Debatte um Franck Ribéry:Gefangen zwischen den Interessen

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Der eine will nicht mehr, der andere will ihn anscheinend noch: Franck Ribéry (li.) und Frankreichs Nationaltrainer Dider Deschamps (Foto: Franck Fife/AFP)

Während der WM hieß es, Franck Ribéry fehle Frankreichs Nationalelf überhaupt nicht - im Gegenteil. Nun lässt ihn Uefa-Chef Michel Platini noch nicht einmal in Würde zurücktreten. Dahinter steckt bedenkliches Kalkül.

Kommentar von Claudio Catuogno

Womöglich hat der Franzose Michel Platini nicht so recht mitbekommen, wie froh die Franzosen waren, dass Franck Ribéry wegen eines Rückenleidens die WM in Brasilien verpasst hat. Nicht, weil sie ihm generell Schmerzen wünschen; und natürlich waren auch nicht alle Franzosen der Ansicht, dass ohne den Flügelspieler vom FC Bayern grundsätzlich alles besser ist. Aber angesichts einer jungen, frischen französischen Elf war zumindest der Eindruck entstanden, Ribérys Abwesenheit sei kein Nachteil.

Der bekannte Moderator Daniel Riolo vertrat die Ansicht, Ribérys Fehlen sei "das Beste, was diesem Team seit 2006 passiert ist". In Le Monde durfte der Schriftsteller François Bégaudeau darlegen, warum sich das Team ohne Ribéry leichter tue; Kernthese: Ein guter Chef lasse seinen Mitarbeitern Raum zur Entfaltung - Ribéry erdrücke sie. Und wenn man im Teamquartier in Ribeirão Preto Ribéry-Fragen stellte, bekam man unverbindliche Grußadressen. Mehr nicht.

Ribéry, der an guten Tagen immer noch einer der besten Fußballer ist, hat daraus seine Schlüsse gezogen. Aber jetzt lässt man ihn nicht mal in Würde seine Nationalelf-Karriere beenden. Seit Wochen wütet nun Michel Platini, als Uefa-Präsident gar nicht zuständig, gegen Ribérys Entschluss, freiwillig auf die Heim-EM 2016 zu verzichten.

Und Nationaltrainer Didier Deschamps hat den Rücktritt "zur Kenntnis" genommen, verweist aber ansonsten auf sein Recht, Klienten auch gegen deren Willen zu laden. Vermutlich haben selbst die Regelhüter des Weltverbands Fifa ihren Artikel 3, Anhang 1, der besagt, dass jeder Spieler einer Berufung ins Nationalteam nachkommen muss (der aber eigentlich die Abstellungspflicht der Vereine zum Thema hat), noch nicht so interpretiert wie nun Michel Platini: als Rücktritt-Verhinderungs-Paragraf.

Nach Rücktritt aus Nationalmannschaft
:Platini bringt Sperre für Ribéry ins Gespräch

Der Uefa-Präsident zeigt wenig Verständnis für den Rücktritt des Bayern-Profis aus der französischen Nationalmannschaft. Dennis Schröders NBA-Klub gerät wegen einer Rassismus-Mail in Aufruhr, bei der Fifa entspinnt sich der nächste Korruptions-Skandal um einen karibischen Funktionär.

Wie konträr die Interessen von Spielern, Klubs und Verbänden bisweilen sind, kann man daran sehen, dass Real Madrid seinen Angreifer Ángel Di María - angesichts unklarer Fitness - daran gehindert hat, im WM-Finale mitzuwirken. Spielverbot? Im WM-Finale? Tja, so unbarmherzig läuft das Geschäft. Real war nun mal Di Marías Arbeitgeber und hatte ein starkes Interesse daran, ihn unbeschädigt zurückzuerhalten - um ihn dann teuer weiterzuverkaufen.

Umgekehrt würde man das aber gerne erst mal sehen: Wie Deschamps einen mürrischen Ribéry gegen dessen Willen zum Spielen zwingt. Insofern muss sich jetzt noch niemand um den FC Bayern sorgen, dem Platini ja indirekt mit Sperre droht. Sorgen muss man sich eher um eine Uefa, deren Chef kein Manöver zu billig ist, um von den eigentlichen Problemen des Fußballs abzulenken.

© SZ vom 08.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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