DOSB dämpft Medaillenhoffnungen für London:Wahrheiten neben dem Treppchen

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Die Erfolgslogik der Verbände ist simpel: Gold ist die Währung des Sports. Auch deshalb ist es brisant, dass DOSB-Präsident Thomas Bach in die weihnachtliche Gemütlichkeit mit Gewinnwarnungen für Olympia hineinplatzt. Tatsächlich nutzen einige Staaten ihre Athleten, um die eigene Großartigkeit zu beweisen. Aber muss man deshalb jedes Wettrüsten mitmachen?

Claudio Catuogno

Man kann ja nicht ohne Ziele zu Olympia fahren, schon gar nicht auf Staatskosten, deshalb stand vor der Abreise zur letzten Winterausgabe der Spiele, 2010 in Vancouver, der DOSB-Generaldirektor artig dem Bundestag Rede und Antwort. Die Ziele also? Natürlich eine Spitzenposition in der Nationenwertung, verkündete Michael Vesper - und im "ewigen Medaillenspiegel" der Winterspiele wolle man Russland vom ersten Platz verdrängen.

Gold ist die Währung des Sports: Der Gewichtheber Matthias Steiner hat in Peking eine Medaille aus diesem Edelmetall gewonnen. (Foto: imago sportfotodienst)

Na dann gutes Gelingen, wünschten Politiker aller Fraktionen - und sahen in schwarz-rot-goldener Vorfreude darüber hinweg, dass der DOSB in seiner Ewigkeits-Rechnung ("118 Mal deutsches Winter-Gold") auch die zwei Goldmedaillen Hitler-Deutschlands von 1936 in Garmisch mitgezählt hatte, und dass überdies 39 erste Plätze der DDR mit in die Aufstellung kamen, zu deren pharmakologischen Hintergründen man bekanntlich auch besser schweigt.

Gold ist die Währung des Sports, und die Wahrheit liegt auf dem Treppchen. Das ist die komprimierte Erfolgslogik der Verbände. So gesehen liegt jetzt eine gewisse Brisanz darin, dass der DOSB-Präsident Thomas Bach in die weihnachtliche Gemütlichkeit hineinplatzt mit mehreren Gewinnwarnungen in Interviewform.

"Der Kampf um die Medaillen wird härter, dieser Kampf ist mit nichts vorher vergleichbar", prophezeit er mit Blick auf die Sommerspiele 2012 in London. China, Russland, Großbritannien, Japan, Südkorea, "bei den anderen Nationen war noch nie so viel Geld im Spiel wie jetzt".

Wie also will der deutsche Sport konkurrenzfähig bleiben? Durch ein verbessertes Wissensmanagement? Die engere Verzahnung seiner Trainer? Indem er ein Fördersystem installiert, das Kreativität belohnt? Das wären konkrete Forderungen von der Basis, der Behördenchef Bach bleibt eher im Allgemeinen.

Für die Zeit nach London kündigt er "eine General-Revision des Leistungssports" an, alles werde dann "auf den Kopf gestellt". Aber schon heute hat Bach so eine Vermutung, was am Ende herauskommen wird: dass der Sport mehr Geld braucht für die Medaillenproduktion.

Aber muss man jedes Wettrüsten mitmachen? Dass vor allem autoritäre Staaten ihre Athleten zunehmend mit Geld vollpumpen (wäre es bloß Geld!), um Welt und Volk die eigene Großartigkeit zu beweisen, muss ja nicht für das wertegeleitete Sportsystem Vorbild sein, wie es hierzulande propagiert wird.

Und selbst dieses wird ja stark ausgereizt, wenn in reine Medaillen-Disziplinen wie Kanuslalom Millionen investiert werden, wenn der Staat die schnellsten Zweier- und Vierer-Bobs der Welt entwickelt - die wahren Massenbewegungen des Sports aber verpasst werden. Es gibt in Deutschland vier Bobbahnen, aber keine feste Halfpipe. Manchmal lägen die Wahrheiten jedoch auch neben dem Treppchen.

© SZ vom 28.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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