DFB-Elf vor dem Polen-Spiel:Mit mulmigen Gefühlen nach Warschau

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Bundestrainer Joachim Löw hält viel von Gegner Polen - schließlich spielt dort auch ein gewisser Robert Lewandowski. (Foto: dpa)
  • Bundestrainer Löw plagen vor dem Quali-Spiel in Polen einige Sorgen - vor allem die Besetzung der Abwehr wirft Fragen auf.
  • Vorne fällt der erkrankte Schalker Julian Draxler aus.
  • Die England-Profis Podolski und Özil sind ebenfalls nicht in bester Verfassung.

DFB-Elf längst nicht in bester Verfassung

Joachim Löw trug einen dicken, dunkelgrauen Schal und blickte ernst, als er am Dienstagmittag im Teamquartier der Fußball-Nationalmannschaft in Frankfurt/Main eintraf. Miene und Erscheinungsbild des Bundestrainers passten zur kniffligen Lage: Löw und seine Weltmeister gehen mit einigen Baustellen in die beiden "Schlüsselspiele" in der EM-Qualifikation, wie dessen neuer Assistent Thomas Schneider die Duelle mit Polen am Samstag und Irland drei Tage darauf nannte. Die ohnehin angespannte personelle Situation wurde durch die kurzfristige Absage des grippekranken Schalkers Julian Draxler zusätzlich erschwert.

Wie Löw die Sache sieht

Und so warnte Löw bei seiner Ankunft vor der Villa Kennedy noch einmal vor den "starken Polen". Auch Teammanager Oliver Bierhoff prophezeite, "dass es jetzt für uns anstrengend wird. Jeder jagt uns, jeder ist heiß - und Polen ist ein ganz unangenehmer Gegner. Das wird eine ganz hitzige Atmosphäre sein, auch mit Spielern, die gegen uns motiviert sind". Auch wenn Bierhoff ergänzte, die Weltmeister hätten selbstredend "die Qualität und den Anspruch, in der Qualifikation weiter voranzumarschieren": So defensiv, so nachdrücklich mahnend hat man Löw und Co. lange nicht erlebt.

Warum Polen den Deutschen Respekt einflösst

Die Verantwortlichen wissen, dass gegen die "Mitbewerber um Platz eins" in Gruppe D, wie Löw die kommenden Gegner nannte, ein großer Schritt in Richtung EM 2016 in Frankreich möglich ist. "Von großer Bedeutung" seien die Spiele beim Weltranglisten-70. um Bayern-Stürmer Robert Lewandowski in Warschau und gegen den -62. aus Irland in Gelsenkrichen (beide 20.45 Uhr/Liveticker bei SZ.de), betonte der Bundestrainer. Die DFB-Elf ist nach dem WM-Triumph natürlicher Favorit, "von alleine gewinnen wir Spiele deswegen aber noch lange nicht", meinte Löw.

Wer ersetzt Lahm?

Zumal sich bei der Findung der Startelf viele Fragen stellen. Die schwierigste ist die nach den Außenverteidigern. Philipp Lahm steht nicht mehr zur Verfügung, Weltmeister Benedikt Höwedes ist verletzt, der formschwache Kevin Großkreutz nicht dabei. Möglich, dass Löw wie beim 2:1 zum Auftakt gegen Schottland rechts wieder auf Hoffenheims Sebastian Rudy setzt. Links ist Erik Durm erste Wahl, obwohl der Dortmunder wie seine drei Teamkollegen nach dem Fehlstart in der Bundesliga im Stimmungstief ist.

DFB-Elf vorm Länderspiel
:Müller rettet die Stimmung

Die Weltmeister-Euphorie ist verflogen, doch auf eines kann sich Joachim Löw verlassen: die gute Laune der Bayern-Spieler. Vorm nächsten EM-Qualifikationsspiel freut sich der Bundestrainer aber besonders auf den Debütanten.

Von Benedikt Warmbrunn

Probleme in der Abwehr

Das gilt allen voran für Abwehrchef Mats Hummels. Der ist nach langer Pause wieder fit, aber noch längst nicht auf Top-Niveau. Am Montagabend lenkte sich Hummels im Kino mit Dirk Nowitzkis "Der perfekte Wurf" ab. Weitere Aufbauarbeit soll sein zuletzt überragender, aber angeschlagener Nebenmann Jerome Boateng leisten. Der demonstrierte die gute Stimmung beim FC Bayern am Dienstag mit einem "Selfie", das ihn mit Teamkollege Mario Götze und Victoryzeichen zeigt. Dass das Duo kurz darauf beinahe den Flieger nach Frankfurt verpasste - geschenkt. Löw baut auf der Suche nach Stabilität vor allem auf den Münchner Block, dem zudem Ersatzkapitän Manuel Neuer und Thomas Müller angehören.

Fokus auf Manuel Neuer

Neuer, der den nach wie vor angeschlagenen Spielführer Bastian Schweinsteiger vertritt, kommt laut Müller eine Schlüsselrolle zu. "Die Polen haben eine ganz gute Truppe, wir werden da sicher unsere Probleme kriegen. Das wird kein Spaziergang, da brauchen wir einen Manuel Neuer in guter Form", sagte er. Und die hat der Torhüter. In allen sieben Pflichtspielen mit den Bayern seit dem Schottlandspiel hat Neuer die Null gehalten. Für Lewandowski, meinte er, "werden wir uns auch etwas einfallen lassen".

Vorne nur wenige in Bestform

Bleibt die Frage, wer bei der deutschen Elf für die Tore sorgen soll. Da wäre zum einen Müller, der gegen die Schotten zweimal getroffen hatte. Doch auch Rückkehrer Max Kruse oder der einzige Neuling Karim Bellarabi dürfen sich Hoffnungen auf einen Einsatz von Beginn an machen. Zumal einige Offensivkollegen nicht in bester Verfassung sind. Lukas Podolski scherzte bei der Ankunft am Dienstag zwar mit den Fans, seine Lage beim FC Arsenal aber ist düster. Teamkollege Mesut Özil spielt, das allerdings oft wenig überzeugend. Dass Löw den Regisseur am Montag demonstrativ lobte, darf seiner Rolle als Psychologe zugeschrieben werden.

Der voraussichtliche Ausfall von Draxler, der nach möglicher Genesung kurzfristig zum Team stoßen könnte, verkompliziert die Lage weiter. Geht es nach Ex-Kapitän und -Nationalspieler Lahm, sollte sich Löw aber keine großen Sorgen machen. "Polen ist keine leichte Aufgabe", gab er der Mannschaft mit, "aber wir sind Weltmeister! Die Jungs kriegen das hin."

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