Djokovic und Federer:Kratzbürsten mit Puderzucker

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Spielen sich Bälle und Komplimente zu: Novak Djokovic und Roger Federer. (Foto: dpa)

Der Weltranglistenerste trifft auf den "Rasengott": Die Wimbledon-Finalisten Roger Federer und Novak Djokovic respektieren sich. Gute Freunde sind sie nicht, wie man in den vergangenen Wochen gespürt hat.

Von Gerald Kleffmann, Wimbledon

Als die Rede auf Roger Federer kam, seinen speziellen Gegner an diesem Sonntag im Finale von Wimbledon, fielen Novak Djokovic die lobenden Worte nicht schwer. "Wir wissen alle, wie gut er ist. Er ist der Größte, den es jemals gab", sagte er, "man kann ihn nicht genug huldigen für das, was er macht." Auch wusste Djokovic natürlich zu berichten, dass der berühmte Rasen in SW19, London, der Ort ist, "wo er es zu spielen liebt. Hier zeigt er sein bestes Tennis. Der Centre Court von Wimbledon, sieben Titel..." Viel mehr musste er nicht mehr ergänzen, um zu umschreiben, welche Aufgabe auf ihn jetzt zukommt, aber eines sagte er ausdrücklich: "Wenn ich gegen ihn spielen muss, ist es vermutlich die größte Herausforderung, die ich haben kann."

Eine ganz wunderbare Eloge war das von Djokovic an Federer, die der Schweizer seinerseits in ähnlicher Weise zurückgab. "Es ist großartig, gegen Novak zu spielen", sagte der 33-Jährige, "er hatte großen Erfolg, unglaublich großen sogar zuletzt in seiner Karriere. Besonders in den vergangenen Jahren war er unfassbar dominant." Auch befand Federer, sein Kontrahent sei "gut für den Sport" und dass es "unglaublich aufregend" war, gegen ihn 2014 an selbiger Stelle gespielt zu haben, als der Schweizer erst nach fünf mitreißenden Sätzen verlor.

In direkten Duell führt der Schweizer mit 20:19

Herrlich viel Puderzucker also vorab. Beide verstehen es, ihre öffentlichen Rollen auf der ganz großen Bühne zu interpretieren. Aber es ist ja schon auch so, wie Federer jüngst meinte: "Unsere besten Freunde sind andere Leute." Wenn die beiden nun aufeinandertreffen, bietet dieses Duell tatsächlich eine interessante Würze. Auf dem Hauptplatz wird es mit der Diplomatie vorbei sein.

Die es ja nicht immer bedingungslos auch hinter den Kulissen zu geben scheint. Dass die beiden nicht abends zusammen zum Essen gehen, ist nicht verwerflich, ja nicht mal zu erwarten: Sie sind Rivalen, 39-mal kämpften sie schon gegeneinander, 20-mal gewann Federer, 19-mal Djokovic. Diese Bilanz drückt aus, wie eng es sportlich in dem Gehege ist, in dem sie sich tummeln. Sie respektieren einander, das darf man ihnen abnehmen, und doch gab es so manches Mal Episoden, in denen es ein wenig kratzbürstig wurde.

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"Ach, Becker hat wirklich keine Ahnung."

Vor gut vier Wochen hatte Boris Becker, Trainer von Djokovic, gesagt: "Es ist ein offenes Geheimnis, dass sich Djokovic und Federer nicht sonderlich gut verstehen." Recht deutlich war auch der Satz: "Roger ist nicht so nett, wie viele glauben. Mit diesem Image macht er viel Geld, aber mal ehrlich, wer ist schon überall beliebt?" Nun gab es wiederum Menschen, die meinten, Becker wollte mit diesen Äußerungen selbst Geld machen, denn sie fielen ja just in dem Moment, als er sein neues Buch bewarb. Einfach nur darüber hinwegsehen wollte der Kritisierte allerdings nicht, und so konterte Federer griffig: "Ich finde solche Kommentare unnötig. Becker kann doch nicht wissen, ob ich ein Problem mit Djokovic habe." - "Unsere besten Freunde sind andere Leute, aber wir begegnen uns normal und reden entspannt zusammen" - "Ach, Becker hat wirklich keine Ahnung."

Das saß. Becker ruderte im Internet zurück, fühlte sich missverstanden. Und von Djokovic hat man zu der Causa nichts gehört. Begeistert dürfte der Serbe über den Schlagabtausch nicht gewesen sein.

Nicht bloß Sonnenschein an der Weltspitze

Der 28-Jährige aus Belgrad ist durchaus jemand, der darauf achtet, sich korrekt zu verhalten, zumindest abseits des Platzes, er kann ja ganz gut Schläger zertrümmern. Vor zwei Jahren musste er schlichten, als sein Vater Srdjan zum Rundumschlag ansetzte und auch Federer kritisierte, ihm Schauspielerei und Mätzchen auf dem Platz vorwarf und anderes mehr. Djokovic sah sich daraufhin genötigt, öffentlich eine Stellungnahme abzugeben: "Mir tut es leid, dass die Aussagen so viel Aufmerksamkeit geweckt und meine Kollegen möglicherweise verletzt haben. Ich habe zu ihnen eine gute und faire Beziehung", sagte er damals. Und doch blieb natürlich etwas haften, es wurde sichtbar, dass nicht nur Sonnenschein herrscht in der obersten Tennisliga, die sich so gern als heile Welt darstellt.

Federer gegen Djokovic, das ist in jedem Fall ein würdiges Finale, es trifft ja die Nummer zwei der Welt, der "Rasengott", wie mancher Schweizer Reporter den Landsmann nennt, auf den Weltranglisten-Ersten, der das auch bei einer Niederlage bleiben wird. Es ist aber auch das Duell mit jenem Spieler auf der einen Seite, der bedingungslos gehuldigt und geliebt wird; unvergessen ist die Hommage des verstorbenen Schriftstellers David Foster Wallace, der Federer als eine Art religiöse Erfahrung umschrieb. Und auf der anderen Seite ist jener Akteur, der spürbar um eine ähnliche Anerkennung kämpft. Bezeichnenderweise war es Becker, der mehr Respekt für seinen Spieler einforderte.

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Federer strebt den alleinigen Rekord an

Federer würde, das ist klar, bei seinem achten Titel einen einzigartigen Triumph landen, noch nie gewann ein Spieler derart oft das berühmteste Turnier der Welt, selbst Pete Sampras kam nicht über sieben hinaus. Djokovic strebt seinerseits den dritten Erfolg an, nach 2011 und 2014, und dass die beiden nun schon zum 13. Mal bei einem Grand Slam aufeinandertreffen, zeigt: Es ist ein echter Schwerkampf.

Als Federer gefragt wurde, wie er dieses Finale einordne - seine Bedeutung und seinen Wert - sagte er: "Ganz oben. Es ist egal, ob es um Titel Nummer acht oder Nummer eins geht. Wimbledon-Finals sind immer eine große Gelegenheit." Der Sieger erhält rund 2,63 Millionen Euro. Aber Ruhm ist unbezahlbar. Das ist der wahre Einsatz, um den es jetzt geht.

© SZ vom 12.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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