Deutsche Dominanz in der Champions League:Gedemütigte Großmacht Spanien

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Gedemütigt in München: Andres Iniesta vom FC Barcelona (Foto: AFP)

Bundesliga 8, Primera División 1. In zwei Halbfinals gewinnen Bayern und Dortmund haushoch gegen Barcelona und Madrid. Was deutsche Fußballfans überrascht, ist für das restliche Europa ein Schock. Wie ist die neue deutsche Dominanz zu erklären?

Eine Analyse von Carsten Eberts

Es ist ja nicht so, dass sich der deutsche Fußball an diesen Zustand bereits gewöhnt hätte. Da gewinnen Bayern und Dortmund innerhalb von 24 Stunden gemeinsam 8:1 gegen Barcelona und Madrid. Die spanischen Großmächte werden nicht besiegt, sondern gedemütigt, taktisch auseinandergenommen, weggefiedelt. Jeder hatte eine Ahnung davon, dass der deutsche Fußball international passabel dasteht. Aber diese Demonstration?

Der deutsche Fußballfan kann beruhigt sein. Anderswo ist die Verwunderung noch größer. In Spanien, auch in Italien und England. Eben in jenen Ländern, die den europäischen Fußball in den vergangenen Jahrzehnten beherrscht haben.

Wie um alles in der Welt konnten sich zwei solche Überteams entwickeln? In einem Land, das bis vor zehn Jahren nur Ecken und Freistöße schießen konnte? Als die Nationalmannschaft noch von Rudi Völler und Michael Skibbe verantwortet wurde. Als Deutschland 0:0 gegen Island spielte.

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Madrids Sportpresse ist geschockt von der Unterlegenheit Reals im Champions-League-Halbfinale gegen Borussia Dortmund. Barcelonas Zeitungen sind fast erleichtert, dass nach Barça auch Real chancenlos ist.

Was Europa über den deutschen Fußball wissen muss:

  • Vieles fing mit Borussia Dortmund an. Der Aufstieg zum zweiten nationalen Spitzenteam vor drei Jahren, die doppelte Meisterschaft, die Serie von fünf Siegen gegen den FC Bayern. All dies hat die Münchner gereizt. Sie haben mächtig investiert, beide Teams haben sich hochgeschaukelt, taktisch auf neue Stufen gehoben. Sich um die besten Spieler gestritten. Das mag der Bundesliga insgesamt nicht guttun, weil die Verfolger schwerlich Schritt halten können. Bayern und Dortmund hat der Zweikampf besser gemacht. Zehnmal haben deutsche Klubs in dieser Saison gegen spanische Vereine gespielt. Keine Partie ging verloren.
  • Die Bundesliga ist taktisch gereift, beschäftigt sehr gute Trainer und Analysten. Auch zahlt sich die vor der WM 2006 forcierte Nachwuchsarbeit im DFB aus. Jürgen Klopps Spielstil ist an den des FC Barcelona angelehnt, doch er hat das Barça-Model nach Dortmunder Gusto weiterentwickelt. Auch die Bayern haben sich viel abgeguckt. Wie Jupp Heynckes am Dienstag das Barça-Mittelfeld ausbremste, die Anspielstationen zwischen den Linien blockieren ließ, war eine Meisterleistung. Und nun kommt auch noch Startrainer Pep Guardiola nach München.

So weit die kurzfristigen Auswirkungen der vergangenen drei Jahre, die jedoch auf der grundsätzlichen Struktur des deutschen Fußball fußen.

  • Pep Guardiola hat beim FC Bayern auch zugesagt, weil er die Strukturen schätzt. Nicht nur im Klub, auch in der deutschen Liga. Die Stadien sind nicht nur schön, sondern auch voll. Es lässt sich immer mehr Geld generieren, zumindest für die Topklubs. Jahr für Jahr werden Umsatzrekorde vermeldet. Andere Ligen ächzen unter ihren Schulden. Kollabieren wird die deutsche Liga in den kommenden Jahren nicht. Andere vielleicht schon.
  • Nicht zu vergessen: Der deutsche Fußball hat einen irren Hunger auf Erfolg. Seit dem Champions-League-Sieg der Bayern 2001 gab es keinen internationalen Titel mehr. In der Nationalelf liegt der letzte Pokal noch länger zurück (EM-Sieg 1996). Allein die Bayern haben seitdem zweimal ein großes Finale verloren. Kein anderes Team ist derart fokussiert auf das Finale in London.

Sollten wirklich zwei deutsche Teams das Champions-League-Finale erreichen, dürfte noch viel geschrieben werden über den deutschen Fußball. Wenn sich Fußballfans in Spanien, England und Italien fragen, weshalb sie diesmal zuschauen müssen.

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