EM-Ticker:Platini nennt kroatische Rassisten "Arschlöcher"

Lesezeit: 5 min

Der Uefa-Präsident greift die kroatischen Fans mit harten Worten an, die Italiens Stürmer Balotelli beleidigt haben sollen. Der Verband verurteilt außerdem den Dänen Bendtner zu einem Spiel Sperre und 100.000 Euro Geldstrafe - weil er Werbung auf seiner Unterhose zeigte. Andrej Schewtschenko könnte den Ukrainern gegen England fehlen.

EM-Nachrichten in Kürze

Uefa-Präsident Michel Platini. (Foto: Getty Images)

Rassismus, Platini: UEFA-Präsident Michel Platini hat rassistische Fans in Fußball-Stadien als "Arschlöcher" bezeichnet. Im Zusammenhang mit den Ermittlungen des Verbandes wegen des Fehlverhaltens kroatischer Fans während der EM sagte der Franzose im Gespräch mit mehreren Nachrichtenagenturen in Warschau: "Ich war vor einem Jahr in Kroatien, und ich bin nicht glücklich über Kroatien. Sie haben ein Team, das guten Fußball spielt, aber wenn du ein paar hundert Arschlöcher im Stadion hast - das ist nicht akzeptabel." Kroatische Fans hatten im zweiten Gruppenspiel in Posen gegen Italien den dunkelhäutigen Angreifer Mario Balotelli beleidigt. Der nationale Verband muss nun eine schwere Strafe fürchten. Das UEFA-Disziplinarkomitee will an diesem Dienstag ein Urteil fällen. Grundsätzlich sei er mit der Atmosphäre in den EM-Stadien "sehr, sehr zufrieden", sie sei "zu 99 Prozent" in Ordnung.

Niederlande, Hemreise: Die niederländische Fußball-Nationalmannschaft ist am Montagabend wieder in der Heimat angekommen. Das Team landete auf dem Flughafen Schiphol in Amsterdam. Nach dem vorzeitigen EM-Aus wurde der Vizeweltmeister nur von wenigen Anhängern empfangen. Die meisten Spieler schenkten den anwesenden Fans keine Aufmerksamkeit und verschwanden mit hängenden Köpfen. Lediglich Arjen Robben, Mark van Bommel und Wesley Sneijder verteilten einige Autogramme. Das Oranje-Team war am Sonntagabend nach drei Niederlagen erstmals seit 32 Jahren wieder in der Vorrunde einer Europameisterschaft ausgeschieden.

Nicklas Bendtner, Strafe: Der Däne Nicklas Bendtner muss für seine Werbe-Aufschrift auf der Unterhose büßen. Die Europäische Fußball-Union verurteilte den Nationalspieler wegen Verstoßes gegen die UEFA-Richtlinien zu einem Pflichtspiel Sperre und 100.000 Euro Geldstrafe. Bendtner hatte nach seinem Tor zum 2:2 im EM-Gruppenspiel gegen Portugal beim Jubeln sein Trikot hochgezogen und damit den Schriftzug einer irischen Wettfirma auf der Unterhose entblößt. Der Disziplinar- und Kontrollausschuss der UEFA wertete dies nun als plumpe Werbung, die den Spielern bei der EM strikt untersagt ist. Bendtner fehlt den Dänen damit am 8. September zum Auftakt der WM-Qualifikation im Heimspiel gegen Tschechien. Der Stürmer hatte sich damit gerechtfertigt, dass die Unterhose ein Geschenk von seinem Bekannten gewesen sei, dem die Wettfirma gehört. "Ich habe die Hose von einem Kumpel geschenkt bekommen. Sie sollte mir nur Glück bringen", hatte Bendtner gesagt. Der Sunderland-Profi hat drei Tage Zeit, gegen das Urteil in Berufung zu gehen.

Portugal, Viertelfinale: Einen Tag nach dem Einzug Portugals ins EM-Viertelfinale hat Trainer Paulo Bento seiner Mannschaft trainingsfrei gegeben. Die "Seleccao" hatte am Sonntag dank zweier Treffer von Cristiano Ronaldo die Niederlande 2:1 (1:1) geschlagen und war ins Viertelfinale eingezogen. Dort trifft Portugal am kommenden Donnerstag in Warschau auf Tschechien (20.45 Uhr).

