DFB-Pokal:Der FC Bayern rauscht unaufhaltsam ins Finale

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Robert Lewandowski (li.): Ganz gut in Form (Foto: dpa)
  • Der FC Bayern zieht mit einem 6:2 gegen Bayer Leverkusen ins Finale des DFB-Pokals ein.
  • Bis zur 52. Minute kann Leverkusen noch einigermaßen mithalten, dann dreht Müller auf.
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Von Ulrich Hartmann, Leverkusen

Das Pokalspiel war längst abgepfiffen, da lag vom Präsidenten der Vereinigten Staaten noch immer keine getwitterte Erwiderung auf die Münchner Provokation vor. Der Bayern-Trainer Jupp Heynckes hatte Donald Trump am Montag ja als unmoralisch diskreditiert, allerdings könnte sein im Rahmen einer Fußball-Pressekonferenz formulierter Vorwurf im Strudel weltpolitischer Ereignisse untergegangen sein.

Heynckes ist mit seinen Bayern ungescholten in jenen Mikrokosmos zurückgekehrt, in dem sich die Fußballwelt auch am Dienstagabend nicht plötzlich andersherum drehte. Die Münchner besiegten ihren Pokal-Gastgeber Bayer Leverkusen im Halbfinale überraschend souverän mit 6:2 (2:1) und machten damit ihren nächsten Triple-Schritt. Sie zogen zehn Tage nach dem vorzeitigen Gewinn der Meisterschaft ins Pokalfinale ein, in dem sie am 19. Mai in Berlin auf Schalke 04 oder Eintracht Frankfurt treffen. Es ist für den FC Bayern das 22. Pokalfinale. Es besteht die Aussicht auf den 19. Pokalsieg.

"Wir waren sehr effektiv. Wir haben uns das redlich verdient. Die Teamleistung war super. Das war Werbung für den deutschen Fußball. Für uns war es ein super Spiel. Natürlich wollen wir mehr", sagte Dreifachtorschütze Thomas Müller. "Man darf nie nachlassen", sagte Heynckes. "Insgesamt haben wir eine absolute Top-Leistung gegen einen guten Gegner gebracht. Das war über weite Strecken eine Fußball-Demonstration" - so wie in den vergangenen Wochen auf deutschem Boden. Auf das 1:2 in Leipzig Mitte März folgten: ein 6:0 gegen Dortmund, ein 4:1 in Augsburg, ein 5:1 gegen Gladbach und jetzt ein 6:2.

Die Leverkusener Herausforderer waren mit einer im Schnitt knapp vier Jahre jüngeren Mannschaft ins Spiel gegangen, aus dem U23-Bereich waren Jonathan Tah, Panagiotis Retsos, Kai Havertz und Julian Brandt am Start. Leon Bailey und Benjamin Henrichs hatte der Trainer Heiko Herrlich vorsichtshalber zunächst auf der Bank belassen. Allzu jung sollte so eine Mannschaft in einem so wichtigen Spiel nicht sein - eine Erkenntnis, die auch der routinierte Heynckes mit hinreichend Routine im Kader beherzigte. Aus der Ü30-Fraktion bot er mit seinen Flügelstürmern Franck Ribery und Arjen Robben die Weisesten der Weisen auf. Der gerade noch 30 Jahre alte Arturo Vidal hingegen konnte am Dienstag nicht mitspielen und wird das auch für den Rest der Saison nicht mehr tun können, seit man ihm im rechten Knie soeben einen Gelenkkörper entfernt und das Kreuzband fixiert hat.

Der Chilene mag wehmütig vor dem Fernseher gesessen haben, als seine Kollegen die Sache in den ersten achteinhalb Minuten schon auf den Weg brachten. Gegen eine zwei Mal indisponierte Leverkusener Abwehr traf nach 2:04 Minuten sowie in der 9. Minute Robert Lewandowski früh zum 2:0. Die Gastgeber mögen da bereits gedemütigt gewirkt haben, aber schon im Pokal-Viertelfinale gegen Werder Bremen hatten sie binnen sieben Minuten 0:2 hinten gelegen - nach Verlängerung aber noch mit 4:2 gewonnen. Mit dieser vitalisierenden Erinnerung verkürzte Lars Bender bereits in der 16. Minute auf 1:2, was in der sonst eher bedächtigen BayArena einen akustischen Rausch auslöste. Den Münchnern mag das zu schrill in den Ohren geklungen haben, jedenfalls nahmen sie ein bisschen Tempo aus dem Spiel, um den blutjungen, blitzschnellen Bayer-Buben nicht unnötig Spalier zu stehen. Hätte ihr Torwart Sven Ulreich in der 37. Minute nicht einen Flachschuss von Karim Bellarabi entschärft, hätte es zur Halbzeit bereits wieder unentschieden gestanden.

Volland und Bellarabi vergeben beste Chancen

"Die Spieler von Bayern München sind auch nur Menschen und müssen ab und zu auf die Toilette", hatte Leverkusens Innenverteidiger Tah gesagt, allerdings ergab sich aus einer daraus womöglich abgeleiteten Strategie keine einzige Überzahlgelegenheit, weil nämlich kein einziger Münchner bei laufender Spielzeit austrat. Schon klar, Tah hatte bloß suggerieren wollen, dass die Bayern einen zwar guten, aber keinen übermenschlichen Fußball spielen, jedoch hat ihre Qualität in dieser Saison ausgereicht, um Leverkusen drei Mal zu besiegen: zwei Mal 3:1 in der Liga und nun sogar noch höher im Pokal.

Logisch, zweimal 3:1 ergibt schließlich 6:2. Mit dem 1:2 zur Pause hatten die Leverkusener zunächst allerdings noch exakt im Bremen-Zeitplan gelegen, sie brauchten ja nur noch einen Treffer bis in die Verlängerung. Der Flügelstürmer Bailey kam für den überforderten und gelbbelasteten Linksverteidiger Retsos, Herrlich stellte auf eine Dreierkette um und die Stadionregie spielte Van Halens "Jump". Das versprach frischen Schwung, allerdings vergaben Volland und Bellarabi in der 50. Minute gleich die ersten beiden exzellenten Einschussmöglichkeiten. Ulreich klärte brillant, aber man sah seinem Blick an, dass er sich von Mats Hummels und Jérôme Boateng bis dahin nicht gut behütet fühlte.

Bevor derlei Gefühle sich allerdings verstärken konnten, klärten die Bayern die Angelegenheit am anderen Ende des Spielfelds, wo Tah und die Benders im Bayer-Trikot auch so ihre Schwierigkeiten hatten. Als Thiago in der 52. Minute Thomas Müller steil bediente, hatte dieser keine Mühe, um auf 3:1 zu erhöhen. Damit war Leverkusens Widerstand gebrochen. Thiago erzielte in der 60. Minute das 4:1, Müller mit dem 5:1 sein zweites Tor (64.). Das 2:5 durch Bailey (72.) wirkte zwar kurz beruhigend auf die Bayer-Seele, doch Müller konnte einfach nicht genug bekommen. Er setzte mit dem 6:2 (78.) den Schlusspunkt.

© SZ vom 18.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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