FC Bayern München gegen Alba Berlin:Knarzen in der Basketball-Werkstatt

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Mit Zug zum Korb: Bayern-Profi Nihad Djedovic (links) versucht, an Berlins Marko Banic vorbeizukommen.

(Foto: imago/Buthmann)

Diese Serie dürfte ein Gerangel werden: Der FC Bayern gleicht mit einem 85:73 das desaströse erste Halbfinalspiel gegen Berlin aus. Schön ist das nicht, aber Alba wirkt beeindruckt.

Aus der Halle von Jonas Beckenkamp

Fragerunden mit dem Basketballtrainer Svetislav Pešić können eine amüsante Angelegenheit sein, vor allem dann, wenn er als Sieger auf dem Podium der Pressekonferenz sitzt. Der Coach des FC Bayern war gerade in Redelaune gekommen, da bremste ihn dieser Einwurf eines Zuhörers entschieden aus: "Herr Pešić, warum war es heute kein schönes Spiel?" Ein empörter Blick, ein Griff an die Krawatte, dann die Antwort: "Es war nicht unbedingt so wie in der NBA, bei Golden State gegen Houston, aber für deutsche Verhältnisse war es ein Spiel wie man es selten sieht."

Pešićs Exkurs in die Glitzerwelt des amerikanischen Basketballs verblüffte, aber noch erstaunlicher war eigentlich seine Feststellung, dass er großen Sport gesehen haben wollte. Das 85:73 (46:37) seiner Mannschaft im zweiten Halbfinal-Spiel der Playoff-Serie gegen Alba Berlin bot in Wahrheit eine Schaustellung aus der Basketball-Werkstatt. Es knarzte und rumpelte gewaltig. Aber: Ob nun hübsch anzuschauen oder nicht, das interessierte hinterher kaum - die wichtigere Erkenntnis war am Ende der Zwischenstand in der "Best-of-Five"-Serie gegen die Berliner. Und der lautet zur Freude der Münchner 1:1.

"Heute war Männerbasketball"

"Wir sind immer noch der deutsche Meister," wusste Pešić stolz zu berichten, "und heute war Männerbasketball." Nichts für zarte Gemüter also, aber eben auch nichts für Ästheten oder Anhänger der Harlem Globetrotters. Es schien Pešić zu gefallen, dass seine Bayern den Gegner nach dem verheerenden 55:81 in der ersten Partie in Berlin fast 40 Minuten lang im Würgegriff hatten. Wie es dazu kommen konnte, das erklärte Alba-Coach Saša Obradović in gewohnter Grimmigkeit, als er neben Pešić auf dem Pressepodium vor sich hin lamentierte: "Sie haben unseren Rhythmus gestört, indem sie viel Druck auf den Ball gemacht haben." In der Tat: Wo immer ein Berliner in Ruhe dribbeln wollte, flitzte bald ein Münchner herbei.

So sahen die 6700 Zuschauer in der Rudi-Sedlmayer-Halle eine komplett andere Partie als noch am Sonntag in der Hauptstadt. Während dort die Berliner die Münchner Lethargie gnadenlos bestraft hatten, begegneten sich diesmal zwei Teams mit ähnlichem Sinn fürs Zupacken. Auch wenn die Schiedsrichter mitunter etwas vorschnell in ihre Pfeife pusteten: 55 Fouls in einem Spiel sind schon gehobenes Niveau für eine Sportart, die Uli Hoeneß einst als "körperlos" bezeichnete. 55 Fouls bedeuten aber auch, dass beide Kontrahenten begriffen haben, worum es geht: Es ist Playoff-Zeit und dort landen die Spieler naturgemäß häufiger an der Freiwurflinie.

Eingestellt auf mehr Körperlichkeit

Wer Punkte erzielen will, muss sie sich verdienen. Das taten die Bayern, sie zogen häufig zum Korb oder wühlten sich sonst irgendwie durch. "Beide Mannschaften sind dafür bekannt, dass die hart reingehen", meinte FC-Bayern-Spieler Jan Jagla, der vergangenes Jahr noch auf der Gegenseite spielte, "aber wir hatten heute mehr Energie, mehr Physis." Er und seine Kollegen seien "erfahren genug", um ihre Lehren aus der Larifari-Vorstellung in Berlin zu ziehen, dafür hätten schon ein paar Gespräche im Training gereicht. Ähnlich erläuterte auch Center Vladimir Štimac den Stimmungswechsel: "Wir haben dort richtig eins drauf gekriegt. Das durfte sich nicht wiederholen. Wir mussten uns an diese Körperlichkeit gewöhnen."

Der serbische Hüne (neun Punkte, neun Rebounds) selbst ist ohnehin nicht verdächtig, es locker angehen zu lassen. Aber diesmal zogen eben auch die Kollegen mit. Gleich sechs Münchner punkteten zweistellig, vor allem Kapitän Bryce Taylor (14 und fünf) und der erst 21-jährige Paul Zipser (elf und fünf) bewiesen Willenskraft. Für Zipser gab es sogar Schwärmereien: "Am Ende muss man sich auf den Alten verlassen", scherzte Sportdirektor Marko Pešić, der dem jungen Deutschen eine "geniale" Leistung attestierte.

"Ich liebe es, wenn wir unterschätzt werden"

Pešić Junior dürfte an diesem Abend der einzige Mensch gewesen sein, der noch bessere Laune hatte als sein Vater Svetislav. Er hatte es alles kommen sehen: "Das soll jetzt nicht arrogant klingen, aber mir war klar, dass wir heute gewinnen. Ich liebe es, wenn wir unterschätzt werden." Diesen Seitenhieb Richtung Berlin wollte er sich nicht verkneifen. Die 26-Punkte-Pleite in Spiel eins sei schon am Montag kein Thema mehr gewesen. "Für mich war logisch, dass wir nicht noch mal so ein Spiel abliefern. Dass wir es so gut hingekriegt haben, zeugt von Charakter."

Um die Serie zu gewinnen, muss der Titelverteidiger nun aber einen Sieg aus Berlin klauen - auswärts zu gewinnen, das ist der Schlüssel für die Münchner, die das Heimrecht durch ein paar Durchhänger während der regulären Saison verschenkten. Die Gelegenheit bekommen sie schon am Sonntag um 16 Uhr in der Halle am Berliner Ostbahnhof. Dem Ort, an dem die Bayern vergangenes Jahr die Meisterschaft gewannen.

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