Ukraine, Verletzungssorgen: EM-Gastgeber Ukraine bangt vor dem entscheidenden Gruppenspiel bei der Fußball-Europameisterschaft am Dienstag gegen England um den Einsatz von Topstürmer Andrej Schewtschenko. Der 35-Jährige konnte am Sonntag wegen einer Knieverletzung nicht am öffentlichen Training des Teams in Donezk teilnehmen. "Er hat in beiden Spielen einen Schlag bekommen. Er hat Flüssigkeit im Knie", sagte ein Teamsprecher. Sollte der Doppel-Torschütze des Auftaktspiels gegen Schweden (2:1) ausfallen, würde Marko Devic als Ersatz infrage kommen. Das Team von Nationaltrainer Oleg Blochin bereitete sich vor rund 1000 Zuschauern im Stadion von Metalurg Donezk vor.

Kroatien, Bilic: Nationaltrainer Slaven Bilic hat die rassistischen Handlungen einiger kroatischer Fans auf das Schärfste kritisiert. "Ich bin enttäuscht. Als Kroate, als Vater, als Sportsmann, als jemand, der aus einem modernen Staat kommt, in dem jeder willkommen ist", sagte der 43-Jährige am Sonntag auf einer Pressekonferenz in Danzig. Diese "verrückten Fans" verdienten ihre gerechte Strafe: "Wir dürfen das nicht kleinreden. Sie müssen bestraft werden, um sie für immer zu stoppen", fuhr Bilic fort. Die Europäische Fußball-Union UEFA hat wegen der Vorkommnisse am Rande des zweiten Gruppenspiels gegen Italien (1:1) ein Disziplinarverfahren gegen den kroatischen Fußballverband HNS eröffnet. Sie wirft den Fans "das Werfen von Feuerwerkskörpern und ungebührliches Verhalten" vor. Augenzeugenberichten zufolge hatten kroatische Anhänger den dunkelhäutigen italienischen Stürmer Mario Balotelli mit Bananen beworfen. Die Disziplinarkommission wird sich mit dem Fall am kommenden Dienstag befassen.

Tschechien, Verletzungssorgen: Die tschechische Fußball-Nationalmannschaft muss wohl auch im Viertelfinale der EURO 2012 in Polen und der Ukraine auf Spielmacher Tomas Rosicky verzichten. Der 31 Jahre alte Ex-Dortmunder laboriert nach wie vor an Achillessehnenbeschwerden. "Es gibt eine ganz kleine Chance, dass ich spiele, aber sie ist nicht sehr groß", sagte der Arsenal-Profi. Auch Trainer Michal Bilek hat wenig Hoffnung: "Alle geben ihr Maximum, dass er fit wird. Aber es wird sehr schwierig." Schon im letzten Vorrundenspiel in Breslau gegen Polen hatte Rosicky nicht mitwirken können.

Spanien, Trainer: Spaniens Nationaltrainer Vicente del Bosque hat seinen Vertrag bis zur Fußball-WM 2014 verlängert. Das spanische Fachblatt "Marca" berichtete am Sonntag, der 61 Jahre alte ehemalige Profi von Real Madrid habe bereits nach dem 1:1 zum EM-Auftakt in Danzig den neuen Kontrakt unterzeichnet. Der spanische Verband RFEF hatte die Verständigung über eine weitere Zusammenarbeit schon vor dem Turnierbeginn angestrebt. Aber del Bosque wollte anscheinend erst den Start des Titelverteidigers abwarten. Neben dem Chef-Coach verlängerten auch sein Assistent Toni Grande und Fitness-Trainer Javier Miñano um weitere zwei Jahre. Unter del Bosque feierte Spanien den größten Triumph seiner Geschichte: Die Selección holte 2010 in Südafrika erstmals den WM-Pokal. Jetzt strebt der Weltranglisten-Erste in Polen und der Ukraine das Titel-Triple an. Noch nie konnte sich eine Fußball-Nationalmannschaft bei großen Turnieren dreimal hintereinander durchsetzen. Unter del Bosques Vorgänger Luis Aragonés hatte Spanien in Wien durch einen 1:0-Finalsieg gegen Deutschland erstmals nach 44 Jahren wieder eine EM gewonnen.

