Drogengeständnis von Andre Agassi:Putzteufel auf Speed

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Andre Agassi, der populärste Tennisspieler der vergangenen zwei Jahrzehnte, gesteht in seiner bald erscheinenden Biographie Drogenkonsum und eine Doping-Lüge.

René Hofmann

"Es ist sehr befriedigend für mich, wenn ich sehe, welche Wirkung ich auf die Fans, die Turnierveranstalter oder die anderen Spieler habe. Es ist ein gutes Gefühl, Macht und Einfluss zu haben. Man hat eine große Verantwortung, und es ist ein tolles Gefühl, wenn man morgens aufwacht und daran denkt."

Schlechte PR ist auch PR: Andre Agassi gesteht jetzt früheren Drogenkonsum - seine Biographie erscheint demnächst. (Foto: Foto: dpa)

Andre Kirk Agassi, geboren am 29.April 1970, war nie nur ein Tennisspieler. Er wollte das auch nie sein, obwohl sein Vater, ein iranischer Olympia-Boxer, versucht hatte, ihn genau darauf zu trimmen. Über Agassis Kinderbett hing ein Mobile - um die Auge-Hand-Koordination zu schulen. So bald er groß genug war, um zu laufen, musste er einen Tennisschläger durchs Haus schleppen. 4000 Bälle in zwei Stunden - das war die Frequenz, in der der Vater den Sohn als Kind auf dem Trainingsplatz beschoss, daheim in Las Vegas, der Stadt, in der die meisten das Leben mit einer Show verwechseln: Hauptsache mitreißend. Als Andre Agassi auf die Tennistour kam, hat er viele Menschen mitgerissen. Seine langen Haare. Seine pinkfarbenen Radlerhosen (offizieller Farbname: "heiße Lava"). Seine Ehe mit Brooke Shields. Seine Rivalität mit Pete Sampras. Sein Credo: "Image ist alles." Die Agassi-Show war ziemlich gut. Aber war sie auch aufrichtig?

Die Frage hat den populärsten Tennisspieler der vergangenen zwei Jahrzehnte immer begleitet, und sie schwingt auch jetzt wieder mit, bei der jüngsten Wendung, die Agassis Lebensgeschichte nimmt. Am 9. November erscheint seine Autobiographie "Open". Die in London erscheinende Times, das US-Magazin People und die Bild-Zeitung haben sich Vorab-Rechte gesichert. Auf diesem Weg hat die Welt erfahren, dass Agassi bei seiner ersten Begegnung mit seiner heutigen Frau Steffi Graf einen Heiligenschein um den Kopf der Deutschen wähnte. Und dass er während seiner Profi-Karriere mindestens einmal Drogen konsumiert hat und sich einer Sperre, die ein positiver Dopingtest hätte nach sich ziehen müssen, mit einer Lüge entzog.

"Willst du high werden?"

Agassi schildert den Sündenfall in dem Buch so: Als er 1997 in der Weltrangliste so weit abgerutscht war, dass er bei kleinen Turnieren vor 500 Zuschauern auftreten musste, soll sein Assistent Slim ihm das Angebot unterbreitet haben: "Willst du high mit mir werden?"

Darauf Agassi: "Mit was?"

Slim: "Mit Gack."

Agassi: "Was zur Hölle ist Gack?"

Slim: "Crystal Meth."

Agassi: "Warum heißt es Gack?"

Slim: "Wegen der Geräusche, die du machst, wenn du high bist. Dann fühlst du dich wie Superman."

Agassi entschloss sich, Superman zu spielen. Das Mittel wirkt aufputschend. Müdigkeit, Schmerz und Hungergefühl werden unterdrückt. Bei Agassi wirkte es sich aber vor allem kurios aus: Der Tennis-Superman gibt an, nach dem Drogenkonsum wie ein Wilder sein Haus geputzt zu haben.

Im Herbst 1997 habe ihn dann auf dem Flughafen LaGuardia in New York ein Arzt der Männertennis-Tour ATP am Telefon eröffnet: Es gebe einen positiven Dopingtest. "Mein Name, meine Karriere, alles stand nun auf dem Spiel", wurde Agassi bewusst. Um Sanktionen zu entgehen, schrieb er einen Lügenbrief: Er habe nur unabsichtlich an einem Drogen-Drink seines Assistenten genippt. Angeblich kam er damit durch.

Wurde ein Dopingfund vertuscht?

Ob es wirklich so war? Der Tennisweltverband ITF verweist alle Fragen zu dem Thema an die Profi-Tour ATP. Ein Sprecher der Organisation teilte am Mittwoch mit, es gebe dazu "im Moment" nichts zu sagen. Sollte die Tour tatsächlich einen Dopingfund bei ihrem schillerndsten Spieler vertuscht haben, wäre das für den Sport ein Skandal bisher nicht erreichten Ausmaßes. Zusätzliche Sprengkraft erhält die Geschichte, wenn sich als wahr erweist, was die Bild vorab erfahren haben will: Dass Agassi schon von seinem Vater Mike vor Turnieren das koffeinhaltige Aufputschmittel Exedrin und die synthetische Droge Speed erhalten haben soll.

Die Enthüllungen kommen nicht ganz überraschend. Um Agassi hatte es während seiner Karriere, die im Jahr 2006 endete, schon mehrmals Spekulationen gegeben. Sein beinahe sektenhaftes Umfeld, seine mitunter kurzfristigen Turnierabsagen (etwa vor den Australian Open 2002) - das weckte immer wieder Misstrauen. Dass er sich als Teenager zu den Suchtmitteln Alkohol und Marihuana hingezogen gefühlt hatte, war seit der Biographie "Der Aufstieg und Fall des Enfant terrible des Tennis" von Robert Philip 1994 bekannt.

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