Champions League:Bayern hofft auf Boateng

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Im Januar zog sich Jérôme Boateng einen Muskelbündelriss im Adduktorenbereich zu. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Seit einer Woche trainiert Jérôme Boateng wieder mit der Mannschaft. Die Bayern hoffen, dass der 27-Jährige im Halbfinale gegen Atlético Madrid zum Einsatz kommen kann.
  • Derweil reißen die Spekulationen um einen Wechsel von Mats Hummels zum FC Bayern nicht ab. Die Innenverteidigung ist eine der großen Planstellen des Rekordmeisters.
  • Hier gibt es die Tabelle und Ergebnisse der Champions League.

Von Christof Kneer, München

Der Darmstädter Fußballprofi Sandro Wagner hat gerade den Zorn der gesamten Menschheit oder zumindest des deutschsprachigen Teils des Internets auf sich gezogen, weil er die Gehälter von Fußballprofis in einem Interview als zu niedrig bezeichnet hat. Wer will, kann über diesen innovativen Denkanstoß empört sein, man darf allerdings auch festhalten, dass manche Fußballprofis ihr Geld nicht nur in Statussymbole, sondern auch ins eigene Unternehmen investieren.

So hat der Fußballprofi Jérôme Boateng jüngst auf Kosten der Firma "Jérôme Boateng" einen Fitnesstrainer engagiert, der ihn in die USA begleitete; dort absolvierte Boateng zweieinhalb Wochen lang eine Art privates Trainingscamp. Das eigene Geld hat sich für Boateng inzwischen bezahlt gemacht: Er hat seinen im Januar erlittenen Muskelbündelriss im Adduktorenbereich so erfolgreich auskuriert, dass er seit einer Woche wieder mit den Kollegen trainiert.

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Ob er die Verletzung so erfolgreich auskuriert hat, dass er am Mittwoch schon im Halbfinal-Hinspiel der Champions League bei Atlético Madrid antreten kann? Auf derart zentrale Fragen gab es beim FC Bayern zuletzt gerne unterschiedliche Antworten. Von Pep Guardiola weiß man, dass er in solchen Fällen zur Ungeduld neigt; der Trainer findet, dass Spieler, die der Arzt gesundschreibt, automatisch spielfähig sind.

Boatengs Einsatz von Beginn an gilt eher für das Rückspiel als Option

Die Spieler selbst sehen das nicht immer so; nur er alleine entscheide, wann er wieder spiele, hat Boateng vorige Woche der Bild gesagt, es las sich wie ein kleines Briefchen an seinen Trainer. Boateng ist dann tatsächlich nicht mitgereist zum Auswärtsspiel der Bayern bei Hertha BSC.

Die aktuelle Frage lautet nun, ob Boateng sich der Reisegruppe nach Madrid anschließen wird. Tendenz am Montag: Klares Ja - ein Einsatz von Beginn an gilt aber eher fürs Rückspiel als Option. Auch ein Profi von Boatengs Klasse braucht einen Körper zum Fußballspielen, und so ein Körper braucht Timing und Rhythmus. Beides muss sich Boateng erst wieder besorgen, und dass die Jungs von Atlético ihn diese Besorgungen einfach so erledigen lassen, bezweifeln alle, die diese Jungs einmal bei ihren wütenden Kicks erlebt haben.

Bei Bayern wissen sie, dass ihre Erfolge - aktuell und in Zukunft - vor allem davon abhängen, ob die Elf wehrhaft genug ist, um ihren gepflegten Spielansatz durchzubringen. Auch deshalb debattieren sie im Klub gerade gründlich über jene Zonen des Spielfelds, in denen Wehrhaftigkeit als zentrales Stilelement gilt: über die Innenverteidigung. Die Münchner warten ja nicht nur auf die Rückkehr des Nationalspielers Boateng, sie befassen sich auch ernsthaft mit dem käuflichen Erwerb seines nationalen Nebenmannes Mats Hummels.

Klub und Spieler haben sich bereits ihre wechselseitige Attraktivität versichern lassen, nun prüfen beide, ob sie es miteinander wagen sollen. Den Dortmunder Hummels lockt eine Rückkehr in die fußballerische Heimat, vor allem, weil man diese Heimat als Bayern-Profi ja relativ häufig von oben sieht, aus der Perspektive des Rathausbalkons; die Bayern wiederum reizt die Aussicht auf das magische Defensivdreieck Neuer/Boateng/Hummels, das in Brasilien gemeinsam Weltmeister geworden ist. Und natürlich haben die Münchner auch gemerkt, dass die Dortmunder zuletzt wieder ein bisschen frech geworden sind, und ohne Hummels wären sie vermutlich gleich ein bisschen weniger frech.

Auch ohne vergleichende Blicke nach Dortmund zu werfen, haben die Bayern erkannt, welche Abteilung im eigenen Unternehmen aktuell unterbesetzt ist. Es ist ja eine nicht zu unterschätzende Leistung, dass Guardiola sein Team ohne Abwehr ins Halbfinale gecoacht hat; in der Not hat er David Alaba und Joshua Kimmich als Innenverteidiger erfunden, aber im Klub ahnen sie, dass sie von anderen Trainern nicht so viel Schöpfergeist erwarten können.

Die Bayern beobachten neben Mats Hummels weitere Verteidiger

Nachfolger Carlo Ancelotti gilt eher als Vertreter der klassischen Lehre, er wird kaum auf die Idee kommen, Alaba oder Kimmich im Abwehrzentrum zu platzieren, und die Bayern rechnen auch damit, dass Ancelotti in Javi Martínez vor allem einen Mittelfeldspieler sieht. Bliebe fürs Abwehrzentrum nur Boateng - die verletzungsgeplagten Holger Badstuber und Medhi Benatia sind für eine seriöse Kaderplanung ebenso wenig zu berechnen wie Serdar Tasci, der sich nächste Saison nicht mal mehr selbst als Bayern-Spieler sieht.

Man kann also davon ausgehen, dass die Bayern neben Mats Hummels weitere wehrhafte Männer sichten, es fallen Namen wie der des riesenhaften Senegalesen Kalidou Koulibaly, 24, vom SSC Neapel. Auch Jonathan Tah gilt als Kandidat, allerdings nicht zwingend für die kommende Saison; der 20-Jährige solle sich erst mal in Leverkusen stabilisieren, heißt es. Pep Guardiola muss das nicht mehr kümmern, ihn treibt im Moment etwas anderes um. Er muss es hinbekommen, Jérôme Boateng früh genug, aber nicht zu früh einzusetzen.

© SZ vom 26.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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