DFB-Test gegen die USA:Duell mit dem Riesenfan

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Treffpunkt Köln: Joachim Löw, Bundestrainer, und Jürgen Klinsmann, US-Coach. (Foto: AP)
  • Ex-Chef gegen den Ex-Assistenten: Jürgen Klinsmann und Joachim Löw spielen in Köln zum dritten Mal gegeneinander, bislang steht es 1:1.
  • Das Länderspiel Deutschland gegen die USA wird begleitet von Erinnerungen an jene Zeit, in die beiden vor mehr als zehn Jahren die deutsche Nationalelf übernahmen.
  • Sie mögen sich immer noch und loben sich gegenseitig ausführlich.

Von Ulrich Hartmann, Köln

Der Weltmeisterpokal ist seit zwei Wochen auf Besichtigungstour durch die deutsche Provinz, aber vergessen hat der Deutsche Fußball-Bund, ihn im Rahmen dieser Ehrenrunde am Dienstag auch kurz nach Köln zu bringen, um wenigstens einmal auch Jürgen Klinsmann daran streicheln zu lassen. "Der Jürgen hat sehr großen Anteil an unserem Titel", sagte Bundestrainer Joachim Löw bei einer gemeinsamen Pressekonferenz und lobte überschwänglich die "entscheidenden Veränderungen", die Klinsmann in seiner Funktion als Bundestrainer vor zehn Jahren für die deutsche Nationalelf bewirkt habe.

Klinsmann berichtete sodann lächelnd, er habe das WM-Endspiel am 13. Juli 2014, als Deutschland in Rio de Janeiro gegen Argentinien gewann, daheim in den USA angeschaut. "Ich glaube, ich war vor dem Fernseher aufgeregter als der Jogi im Stadion", witzelte er und bekannte: "Ich bin stolz, Nationaltrainer der USA zu sein, aber ich bin immer noch ein Riesenfan der deutschen Mannschaft."

An diesem Mittwoch spielen der Bundestrainer Löw und der US-Coach Klinsmann beim freundschaftlichen Vergleich in Köln zum dritten Mal gegeneinander - die Bilanz lautet vor Anpfiff 1:1 - und Klinsmann sagt ironisch, er müsse sich wohl ein bisschen kontrollieren, um nicht auf der falschen Seite zu jubeln. Zwei Jahre haben Klinsmann, 50, und Löw, 55, bis zum Gewinn des dritten Platzes bei der Heim-WM 2006 zusammen gearbeitet, Klinsmann offiziell als Chef und Löw offiziell als Assistent. Aber tatsächlich, sagt Klinsmann, "gab es keinen Chef und keinen Assistenten - denn wir waren Partner." Genau dies lobt Löw dann auch an Klinsmann: "Er hat das Teamwork etabliert."

Klinsmann wiederum will vor allem von Löws taktischem Knowhow profitiert haben: "Der Jogi war damals der Einzige, der in 30 Sekunden erklären konnte, wie eine Viererkette zu verschieben ist." In der Gegenwart verwaltet Löw - mit aktuell leichten spielerischen Problemen - das Vermächtnis des Titelgewinns von Rio, der auf solidem Fundament entwickelt wurde: "2004 hat mit Jürgen begonnen, was wir 2014 in Rio zu Ende gebracht haben."

Derweil probiert der Wahl-Kalifornier Klinsmann, eine Erfolgsgeschichte in kleinerem Rahmen auch mit den US-Fußballern zu inszenieren. "Wir sind eine wachsende Fußballnation, aber wir wollen irgendwann auch mal in ein WM-Halbfinale - und wir brauchen Spiele wie jetzt gegen Deutschland, um zu lernen."

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Die diesbezüglich relevante Europa-Reise der US-Auswahl muss man sich ungefähr so vorstellen wie die eng getaktete Bus-Tour einer asiatischen Touristengruppe. Raus aus dem Bus, rein in den Bus, weiter. Rastloses Sightseeing. Nach einem erstaunlichen 4:3 der USA am Freitag in Amsterdam gegen die Niederlande besuchte Klinsmann am Sonntag eine Veranstaltung seiner Jugendfußballstiftung in Paderborn, um noch am selben Abend mit seiner Mannschaft in einem Düsseldorfer Restaurant ortsüblich Blutwurst, Bratwurst und Sauerbraten zu verspeisen. Am Montag trainierte die derart gesättigte Auswahl im museumsreifen Düsseldorfer Paul-Janes-Stadion, und am Dienstag saß Klinsmann schon im Kölner Autohaus neben Löw.

Das Duell in Köln spielte dabei allenfalls eine sekundäre Rolle. "Wir kommen aus dem Kurz-Urlaub, während die USA sich auf ihre Europameisterschaft vorbereiten", sagte Löw zu den "emotionalen Unterschieden zwischen den Teams". Während der deutschen Mannschaft mit dem EM-Qualifikationsspiel gegen Gibraltar am Samstag in Faro/Portugal eine letzte vorsommerliche und eher harmlose Pflichtaufgabe bevorsteht, fiebern die US-Amerikaner dem 'Gold-Cup' im Juli entgegen. Das ist jene nord-mittel-amerikanische Kontinentalmeisterschaft, die diesmal in den USA und Kanada ausgetragen wird und dem Stellenwert einer Europameisterschaft entspricht. Die USA sind Titelverteidiger, sie haben den Cup fünf Mal gewonnen und wechselten sich beim Triumphieren zuletzt bloß mit den Mexikanern ab.

Diesmal muss Klinsmann unter anderem beweisen, dass seine Nominierungspolitik angemessen ist. Der Schwabe beruft gerne Legionäre aus Europa ins US-Team und zieht diese mitunter den nationalen Helden aus der Major League Soccer (MLS) vor. Beim Länderspiel in Köln werden allein vier Bundesliga-Spieler in der Startelf erwartet: der Frankfurter Timothy Chandler, der Berliner John Anthony Brooks, der Gladbacher Fabian Johnson und der Ingolstädter Alfredo Morales. Die Affinität zum deutschen Fußball wird zudem dadurch deutlich, dass Berti Vogts Technischer Berater des US-Teams ist.

Klinsmann will in Köln eine US-Mannschaft sehen, die sich ihrem Leistungslimit nähert, derweil Löw ankündigte, das Wechselkontingent auszuschöpfen, um Rückschlüsse für die Partie gegen Gibraltar zu gewinnen. Hilfreich dürfte dabei die inzwischen erreichte Qualität des US-Teams sein. Rein fußballerisch wird der Test durch Klinsmanns vierjährige Arbeit am US-Team vermutlich reizvoller als das folgende Duell mit Gibraltar.

© SZ vom 10.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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