FC Augsburg:Der Möbelpacker, der wie Gerd Müller spielt

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Bauchfrei im Februar präsentiert sich Augsburgs Angreifer Rául Bobadilla, als er seinen Siegtreffer in letzter Minute gegen Werder Bremen feiert. (Foto: imago/DeFodi)
  • Raúl Bobadilla steht mit seiner Wucht und Willenskraft beim 3:2 gegen Bremen stellvertretend für den Aufschwung des FC Augsburg.
  • Der FCA hat unter seinem neuen Trainer Manuel Baum schon zehn Punkte aus fünf Spielen geholt.
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Von Maik Rosner

Hinterher ist Raúl Bobadilla natürlich herumgereicht worden, was schon deshalb eine gute Idee war, weil dabei die Sätze des Abends fielen. Vor einer Fernsehkamera nach der anderen baute sich der kräftige Angreifer auf, der auch einen guten Türsteher oder Möbelpacker abgeben könnte. Beim FC Augsburg sind sie allerdings äußerst froh, dass Bobadilla derzeit von Gedanken an einem Jobwechsel ungefähr so weit entfernt ist wie die Mannschaft von ernsthaften Sorgen, in dieser Saison abzusteigen.

Dieser Umstand hatte nach dem turbulenten 3:2 (1:1) gegen Werder Bremen am Sonntag sehr viel mit Bobadilla zu tun, dem in der vierten Minute der Nachspielzeit das entscheidende Tor gelungen war. Seine Beschreibung jener Szene, in der er sich mit seinem bulligen Körper um Bremens Ulisses Garcia gewickelt und den Ball ins Tor geschossen hatte, stand stellvertretend für die Unnachgiebigkeit der gesamten Mannschaft. "Ich habe den Ball gar nicht gesehen. Irgendwie habe ich ihn getroffen - und er war drin", berichtete er.

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Gerd Müller? "Bissl Gemeinsamkeit gibt's da wirklich"

Es hat im Fußball schon einige derartige Szenen gegeben, vor allem durch den bekanntesten Vertreter der Disziplin "krumme bis unmögliche Tore". Gerd Müller war dieser Spezialist. Und beim FC Augsburg haben sie dem Vergleich mit dem berühmten Weltmeister vom FC Bayern gerne zugestimmt, wenngleich er ihnen ein bisschen zu hoch gegriffen schien. Trotz aller Überzeugung von Bobadilla, mit dem sie sich jüngst auf eine Zusammenarbeit bis 2020 verständigten. "Bissl Gemeinsamkeit gibt's da wirklich, wie er sich um die Gegenspieler rumdreht und wie schwierig er zu verteidigen ist", sagte Trainer Manuel Baum vorsichtig über die Parallelen zu Müller, um danach grundsätzlich festzustellen, dass der Argentinier mit der Spielberechtigung für Paraguay "natürlich einen immens großen Anteil" an diesem befreienden Erfolg gehabt habe.

Das ließ sich nicht bestreiten, zumal Bobadilla Jonathan Schmids zwischenzeitlichen Ausgleich (28.) auf ähnlich instinktsichere Weise vorbereitet hatte. Hinzu kamen weitere Offensivaktionen, mit denen er die Bremer Hintermannschaft beschäftigte. Und das, obwohl er eine Hinrunde hinter sich hat, in der er auf nur fünf Einsätze kam, weil ihn Verletzungen an Schulter und Wade zu Absenzen zwangen. Und obwohl Bobadilla noch einen gehörigen körperlichen Rückstand aufarbeiten muss. Dennoch zeichnet sich ab: Die Hereinnahme des lange Verletzten unter Baum steht für den Augsburger Aufschwung.

Trotzdem war dem Trainer bei all den Elogen auf seinen aktuellen Neuner mindestens ebenso wichtig wie Manager Stefan Reuter: Grundlegend entscheidend gewesen sei vor allem die Bereitschaft der gesamten Belegschaft, alles zu versuchen, wofür sie in Bobadilla nur das beste Beispiel sahen. "Es war einfach die Energieleistung und der Wille der Mannschaft, auch nach zweimaligem Rückstand immer wieder zurückzukommen", sagte Baum, ganz der Realschullehrer. "Die Freude ist riesig, weil es eine enorme Willensleistung der Mannschaft war", lobte auch Reuter.

Nach den Rückständen durch Theodor Gebre Selassie und Max Kruse waren die Augsburger jeweils zum Ausgleich gekommen. Erst durch Schmid, dann durch Ja-Cheol Koo, ehe sie sich durch Bobadillas Pointe mit nun 24 Punkten bereits deutlich von der Abstiegszone absetzten. "Wir wussten, dass wir einen Riesenschritt machen, wenn wir das Spiel gewinnen. Den haben wir auf kuriose Art gemacht", sagte Linksverteidiger Philipp Max vergnügt.

"Mutig ist ein guter Begriff"

Acht Punkte Vorsprung haben die Augsburger nun schon auf den Relegationsplatz 16, maßgeblich unter Baum erwirtschaftet. In seinen ersten fünf Spielen als Cheftrainer der Profis sammelte der FCA zehn Punkte. Vor allem durch drei Siege - so viele wie unter Vorgänger Dirk Schuster in 14 Versuchen. Dass der jüngste Erfolg eher glücklicher Natur war in einem Spiel, das Bremen vorzeitig für sich hätte entscheiden müssen, wissen sie beim FCA. Dennoch dürften sie sich gestärkt fühlen vor dem Vergleich am Freitag beim FSV Mainz 05, trotz Dominik Kohrs Gelbsperre und des Ausfalls von Koo wegen einer Sprunggelenksverletzung. Bei allem Verbesserungsbedarf sehen sie Baums Spielidee ja mindestens ordentlich umgesetzt.

Dem Trainer geht es dabei um zentrale Elemente, die gegen Werder in der ersten Halbzeit und erst wieder gegen Ende der zweiten Hälfte so funktionierten, wie er sich das vorstellt: "Mutig ist ein guter Begriff, auch der Begriff zielstrebig ist wichtig", erklärte Baum. Bälle im Pressing erobern, zielgerichtet aufbauen und abschließen: Dieses Muster "soll uns auszeichnen". Unerlässlich sei für Baum zudem eine Anweisung, die besonders Bobadilla befolgte: "Niemals aufgeben!"

© SZ vom 07.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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