Champions League:Die Hilflosigkeit des Josep G.

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Pep Guardiola macht ein Gesicht, das zum Fußballabend passt - jedenfalls aus Sicht von Manchester City (Foto: Action Images via Reuters)
  • Pep Guardiola scheitert schon wieder früh mit seiner Mannschaft in der Champions League.
  • Bei der 1:2-Niederlage von Manchester City gegen Liverpool muss der Spanier die zweite Hälfte von der Tribüne aus miterleben.
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Von Martin Schneider

In Pep Guardiolas Augen brannte der Zorn. Er lief auf das Spielfeld, drei seiner Spieler standen bei Schiedsrichter Antonio Mateu Lahoz aus Spanien. Guardiola deutete seinen Leuten an: Geht weg - und redete dann selbst auf den Schiedsrichter ein. Seine Augen traten hervor, man sah eine Spur von Wahnsinn, sein Zeigefinger peitschte durch die Luft. Später wird Guardiola sagen, er habe ihn nicht beleidigt. Dann wandte er sich ab, tippte sich mit seinem Finger auf den Mund, aber es war zu spät. Schiedsrichter Lahoz hatte genug gehört, er schickte Pep Guardiola in der Pause auf die Tribüne.

Wenige Minuten später saß er da auf den hellblauen Sitzen des Stadions von Manchester City, dunkler Trainingsanzug, daran die gelbe Schleife, die er sich ansteckt, um Solidarität mit inhaftierten katalanischen Politikern auszudrücken. Jede Wut war weg aus seiner Mimik, er schaute auf das Spiel, das er nicht mehr beeinflussen konnte, und man sah diesen exzentrischen, zuweilen genialen Fußballtrainer, wie man ihn eigentlich noch nie gesehen hat. Pep Guardiola sah traurig aus. Er sah aus wie jemand, der bereute. Er, der immer alles kontrollieren will, wirkte hilflos.

1:2 hat Manchester City das Viertelfinal-Rückspiel der Champions League am Dienstag gegen den FC Liverpool verloren. Zusammen mit dem 0:3 aus dem Hinspiel bedeutete es das Aus von Guardiola und einen großen Sieg von Liverpool und seinen Trainer Jürgen Klopp.

Die Szene des Spiels, die Guardiola später als entscheidend bezeichnen würde und die seine Raserei entfachte, geschah kurz vor der Pause. Drei Tore hätte Manchester City schießen müssen, um in die Verlängerung zu kommen, und eins hatten sie zu dem Zeitpunkt schon gemacht: Gabriel Jesus traf nach nicht mal 120 Sekunden, ein optimaler Start. Und kurz vor Ende der ersten Hälfte hätte Leroy Sané den zweiten Treffer erzielt. Aber das Schiedsrichter-Team entschied auf Abseits und wie es zu dieser Entscheidung kam, das ist tatsächlich rätselhaft.

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Die Szene ging so: Kevin De Bruyne flankte den Ball in den Strafraum, Liverpools Torwart Loris Karius faustete den Ball nach vorne, vom Oberschenkel von Mannschaftskamerad James Milner sprang der Ball zurück auf Leroy Sané. Der schoss das Tor. Doch der Assistent hob die Fahne: Abseits. Der Schiedsrichter pfiff und deutete an: kein Tor. Aber: Der Ball kam zweimal vom Gegner, erst klar von Karius (er faustet den Ball), dann ziemlich klar von Milner, laut Regelwerk kann Sané dann nicht im Abseits gewesen sein.

Es war kein Abseits vor dem vermeintlichen 2:0

Im Fernsehen sah man, wie der Assistent direkt nach dem Heben der Fahne mit dem Schiedsrichter kommuniziert, es schien, als sei er sich nicht sicher, von wem der Ball kam, auch Schiedsrichter Lahoz stand ungünstig, aber allermindestens der Torrichter, der in der Champions League noch zum Einsatz kommt (wo es den Videobeweis nicht gibt) hätte Milners Berührung sehen müssen. Alles in allem ein bemerkenswerter Schiedsrichter-Fehler auf diesem Niveau.

Den folgenden Dialog vor der Halbzeitpause mit dem Schiedsrichter gab Guardiola auf der anschließenden Pressekonferenz so wieder: "Ich sagte zu ihm 'Es war ein Tor. Milner hat ihn zu Leroy gepasst' und er sagte 'Ah, von Milner kam der Pass' und ich sagte 'Ja, von Milner und dann ist es kein Abseits.' Darum hat er mich auf die Tribüne verwiesen." Er bezeichnete den Schiedsrichter als "speziell". Er kenne ihn aus Spanien. Er sei ein Typ, der es möge, anders zu sein. Seinen Platzverweis fand er überzogen. "Ich war höflich, ich war korrekt."

