Bayern München hat am Samstag den 30 Jahre alten Rekord des Hamburger SV übertroffen und ist nun 37 Spiele in Serie ungeschlagen. Der Sieg gegen den FC Augsburg ist schnell erklärt. Die Münchner hatten sich vorgenommen, den Gegner von Beginn an zu attackieren, daraus resultierte ein schnelles Tor. Nach einer Ecke offenbarte Jérôme Boateng beachtliche Körperbeherrschung und schoss den Ball aus der Drehung mit dem linken Vollspann unter die Latte (4.).

FC Bayern in der Einzelkritik
:Ribéry kürt sich zum Weltfußballer

Franck Ribéry zeigt, dass er derzeit besser als Messi und Ronaldo ist, Philipp Lahm wirkt wie ein Spaziergänger am Nymphenburger Kanal und Mario Götze ist zu oft damit beschäftigt, seine Hose nach unten zu ziehen. Der FC Bayern beim 3:0 gegen den FC Augsburg in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Thomas Hummel

Kurz vor der Pause entschied der famose Franck Ribéry die Partie. Er dribbelte zunächst furchtlos in die gesamte Augsburger Abwehr hinein, wurde Zentimeter vor dem Strafraum gefoult. Den Freistoß zimmerte er in den rechten Winkel, kein Torwart der Welt hätte ihn halten können (42.). In der Nachspielzeit bekamen die Bayern noch einen Elfmeter zugesprochen, Matthias Ostrzolek hatte die Hände schützend vors Gesicht gehalten und damit vermutlich den Ball berührt, Thomas Müller verwandelte sicher zum 3:0.

Zwischen den Toren? Gab es mal Jubel über Wolfsburg. Es gab ganz viel Franck Ribéry, der Franzose war wie so häufig der Schnellste mit den Füßen und den Gedanken, er alleine sorgte für einige Gemütswallungen. Ansonsten verlief die Partie eintönig und in ihrer Vorhersehbarkeit über weite Strecken fast langweilig. Dem FC Bayern München ist kein Vorwurf zu machen, dennoch hinterlassen Spiele wie diese den Eindruck, die Chancenlosigkeit der Gegner könnte irgendwann problematisch für das eigene Produkt sein.

Nach der frühen Führung passte sich der Tabellenführer teilweise minutenlang den Ball im Mittelfeld zu. Zwischen Toni Kroos, Philipp Lahm, Mario Götze, Javier Martínez und den anderen kreiselte die Kugel ohne dass je ein Augsburger die Chance gehabt hätte, sie zu berühren. Wenn die Gäste mal an den Ball und nach vorne kamen, wirkten sie fast panisch, furchtbar kläglich beendeten sie ihre Aktionen. Bei den Münchnern brachten nur Ribéry und der später eingewechselte Arjen Robben die Energie auf, ein wenig Angriffsspektakel zu inszenieren. Die Spielkontrolle war absolut, die Fans in der Südkurve untermalten die ewigen Ballstafetten mit einschläferndem Dauergesang.

Stimmen zur Bundesliga
:"Selbst in Australien haben sie einen Video-Schiedsrichter"

Nürnbergs Trainer Gertjan Verbeek fordert technische Hilfsmittel für die Schiedsrichter, nachdem seiner Mannschaft angeblich ein Tor geklaut wird. Bayern-Trainer Pep Guardiola blickt voraus auf das Spitzenspiel gegen Borussia Dortmund. Und BVB-Trainer Jürgen Klopp sieht viele Menschen, die am Boden liegen.

Die Reaktionen im Überblick

Während das Publikum bisweilen wegzudämmern drohte, wirkten die Aktiven und Verantwortlichen des FC Bayern selbstredend fröhlich. "Das ist ein sehr, sehr schönes Wochenende für uns", sagte Kapitän Philipp Lahm. Torschütze Boateng erklärte angesichts des neuen Rekords staatstragend: "Wir müssen Glückwunsch sagen an den ganzen FC Bayern und auch an Jupp Heynckes."

