Europa League:Klopp: "Wir werden zurückkommen"

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  • Jürgen Klopp verpasst es, sich mit dem Gewinn der Europa League beim FC Liverpool unsterblich zu machen.
  • Stattdessen verliert der Ex-Dortmunder sein fünftes Finale in Serie. Dennoch blickt er trotzig in die Zukunft.
  • In der kommenden Saison muss Klopp sich nun über die Premier League empfehlen - und bekommt dabei wohl starke Konkurrenz.

Von Sebastian Fischer, Basel

Es ist ja nur Fußball, aber manchmal ist es so verdammt hart, das zu akzeptieren. Ein Schuss mit der Außenseite, der sich so schön ins Eck dreht, dass Gedichte darüber geschrieben werden sollten, ist am Ende nur das Ergebnis Tausender Trainingsstunden, während denen ein Mann wie der englische Fußballer Daniel Sturridge auch etwas anderes, Sinnvolles hätte tun können. Eine Taktik ist 90 Minuten später manchmal nur noch ein Wirrwarr aus Strichen und Kreisen. Und was ist schon so ein schnöder Silberpokal wert?

Alles, wird Jürgen Klopp in den nächsten Tagen immer wieder denken: alles. Obwohl er es ja besser weiß.

"Es gibt größere Probleme im Leben. Aber in diesem Moment fühlt es sich nicht so an. Es ist sehr hart." Mit diesen Worten hat sich Klopp, der Trainer des FC Liverpool, in die Sommerpause verabschiedet. Er stand danach rasch auf von seinem Platz auf dem Podium im St.-Jakob-Park, er verschwand schnell in der dunklen Basler Nacht und hinterließ die Frage, wie ihn dieser Abend verändern würde; der Abend, an dem er das Finale um die Europa League mit 1:3 gegen Sevilla verlor.

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Klopp, 48, ist für viele Menschen einfach nur ein nerviger Trainer mit ein paar natürlichen und ein paar künstlichen Haaren, der eigenartige Grimassen schneidet. Für mindestens genauso viele ist er einer der charismatischsten und besten Fußballtrainer der Welt. Er hätte seit Mittwoch der Trainer sein können, der mit dem FC Liverpool den Europapokal gewinnt, darüber hätte es dann keine zwei Meinungen gegeben. Doch jetzt ist Jürgen Klopp erst mal bis auf Weiteres der Trainer, der fünf Endspiele nacheinander verloren hat. Fünf!

Kein "beautiful day" für Klopp

Es regnete in Strömen nach dem Schlusspfiff in Basel, und dann untermalten sie im Stadion den Jubel des FC Sevilla auch noch mit einem fröhlichen Lied von U2: "It's a beautiful day!" Das wird Klopp nun erst mal nicht aus dem Kopf gehen. Er wollte weg aus dem Innenraum des Stadions, das verriet jede Faser seines Körpers, doch er musste seine Spieler aufrichten, den deutschen Nationalspieler Emre Can, 22, zum Beispiel. Klopp musste gemeinsam mit ihnen seine nächste Silbermedaille abholen, ein paar zu viele habe er schon zu Hause, hatte er vorher geflachst.

Als der FC Sevilla schließlich vor den Konfettikanonen seinen Fabelrekord feierte, den dritten Europapokal-Titel in Serie und einen verdienten Sieg, da war Klopp längst in den Katakomben verschwunden. Doch auch dort hatte er nicht lange seine Ruhe. Zwölf Interviews habe er geben müssen, berichtete er mit gequälter Stimme. Eines davon mit einem Witzbold, der ihn vor laufender Kamera fragte, was man denn an so einem Abend am besten zu Jürgen Klopp sagen solle: "Kopf hoch oder Klopp hoch?" Haha! Klopp schaute, als würde er den Mann am liebsten aufessen.

Es ist ja nur Fußball, aber manchmal ist Fußball eben so verdammt hart.

