FC Bayern in der Champions League:Robben ist gerührt von den Eindhoven-Fans

Lesezeit: 3 min

Thiago (links) freut sich mit Arjen Robben. (Foto: dpa)

Beim 4:1 des FC Bayern in der Champions League spielt Arjen Robben so gut wie seit Jahren nicht. Sogar die Gäste-Anhänger feiern ihn.

Aus dem Stadion von Jonas Beckenkamp

Fast alles hat Arjen Robben in seiner langen Karriere als Fußballspieler schon erlebt, aber das? Sprechchöre mit seinem Namen aus dem gegnerischen Fanblock? Das konnte eigentlich nur Häme sein. Robben, der Schwalbenmann, der Provokateur, dessen Dribblings so einzigartig sind in der Welt, dass sie nun mal meistens klare Verlierer hervorbringen. Wer diesem Kerl aus der Kurve der Bayern-Gegner zusieht, fühlt sich in der Regel herausgefordert. Aber diesmal befanden sich weit oben unterm Dach nicht irgendwelche Gästefans. Es waren Robbens Anhänger aus Eindhoven.

Die PSV-Familie hatte hörbar nicht vergessen, dass er mal einer von ihnen war, een Eindhovense jongen. Zwischen 2002 und 2004 trug er das rotweiße Shirt, seine Tore brachten die Meisterschaft, und Robben wehte damals sogar noch recht volles Haar vom Kopf. Heute ist er mit Abstand der Glatzigste im Bayern-Kader, nach acht Jahren München gilt Robben als Institution des FC Bayern - Sonderapplaus gab es in all den Jahren entsprechend nur vom Münchner Volk. Man stelle sich mal Dortmunder Zuschauer vor, die Arjen Robben beklatschen.

Robben befreit die flache Ecke aus der Schmuddelkiste des Fußballs

"Das ist eine schöne Wertschätzung", sagte der Niederländer über die Gesänge aus Eindhoven, "das hat mir sehr gut getan, es war wirklich schön." Bei seiner Auswechslung erhoben sich diesmal auch die trägsten Sitzenbleiber in der Arena, denn einen so guten Robben gab es lange nicht zu sehen in München. Das 4:1 am Mittwoch gegen die PSV war eines der stärksten Spiele des 32-Jährigen seit seinem Formhöhepunkt im Jahr 2013. Plötzlich staunte das Publikum wieder über Haken im Vorspultempo, über Robbens Drang ins Herz der gegnerischen Defensive, über sein Talent zur Kreativlösung.

Schon früh hatte Robben mit einem Stilelement Erfolg, das er schon seit einigen Wochen aus der Schmuddelkiste des Fußballs zu befreien versucht: die flach hereingespielte Ecke. Sein Gedankenblitz im Verbund mit Thomas Müller bescherte den Bayern diesmal das 1:0, während ganz Eindhoven nur zuschaute. "Ich kenne Thomas mittlerweile sehr gut. Mit ihm kann man Standards schnell ausführen", erklärte Robben, "er ist sehr schlau. Aber ich muss sagen, dass mein PSV-Herz auch ein bisschen weh tat." So eine Schläfrigkeit nach einem ruhenden Ball dürfe einer Champions-League-Mannschaft nicht passieren, lautete das Urteil von Chef-Kritiker Robben.

FC Bayern
:Eckballtrick mit Thomas Müller

Das schlitzohrigste Schlitzohr ist schlauer als Eindhoven, Thiago gibt den diensthabenden Zauberer und Arjen Robben gewinnt das Applaus-Duell. Die Bayern in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Christopher Gerards

Ebenso verblüffend gestaltete sich später jene Szene, die zum 3:1 führte, und bei der Robben einen Slalomlauf von der rechten Seite in die Mitte mit einem scharfen Schlenzer vollendete. Seinen Abpraller setzte Robert Lewandowski per Kopf ins Tor. Bei der PSV hatten sie diese schon tausendfach vorgeführte Spezialität von Robben offenbar aus ihrer Erinnerung getilgt. Anders Mats Hummels, der sich das Spektakel von hinten angeschaut hatte: "Er war sehr aktiv heute, immer nach vorne unterwegs. Er ist elementar für uns mit seinen Dribblings."

Neuerdings kann er auch Kopfballtore

Ob Lewandowski das auch so empfand, war nicht aus dem Polen herauszukriegen. Er vermied es auch auf wiederholte Nachfrage, sich positiv über den Holländer zu äußern. Robbens Spielweise, dessen noch immer nicht ganz verflogener Ruf als Egoist am Ball, die aufreizenden Individual-Inszenierungen, all das polarisiert eben - auch im eigenen Team. Andererseits braucht ein Robben in dieser Form auch keine zehn besten Freunde in seiner eigenen Mannschaft, sein Können müssen die anderen akzeptieren.

Dass zu diesem Können neuerdings auch Kopfballtore gehören, rundete den Abend gebührend ab. Es gibt nämlich selbst für Arjen Robben noch erste Male in diesem Geschäft: Das 4:1 erzielte der Unersättliche mit seiner Glatze auf Pass von Thiago - Robbens erster Kopfballtreffer überhaupt in all den Jahren in der Champions League. "Man ist eben nie zu alt, um so was noch hinzukriegen. Ich habe meinen Kopf aber schnell wieder eingezogen, da ich nicht wusste, ob der Torwart von hinten angesprungen kommt", sagte das neue Kopfballungeheuer Robben. "Das Schöne an dem Tor war aber der Pass von Thiago. Ihm gehört die Anerkennung!" So ein Abend war es also: Anerkennung für alle. Von allen. Selbst vom Gegner.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Champions League
:Im Herzen sind die Bayern verwundbar

Das 4:1 gegen Eindhoven tut dem FC Bayern nach nervösen Wochen sichtlich gut. Doch die Partie zeigt auch, wo es unter Trainer Ancelotti nach wie vor hapert.

Aus dem Stadion von Jonas Beckenkamp

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: