DFB-Affäre:Geheime Millionen für den Strippenzieher

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Eng miteinander: Fedor Radmann (links) und Franz Beckenbauer. (Foto: Frank Mächler/dpa)
  • Fedor Radmann erhielt als Berater für seine Arbeit im Organisationskomitee der WM 2006 ein Honorar von insgesamt drei Millionen Euro.
  • Die Höhe der Vergütung und der Umgang des DFB mit dieser Erkenntnis werfen Fragen auf.
  • In dem Bericht der Kanzlei Freshfields, die sich mit den Vorgängen rund um die Vergabe der WM 2006 befassen sollte, taucht das Honorar nicht auf.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner, Frankfurt/München

Die Fußball-WM 2006 war für die Mitglieder des damaligen Organisationskomitees offenkundig eine lukrative Angelegenheit. Schon vor Wochen kam heraus, dass Franz Beckenbauer in seiner Zeit als Vorsitzender des Gremiums 5,5 Millionen Euro vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) erhielt. Nun zeigt sich, dass auch sein langjähriger Adlatus Fedor Radmann viel verdiente: Mehr als drei Millionen Euro erhielt er demnach in seinen verschiedenen WM-Funktionen.

Auch diese Gage wirft, wie so viele Aspekte des Skandals, in doppelter Hinsicht Fragen auf. Einmal geht es um die Abläufe damals - und dann um den aktuellen Umgang mit Erkenntnissen darüber. Denn die Verträge für den umstrittenen Funktionär Radmann, Branchenkürzel "Schiebor", waren der vom DFB mit internen Untersuchungen beauftragten Kanzlei Freshfields offenkundig schon zu Jahresbeginn bekannt. Allerdings flossen sie nicht in den Abschlussbericht zur WM-Affäre ein.

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Über die Details der damaligen Radmann-Vereinbarungen berichtete die Bild-Zeitung an diesem Montag, Widerspruch zu der Darstellung gibt es von den Beteiligten nicht. Von Januar 2001 bis Juni 2003 erhielt Radmann demnach als Vize-Präsident des Organisationskomitees (OK) 60 000 Mark pro Monat sowie insgesamt 1,4 Millionen Mark an Provisionen für WM-Werbeverträge. Im November 2001 gab es eine Bonuszahlung von 500 000 Mark. Als Mitte 2003 die SZ aufdeckte, dass Radmann nicht wie behauptet dem OK all seine Geschäftsbeziehungen offengelegt hatte, verließ er das Gremium - und erhielt 250 000 Euro Abfindung. Aber schon im Herbst war er wieder dabei, nun als Berater des OK; dafür gab es fortan 320 000 Euro jährlich. Eine letzte Zahlung von 30 000 Euro erfolgte im November 2007, weit nach Ende der WM.

Anders als bei Beckenbauer war bei Radmann nie davon auszugehen, dass er ehrenamtlich tätig war. Hier geht es vor allem um die Höhe der Vergütungen - und um die konkrete Abwicklung, die Fragen aufwirft. Laut Bild seien für das ab 2003 erfolgte Beraterhonorar keine präzisen Nachweise und bei der Überweisung im November 2007 kein Grund erkennbar. Und warum gibt es für jemanden, der wegen eigener Versäumnisse abtreten muss, noch eine dicke Abfindung von einer Viertelmillion Euro? Radmanns Anwalt äußert sich zum Thema nicht. Der DFB erklärt dazu in einer Stellungnahme, es entziehe sich seiner Kenntnis, auf welcher inhaltlichen Absprache die Vergütungshöhe festgelegt worden sei. Er fordere Radmann und alle anderen damaligen OK-Mitglieder auf, endlich vollständig über die Abläufe zu informieren.

Im Prüfbericht taucht nur ein Bonus über eine halbe Million auf

Daneben erhebt sich auch die Frage, wie der DFB und die von ihm mit der Sommermärchen-Untersuchung beauftragte Kanzlei mit dem Thema umgingen. Den Freshfields-Ermittlern waren Radmanns Verträge nach DFB-Angaben durchaus bekannt - nur tauchen sie im Bericht quasi nicht auf. Vermerkt ist lediglich, dass Radmann nach der Vergabe des Turniers 500 000 Mark als Bonus für den Zuschlag erhielt. Diese Verträge fehlten, "weil sie nach Prüfung und Einordnung durch die Kanzlei Freshfields in keiner Verbindung zu den im Kontext der WM 2006 geflossenen 6,7 Millionen Euro stehen", teilt der DFB mit.

Ein Bericht des Spiegel über jene Transaktion war im Herbst 2015 der Auslöser für die Affäre und Kern des DFB-Untersuchungsauftrags; inzwischen ist auch dank der Arbeit von Verband und Kanzlei klar, dass das Geld in Katar landete. Doch viele andere fragwürdige Vorgänge wurden ignoriert. Das zeigte sich, als vor Wochen bekannt wurde, dass Beckenbauer während seiner Zeit als OK-Chef mehrere Millionen Euro erhielt - und dass dies schon zu Jahresbeginn intern bekannt war, aber nicht in den Report aufgenommen wurde.

Der DFB erklärt, dass der heutigen Spitze, also Präsident Reinhard Grindel sowie dessen Vizepräsidenten Rainer Koch und Reinhard Rauball, die zu Jahresbeginn für die Moderation der Affäre und die Zusammenarbeit mit Freshfields zuständig waren, die Gesamthöhe von Radmanns Bezügen vor der Publikation des Reports nicht bekannt gewesen sei. Freshfields möchte keine eigene Stellungnahme abgeben und verweist auf den DFB.

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5,5 Millionen Euro für Beckenbauer, drei Millionen für Radmann. Zunehmend drängt sich die Frage auf, wie oft im Zuge der internen Untersuchungen herauskam, dass Gelder aus dem WM-Topf irgendwohin geflossen sind, der jeweilige Vorgang aber als nicht berichtenswert galt.

© SZ vom 08.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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