Wer Klopp in Basel erlebte, am Ende seines ersten Trainerjahres beim FC Liverpool, der erlebte ihn meist gut gelaunt. Am Dienstag kicherte er mit seinen Spielern beim Training, am Mittwoch lief er vor dem Spiel beschwingt vom Bus in die Stadionkabinen, eine Kamera verfolgte ihn dabei. Auf dem Rasen lauschte er dann ergriffen den Fans, wie sie "You'll never walk alone" sangen. Kurz vor der Halbzeit sangen die Fans zum ersten Mal Klopps Namen.

Es wäre sein Triumph gewesen, ganz egal wie schön Sturridges Außenristschlenzer zum 1:0 auch war. Niemand außer ihm hatte der Mannschaft etwas zugetraut, als er sie im Oktober übernommen hatte, das hat Klopp vor diesem Finale nochmals betont. In sieben Monaten hat er ihnen Klopp-Fußball beigebracht - mehr als nur das charakteristische hohe Anlaufen der gegnerischen Verteidigung. Nach vorsichtigem Beginn spielte Liverpool zeitweise zielstrebig nach vorne, über die wuseligen Philippe Coutinho und Roberto Firmino.

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Doch das Spiel wurde zum Spiegelbild einer Saison. Liverpool und Klopp passen zusammen, gewiss, er wird dort selbst für Platz acht gefeiert, die schwächste Platzierung der Reds seit 1962. Aber Liverpool spielt nicht konstant genug, ist anfällig für Rückschläge. Am Mittwoch traf nach 17 Sekunden der zweiten Halbzeit Sevillas Stürmer Kevin Gameiro, er traf Klopp ins Herz. "In diesem Moment haben wir den Glauben in unseren Spielstil verloren", versuchte der Trainer zu erklären, wie in der Folge alles schiefging. Zwei Tore durch Sevilla-Kapitän Coke, einmal schön herausgespielt, einmal schlecht verteidigt. Vorbei.

"Es ist mein Ziel, die Leute zu unterhalten"

Klopps erste Finalniederlage in der Champions League 2013 gegen den FC Bayern mit Borussia Dortmund war noch eine stolze gewesen. 2014 im DFB-Pokal, wieder gegen die Bayern, waren die Schiedsrichter schuld, weil sie ein Tor von Hummels übersahen. 2015, in Klopps letztem Dortmunder Spiel, war Wolfsburg besser, die Niederlage in diesem Jahr im League Cup gegen ManCity war nicht so dramatisch. Die fünfte hat von allen etwas: Auch Schuldzuweisungen an die Schiedsrichter und ein zähnefletschender Klopp, der sich vor dem vierten Offiziellen aufbaut.

"Es ist mein Ziel, die Leute zu unterhalten", sagt Klopp. Aber Unterhaltung allein kann ja nicht alles sein in dieser inzwischen 15 Jahre alten Trainerkarriere. Dass er die Herzen der Menschen erobern kann, das hat er auch in Liverpool bewiesen. Aber in der kommenden Saison ist er wieder Konkurrent seines alten Lieblingsfeindes Pep Guardiola. Die Premier League wird demnächst wieder zur Liga der außergewöhnlichen Trainer. Und Klopp wird sich behaupten müssen. Wie also wird ihn dieser Abend verändern?

Liverpool ist ja nun nicht für Europa qualifiziert. Ob das die geplanten Transfers verhindert, etwa den von Mario Götze? Klopp sagte: "Wir werden etwas auf dem Transfermarkt tun, das ist klar." Und: "Kein Fußball am Mittwoch, keiner am Donnerstag. Wir werden das nutzen, hart trainieren und stärker zurückkommen." Die wichtigste Maßnahme nach Niederlagen sei Selbstkritik. Trotzig zu sein nach Rückschlägen, das war schon einst in Mainz seine Stärke, wo ihm erst im dritten Anlauf nach zwei Mal knappem Scheitern der Aufstieg in die erste Liga gelang.

"Es wird ein sechstes Finale geben", sagte Klopp in Basel, ehe er in die Sommerpause verschwand, und für einen Moment wich die Traurigkeit aus seinem Blick, Kampfeslust flackerte auf. Er sagte: "Ich werde bereit sein."

© SZ vom 20.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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