Es ist beim FC Bayern sogar die Zeit für grundsätzliche Einschätzungen. Franck Ribéry zum Beispiel: "Es läuft gut, es macht Spaß, wir müssen so weitermachen. Wir müssen arbeiten und immer gewinnen." Oder Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge, der sich schon vor der Begegnungen gegen Augsburg zu einem einseitigen Jubel-Grußwort im Stadionmagazin entschlossen hatte. Darin heißt es: "Wir erleben gerade die beeindruckendste Zeit in der über 100-jährigen Geschichte des FC Bayern München. Es hat wohl noch nie so viel Spaß gemacht, Fan des FC Bayern zu sein." Als er gehört habe, dass sechs seiner Profis zur Wahl zum Weltfußballer nominiert wurden, habe er eine Gänsehaut bekommen: "Das ist einmalig und schlichtweg überragend." Er kündigt neue Rekordzahlen für die Jahreshauptversammlung am Mittwoch an, erstmals werde der Umsatz 400 Millionen Euro übertreffen.

Sogar Präsident Uli Hoeneß, Angeklagter in spe wegen seiner Steueraffäre, wirkte gelöst. Vor der Partie übergab er einer in Syrien aktiven Hilfsorganisation ein Feuerwehrauto, das er bei Magirus Deutz in seiner Heimatstadt Ulm organisiert hatte. Er trug seinen rot-weißen Schal, später wünschte er den wartenden Reportern einen schönen Abends und wippte dem Ausgang entgegen.

FC Bayern besiegt Augsburg
:Rekord aufgestellt, Führung ausgebaut

Der FC Bayern München dominiert über 90 Minunten das Spiel gegen den FC Augsburg und gewinnt mit 3:0. Nach dem frühen Führungstreffer durch Jérôme Boateng verwaltet der Tabellenführer gekonnt seine Führung. Für Höhepunkte sorgt allein Franck Ribéry.

In zwei Wochen kommt es nun zum vom Hoeneß sogenannten deutschen Clásico, also dem Aufeinandertreffen der beiden Klubs aus Dortmund und München. Wobei die Dortmunder nach Niederlagen in der Champions League und Bundesliga plötzlich in labiler Verfassung dem großen Duell entgegensehen. Dazwischen liegen noch die Länderspiele in Italien und England und weil zurzeit eben alles für die Münchner läuft, findet die Vorbereitung auf die Partie in Mailand auf dem Gelände des FC Bayern statt. "Dann muss ich meine Schuhe nicht zur Nationalmannschaft mitnehmen, sondern kann sie gleich dort lassen", freute sich Toni Kroos.

Den einzigen Ärger an diesem Samstag gab es um den Schiedsrichter. Die Augsburger zürnten, Peter Gagelmann habe sie schlechter behandelt als die Großen Bayern. Nicht nur sei dem 1:0 eine Abseitsstellung vorausgegangen von Mario Mandzukic und sei der Elfmeter zum 3:0 eine Fehlentscheidung gewesen. Vor allem der Umgang auf dem Platz sei seltsam gewesen.

"Ich finde es schon ziemlich komisch, wenn der Schiedsrichter mit den Spielern unterschiedlich umgeht. Mit den Bayern-Spielern sich komplett normal unterhält und wir fast schon beleidigt werden und er uns dann wegschickt und anschnauzt", beschwerte sich Matthias Ostrzolek. Und Manager Stefan Reuter legte in der ARD nach: "Wenn ein Schiedsrichter zu einem Spieler sagt 'Verpiss Dich', ich finde, das hat auf dem Platz nichts zu suchen." Am Sonntagmorgen verkündete der FCA, man werde sich bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) beschweren. "Das ist ein Verhalten, das man so nicht durchgehen lassen kann", sagte Reuter.

Für die Bayern war das nicht mehr als ein Nebengeräusch. Sie können in Dortmund dem Titelrennen schon eine entscheidende Richtung geben und nichts scheint ihnen in den Sinn zu kommen, was da schiefgehen könnte. Die schönste Zeit der vergangenen 100 Jahre soll keinesfalls in zwei Wochen enden.

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