Tatsächlich hat Guardiola eine Vorgeschichte mit Schiedsrichter Lahoz. Schon in der vergangenen Saison sah er sich vom Spanier beim Achtelfinal-Aus gegen Monaco benachteiligt, weil er seinem Team einen Strafstoß verweigerte. Als Lahoz Manchester City in der Gruppenphase pfiff, grummelte Guardiola ebenso und nun diese folgenschwere Fehlentscheidung. "Wenn wir mit dem 2:0 in die Halbzeit gehen, ist es ein anderes Spiel."

Guardiola sprach danach viel über die Schiedsrichterentscheidungen. Schon im Hinspiel übersahen die Unparteiischen, dass Liverpools Salah beim 1:0 im Abseits stand, wohingegen Citys Anschlusstreffer wegen angeblichem Abseits annulliert wurde. "In diesen Spielen hat das einen großen Einfluss", sagte Guardiola. Wobei er unterschlug, dass man in einer Szene vor Citys 1:0 auch auf Foul gegen Liverpool hätte entscheiden können.

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Gleichwohl wusste er vermutlich, dass es bei einem Ergebnis von 1:5 nach zwei Spielen nicht nur am Schiedsrichter gelegen haben konnte. Zwar entwickelte Guardiolas Mannschaft in der ersten Hälfte vor allem über den omnipräsenten De Bruyne einen unglaublichen Druck auf Liverpool. Die standen teilweise mit neun Mann im eigenen Sechzehner, und das Verteidigungskonzept bestand darin, zu hoffen, dass irgendwer einen Fuß dazwischen bekam. Eine echte Chance hatte Liverpool in den ersten 45 Minuten nie, bis kurz vor der Pause haben sie noch nicht einmal einen Konterversuch zustande gebracht. Jürgen Klopp sagte später, natürlich gut gelaunt: "Es war schwierig, vor allem, wenn man die erste Halbzeit gesehen hat."

Allerdings hatte Guardiolas Team Schwierigkeiten, aus dem Dauerdruck heraus echte Torchancen zu kreieren. Von den sechs Offensiv-Spielern, die er aufgestellt hatte, entsprach keiner dem Typ "Strafraumstürmer". Sergio Aguero, der dem noch am nächsten kommt, saß angeschlagen auf der Bank. Ein Pfostenschuss von Bernado Silva in der 41. Minute - und dann eben das aberkannte Tor von Sané, das waren mit dem 1:0 insgesamt drei echte Torchancen trotz totaler Feldüberlegenheit.

Zum Ausscheiden gehört auch die Tatsache, dass nach Guardiolas Platzverweis Jürgen Klopps Team der erste saubere Spielzug des Spiels genügte, um Citys Abwehr auszuhebeln: Ein Pass von Roberto Firmino, ein entschlossener Antritt von Sadio Mané und ein technisch perfekter Lupfer von Mo Salah. Ein zu einfaches Tor gegen ein Team, das die Champions League gewinnen will. Mit dem 1:1 nach 56 Minuten war das Spiel zu Ende, das 2:1 von Firmino nach 77 Minuten war bedeutungslos.

Schon wieder ein Einbruch in der heißen Phase der Champions League

Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass es Pep Guardiola schon wieder nicht geschafft hat, die Form seiner Mannschaft in die entscheidende Phase der Saison zu retten. Die guardiola'sche Frühjahrsmüdigkeit ist mittlerweile eines der besten Phänomene des Fußballs. In drei Jahren bei Bayern und nun auch bei City laufen seine Spielzeiten in schöner Regelmäßigkeit so: Super Start, überragender Fußball in Herbst und Winter, darum totale Dominanz in der Liga, Einbruch in der heißen Phase der Champions League. Die Premier League führt er mit 13 Punkten an, so überlegen regierte diese Liga schon seit Ewigkeiten kein Team mehr. Aber in der Champions League hat er seit 2011 das Finale nicht mehr gesehen. Eigentlich hat ihn City aber genau dafür geholt und dabei allein in dieser Saison für Transfers etwa 220 Millionen Euro ausgegeben.

Guardiola weiß, dass nur der Schiedsrichter als Erklärung dafür nicht ausreicht.

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