FC Barcelona nach der Niederlage:"Wir sind eben nicht mehr die Besten"

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Enttäuscht, geschlagen: Barcelonas David Villa. (Foto: dpa)

Auch der FC Barcelona muss sich verändern: Nach dem deprimierenden 0:7 in zwei Partien gegen den FC Bayern beginnt die Spurensuche nach den Gründen für die Machtverschiebung im europäischen Fußball. Doch das Barça-Publikum schimpft nicht - es applaudiert.

Von Jonas Beckenkamp, Barcelona

Als die Götter vom Himmel fielen, kauerte ihr Begnadetster mit verschränkten Armen auf der Bank. Da saß Lionel Messi, der Mann für den 50 Tore pro Saison wie morgens Kaffeemachen ist, und er konnte nichts tun gegen diese bayerische Übermacht. Weil er nicht fit war. Es war dieser Moment noch vor dem Rückspiel dieses Halbfinals zwischen Barcelona und dem FC Bayern, als das ruhmreiche Barça quasi die Waffen niederlegte. Ohne ihren Besten, ihre menschgewordene Dauerhoffnung, würde es hier nichts zu holen geben.

Später, als die Zuschauer ein vernichtendes 0:7 in beiden Spielen gerade apathisch verdauten, schlichen sie geschlagen vom Platz: Xavi und Iniesta, die beiden anderen Wundertypen des Weltfußballs - und eben Messi. Die Fans im Camp Nou hatten nicht vergessen, ihren Helden zu danken. Sie spendeten ihnen Trost und einen warmen Abschied ohne Pfiffe. Es war eine Szene des Respekts für dieses Ensemble, das dieses Mal einfach nicht auf der Höhe seines Könnens agierte.

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Schmerzhaft und erniedrigend scheide der FC Barcelona aus, finden die spanischen Zeitungen. Dass der FC Bayern angesichts von 7:0 Toren verdient im Finale stehe, wird auch in Großbritannien anerkannt. Die Inselpresse freut sich auf die "angelsächsischen Cousins".

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Aber lag es wirklich nur an der aktuellen Formschwäche und Verletzungsmisere der Katalanen? "Wenn ein Team so überlegen ist wie Bayern, gilt es, das anzuerkennen und zu gratulieren," sagte Verteidiger Piqué: "Wir sind eben nicht mehr die Besten." Diese schmerzhafte Einsicht schienen die meisten Beobachter zu teilen. Noch in der Nacht titelte das Madrider Fußballsprachrohr Marca auf seiner Webseite: "0:7 - Barca einfach plattgemacht."

Schon tags danach beginnt in Spanien die Spurensuche nach den Gründen der vorübergehenden Machtverschiebung - und die führt gleich zum armen Messi. Wenn er gespielt hätte, hätte er sich noch schwerer verletzen können, räumte Trainer Tito Vilanova ein. Daher war der Plan: Nur wenn es ernsthafte Chancen auf eine Aufholjagd geben würde, stünde Messi als Energiebringer bereit. Dazu kam es nicht.

So musste der Rest des Teams den Abend ohne große Gegenwehr über sich ergehen lassen. "Beide Partien haben uns sehr weh getan," versicherte Mittelfeldantreiber Iniesta entwaffnend ehrlich, ehe er in bester Trainermanier die Pleite analysierte: "Wir waren nicht so gut wie sonst, obwohl wir alles gegeben haben. Uns fehlte nach vorne die Gefährlichkeit." Das mit dem Toreschießen fiel ihnen in diesem Halbfinale verdammt schwer, immer wieder zeigte sich, wie wirkungslos die schöne Kurzpasskunst der Katalanen ohne einen Verwerter wie Messi ist.

Wie es nun weitergeht mit dem einstigen "Dreamteam" ( Marca über das Team unter Pep Guardiola), darüber waren sich die Beteiligten nicht ganz einig. Kapitän Xavi, ein stets besonnener Fußballbuddha, wollte in die großen Untergangsszenarien nicht einsteigen. "Diese Mannschaft hat Zukunft. Wir sollten es nicht so drastisch sehen." Das mag stimmen, schließlich stehen außer dem 33-Jährigen selbst und Volksheld Carles Puyol (35) die meisten anderen noch voll im Saft ihrer Jugend. Und mit dem Nachwuchs hatten sie ohnehin noch nie ein Problem.

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Es gab auch pikantere Äußerungen, wie jene von Abwehrmann Piqué: "Unsere jetzige Situation ist unangenehm. Für das kommende Jahr müssen wir eine Entscheidung treffen." Was der wortgewandte Riese genau meinte, führte er nicht aus, aber es klang wie der Ruf nach Verstärkungen. Spieler wie David Villa, Cesc Fàbregas oder Alexis Sánchez, die gegen die Bayern allesamt enttäuschten, scheinen kaum Zukunft zu haben im rotblauen Trikot.

Auch Barcelona - so die Lehre aus diesem Abend - wird sich verändern müssen. Die Götter sind ein wenig müde geworden.

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