FC Bayern:Ein Einstand fast wie gemalt

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Jupp Heynckes erlebt bei seinem Comeback als Bayern-Trainer einen 5:0-Sieg gegen den FC Freiburg. (Foto: dpa)
  • Der FC Bayern gewinnt beim Comeback von Trainer Jupp Heynckes 5:0 gegen den SC Freiburg.
  • Manches erinnert an die Triple-Saison 2013 - doch der Trainer äußert auch mahnende Worte.
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Aus dem Stadion von Maik Rosner, München

Hinterher führte Thiago Alcántara sogar eine jener Veränderungen mit sich, die Rückkehrer Jupp Heynckes beim FC Bayern in den vergangenen Tagen angestoßen hatte. Mit einem Pizzakarton und einem Apfel in den Händen machte sich der Mittelfeldspieler auf den Weg aus der Arena. Auf einen großen Stab mit Ernährungsberatern oder Psychologen verzichtet Heynckes. Vielleicht auch, weil der erfahrene Trainer seinem Einfluss auf die Befindlichkeiten seiner Spieler vertraut. Und wohl ebenso, weil er es für unabdingbar hält, dass die Arbeit Freude und Genuss bereitet und auch Raum für Lockerheit lässt.

Das 5:0 (2:0) gegen den SC Freiburg im ersten Spiel von Heynckes nach viereinhalb Jahren im Ruhestand erfüllte all diese Ansätze schon ziemlich gut, trotz ein paar Schönheitsfehlern. "So haben wir uns das ausgemalt", sagte Innenverteidiger Mats Hummels. Zwar seien "ein paar Wackler zwischendurch" zu beklagen, "aber das große Ganze hat gepasst. Einer war für den anderen da. Es hat Spaß gemacht."

Auf den Weg gebracht worden war der erste Sieg nach drei Spielen ohne Sieg durch ein Eigentor von Freiburgs Kapitän Julian Schuster (8.), dem ein derartiges Missgeschick schon im Spiel zuvor gegen die TSG Hoffenheim unterlaufen war. Kingsley Coman erhöhte noch vor der Pause auf 2:0 (42.), in der letzten halben Stunde trafen noch Thiago (63.), Robert Lewandowski (75.) und Joshua Kimmich per Hackentrick (90.+3). Ein Einstand also fast wie gemalt für Heynckes. Oder doch nicht? "Ich denke nicht, dass alles rosig war. Gerade im Defensivverbund müssen wir noch besser zusammenspielen", befand Rechtsverteidiger Kimmich selbstkritisch.

Heynckes stärkt seine Champions-League-Helden

Nicht besser als "ganz okay" bewertete sein 72 Jahre alter Trainer den Auftritt seiner Mannschaft in seinem 1012. Bundesligaspiel. Dieses Urteil gelte allerdings nur, schränkte er gar ein, "wenn ich die Freiburger Chancen weglasse". Die hatte es in der Tat vereinzelt gegeben, und stärkere Gegner hätten womöglich mehr daraus gemacht. Doch übergeordnet war vor allem der Aufschwung der Münchner unverkennbar gewesen. Das galt besonders für die zweite Halbzeit, in der die Bayern durchweg dominierten. "So stelle ich mir das vor", sagte Heynckes.

Für all jene, die sich von seiner Rückkehr gleich eine rauschhafte Gala versprochen hatten, könnte der eine Stunde lang doch etwas beschwerliche Einstand fast eine kleine Enttäuschung gewesen sein. Viele andere Erwartungen hingegen, die mit Heynckes verbunden waren, hatten sich erfüllt. Angefangen bei der Startformation, die wie eine Reminiszenz ans Jahr des Triplegewinns daherkam. Bis auf Rafinha und Ersatztorwart Tom Starke fanden sich alle verfügbaren Spieler aus dem Finale der Champions League von 2013 in der Startelf wieder, also Jérôme Boateng, David Alaba, Javier Martínez, Arjen Robben und Thomas Müller.

Auch die Spielanlage erinnerte stark an jene Saison, die als die erfolgreichste in die Vereinsgeschichte eingegangen war und nach der Pep Guardiola die Nachfolge von Heynckes angetreten hatte. Wie damals gab Martínez mit leidenschaftlichem Einsatz den Balldieb vor der Viererkette und ließ sich zuweilen im Aufbau hinter die Innenverteidiger Boateng und Hummels fallen. Wie damals ordnete Heynckes ein flexibles Angriffsspiel an, in dem vor allem Robben häufig seine angestammte rechte Außenbahn verließ. Und wie damals stand alles unter dem Motto "kontrollierte Offensive", mit Betonung auf kontrollierte.

Die finale Zuspitzung geriet zwar noch ausbaufähig. Doch sonst? Frühes Anlaufen war zu beobachten, insgesamt mehr Bewegung und Stabilität sowie Martínez als einziger Sechser, der nun allerdings mit einer Schulterverletzung längere Zeit ausfallen könnte. Eine Diagnose steht noch aus.

Herausgekommen war ein Spiel, das die Bayern fast durchgehend souverän dominierten. Ein paar Reminiszenzen an die zuletzt ziemlich betrübliche Zeit unter dem beurlaubten Cheftrainer Carlo Ancelotti schimmerten an diesem goldenen Oktobertag aus Münchner Sicht allerdings schon durch in Heynckes' Retro-Gemälde. Wie gleich zu Beginn beim Stande von 0:0, als Freiburgs Ryan Kent nach Kimmichs Fehler frei vor Torwart Sven Ulreich zum Abschluss kam, aber an dessen Fußabwehr scheiterte. Oder wie in jener Phase kurz vor dem zweiten Tor der Bayern, in der den Freiburgern mehrfach gefährliche Torannäherungen gestattet wurden, wovon ein Kopfball von Mike Frantz die beste Gelegenheit darstellte.

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Aus dem Stadion von Martin Schneider

"Im Fußball gibt es keine perfekten Spiele, aber wir haben es ganz gut gemacht", befand Müller. Die nun zu erwartenden Lobeshymnen werde man aber "nicht mitsingen". Ein ordentlicher Anfang war Heynckes' Einstand, mehr nicht, so ordneten Müller und Kollegen diesen ein. Und einer, der einen heimlichen Gewinner hervorbrachte, welcher 2013 noch nicht dabei war: Thiago agierte äußerst spielfreudig, gab filigran die Drehscheibe im zentralen Mittelfeld und krönte seinen starken Auftritt mit seinem wohldosierten Flachschuss zum 3:0.

Genießen durfte er sein erstes Spiel unter Heynckes danach mit Pizza und Apfel. Vergnügt zog er von dannen.

© SZ vom 15.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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