Oliver Kahn, Kritik: Oliver Kahn in Angriffslaune: Nach der harschen Kritik an der EM-Bühne des ZDF auf Usedom entgegnete der TV-Experte und ehemalige Fußball-Nationaltorwart in der Bild am Sonntag: "Glauben Sie, dass uns oberflächliche Äußerungen interessieren!?" Kahns Kollegin und Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein meinte über Bezeichnungen wie "Usedomina" KMH: "Das ist doch lächerlich. Es gibt Vertreter in den Medien, die Häme und Respektlosigkeit mit sachlicher Auseinandersetzung verwechseln. Frei nach dem Motto: Da haue ich jetzt mal drauf." Die Fußball-Show von der Seebrücke in Heringsdorf war in den vergangenen Tagen stark unter Beschuss geraten. Die Süddeutsche Zeitung sprach von einer "Art AOK-Kongress". Bild meinte: "Mit dem Zweiten sieht man Wasser." Kahn dazu: "Wenn Inhalte kritisiert werden, setzen wir uns damit auseinander, aber nicht mit Polemik."

Polnische Elf, Tickets: Nach dem EM-Aus hat Polens Kapitän Jakub Blaszczykowski Verbandschef Grzegorz Lato "skandalöses Verhalten" gegen die Mannschaft vorgeworfen. "Es kann nicht sein, dass wir vor jedem Spiel den Herrn Präsidenten bitten müssen, ob unsere Familien zum Spiel kommen können oder nicht, ob wir für sie Karten bekommen", sagte er polnischen Medien. "Alle bekommen ohne Probleme Karten, nur unsere Familien nicht. Der Herr Präsident erzählt in Interviews, dass er ausgezeichneten Kontakt zur Mannschaft hat, aber ich persönlich habe davon nichts bemerkt." In der Kabine habe er das Lato auch mit klaren Worten zu verstehen gegeben. Der polnische Fußballverband PZPN war schon Monate vor der EM in Negativschlagzeilen geraten - einerseits wegen Korruptionsermittlungen, andererseits wegen der umstrittenen Vergabe der Tickets. Der weitaus größte Teil des Kartenkontingents ging an die Großsponsoren, während die Fans im freien Verkauf längst nicht genug Karten erhielten.

Irische Elf, Trauerflor: Die irischen Spieler werden im letzten Gruppenspiel am Montag (20.45 Uhr) in Posen gegen Italien mit Trauerflor auflaufen. Damit gedenkt die Mannschaft von Trainer Giovanni Trapattoni dem 18. Jahrestag des Loughinisland Massakers, bei dem am 18. Juni 1994 sechs irische Katholiken erschossen wurden. Das bis heute nicht aufgeklärte Attentat im Zuge des Nordirlandkonfliktes ereignete sich, als die sechs getöteten Männer in der "Heights Bar" im nordirischen County Down das WM-Spiel zwischen Irland und Italien verfolgten. "Was 1994 in Loughinisland passierte, war eine schreckliche Tragödie, die alle Fußballfans tief bewegt hat", sagte der irische Verbandschef John Delanay. Die UEFA hatte sich bei der Organisation des Gedenkens vor rund einem Monat kooperativ gezeigt.

© Süddeutsche.de/dpa/sid/dapd - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Englische Elf in der Einzelkritik
:College Boys beim Fotoshooting

Joe Hart hält im Tor so gut, dass er eigentlich kein richtiger Engländer sein kann, Scott Parker wuselt durchs Mittelfeld wie ein Junge auf dem Schulball und Stürmer Andy Carroll gibt den Extrem-Mario-Gomez mit Problemen beim Haare richten. Die englische Mannschaft beim 3:2 gegen Schweden in der Einzelkritik.

Thomas Hummel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: