Champions League: FC Bayern - CFR Cluj:"Nicht viel geduselt!"

Lesezeit: 3 min

Der FC Bayern gewinnt sein drittes Champions-League-Spiel, weil Gegner Cluj beim 3:2 fast alle Tore selbst schießt. Dennoch neigen die Spieler nun zum alten bajuwarischen Selbstvertrauen.

Jürgen Schmieder, Fröttmaning

Als die Spieler des CFR Cluj frisch geduscht durch die Mixed Zone der Fröttmaninger Arena trotteten, da guckten einige von ihnen doch ein wenig verdutzt. Kaum ein Reporter wollte mit ihnen sprechen und ihre Meinung zu diesem Champions-League-Abend hören, fast alle drängelten sich um die Akteure des FC Bayern. Also marschierten die Spieler des rumänischen Vertreters unbehelligt zum Mannschaftsbus, einige schüttelten den Kopf, einer lächelte sogar. Er sagte kein Wort, doch sein Gesichtsausdruck verriet: Was sollen die Münchener Kollegen schon groß sagen zu diesem Spiel? Wir haben doch alle Tore geschossen!

Gewonnen? Drei Tore geschossen? Selbst Thomas Müller (links) und Bastian Schweinsteiger müssen schmunzeln. (Foto: AP)

In den 90 Minuten zuvor waren fünf Treffer gefallen - und an allen waren die Clujer Akteure direkt beteiligt. Cadú und Juan Culio trafen ins Tor von Jörg Butt, Cadú verwandelte einen Querpass von Toni Kroos ebenso sicher wie Cristian Panin einen Eckball von Holger Badstuber - nur eben ins eigene Gehäuse. Panin schoss dann auch noch Mario Gomez derart grotesk an, dass der Ball von dessen Knie durch die Beine von Torhüter Eduard Stancioulu über die Linie kullerte. "Vor ein paar Wochen wäre so ein Ball nicht einmal in meine Richtung geflogen", sagte Gomez nach dem Spiel: "Jetzt geht er eben rein." Ach ja: Das Spiel endete 3:2 für den FC Bayern.

Für eine einfache Erklärung dieses Abends könnte man nun den Begriff "Bayerndusel" verwenden - jenes scheinbar unerklärliche Phänomen, dass der FC Bayern seit Anbeginn der Zeiten das Anrecht auf glückliche Umstände zu haben scheint und es den Münchnern vor allem in den Schlussminuten einer Partie häufiger als anderen Vereinen gelingt, den Ball über die gegnerische Torlinie zu befördern. Aus vielen Mündern der Bayern-Spieler war der Satz zu hören: "Natürlich hatten wir heute auch Glück." Doch Trainer Louis van Gaal sagte einen noch schöneren Satz: "Wir haben noch nicht viel geduselt in dieser Saison!"

Die fortgeschrittene Erklärung indes wäre im Kader des FC Bayern zu suchen. Würde man jene elf Spieler, die sich in den vergangenen Wochen verletzt gemeldet haben, auf einen Spielberichtsbogen schreiben, dann würde man dieser Elf wohl zutrauen, sich bei einem Champions-League-Finale durchaus wacker schlagen zu können.

Jene Akteure indes, die bei den vergangenen beiden Partien auf dem Feld standen, tun sich eben schwer gegen Mannschaften wie Hannover 96 und CFR Cluj. "Natürlich ist diese Elf nicht so eingespielt wie das, was man als Stammelf bezeichnen würde", sagte Holger Badstuber nach dem Spiel - wobei diese Aussage eine Untertreibung wäre, so etwa, als würde man Uli Hoeneß als nicht so gelassen ist wie einen buddhistischer Mönch bezeichnen.

Anatoli Timoschtschuk musste wieder als Innenverteidiger aushelfen, was van Gaal zu einer neuerlichen Schelte für Martin Demichelis nutzte. "Timoschtschuk ist natürlich kein Innenverteidiger, er ist Mittelfeldspieler", sagte van Gaal, "Demichelis ist kein Mittelfeldspieler, er ist Verteidiger - nur macht er das derzeit nicht so gut." Immerhin durfte sich der Argentinier drei Minuten lang warmlaufen. Eingewechselt wurde er nicht.

Im defensiven Mittelfeld durfte Andreas Ottl spielen, von dem nicht wenige vermuteten, er sei immer noch an den 1. FC Nürnberg ausgeliehen. Als linker Verteidiger agierte Danijel Pranjic, der sich mit Vordermann Thomas Müller laut Statistik gerade einmal 15 Bälle zuspielte. Zum Vergleich: Philipp Lahm und Hamit Altintop kamen auf der gegenüberliegenden Seite auf 47 direkte Zuspiele.

FC Bayern: Einzelkritik
:Torrichter und Unauffällige

Kroos und Badstuber werden gefeiert. Zu Unrecht. Gomez trifft auch ohne spirituellen Beistand, Ottl ist trotz Rekord überfordert und einige Münchner hätten einen prima Torrichter abgegeben.

Jürgen Schmieder, Fröttmaning

Von der van Gaalschen Spielkontrolle war nur wenig zu sehen, stattdessen durfte sich das Münchner Publikum über die exakt 15 Bälle echauffieren, die von den Münchner Feldspielern zurück auf Jörg Butt gespielt wurden - oder darüber, dass der einsame Stürmer Mario Gomez nur einen brauchbaren Ball im Strafraum aufgelegt bekam: den von Gegenspieler Cristian Panin.

Auf der Ersatzbank saßen neben Demichelis noch Edson Braafheid und die Amateurspieler Christoph Knasmüller und Nicolas Jüllich. "Natürlich wäre es schön, wenn wir 18 Spieler zur Verfügung hätten", sagte Badstuber. Das Problem der Münchner derzeit ist, dass sich die Krankenstube nicht so schnell leeren wird und dass eben jene Spieler, die bis vor wenigen Wochen frustriert auf der Ersatzbank herumsaßen, nun die Wende bringen sollen.

Die aktuelle Bundesliga-Saison des FC Bayern war auch der Grund, warum die Reporter vor allem mit den Münchner Spielern sprechen wollten, die Partie gegen Cluj war spätestens nach drei Fragen zu den Akten gelegt. Die Antworten darauf waren meist ähnlich: "Ja, wir hatten heute Glück", "Wir haben ordentlich gespielt und stehen in der Champions League sehr gut da" und "Auch das Spiel in Cluj in zwei Wochen wird sehr schwer."

Danach ging es sofort um die Bundesliga, die zehn Punkte Rückstand auf Tabellenführer Borussia Dortmund und das Spiel am Freitag beim Hamburger SV. "Wir dürfen nicht dauernd zählen, wie viele Punkte wir noch hinten sind", forderte Philipp Lahm, schränkte jedoch sofort ein: "Das Spiel in Hamburg müssen wir natürlich gewinnen, sonst wird es schwer."

Auch Lahms Kollegen riefen das Spiel in Hamburg zur prägenden Partie für die kommenden Wochen aus - vergaßen jedoch nicht, auf die Mini-Siegesserie zu verweisen. "Es ist wichtig, nun gegen einen Konkurrenten wie Hamburg zu gewinnen, die beiden Siege zuletzt haben uns Auftrieb gegeben", sagte etwa Badstuber.

Die Spieler des FC Bayern konnten zwar spielerisch in beiden Partien nicht überzeugen, doch haben sie trotz der vielen verletzten Akteure scheinbar etwas wieder, das ihnen zuletzt abhanden gekommen war und das die Konkurrenz noch mehr fürchtet als den Bayerndusel: das bajuwarische Selbstvertrauen.

© sueddeutsche.de/jüsc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: