Bundesliga: Relegation:Jungbrunnen für Franken

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Der 1. FC Nürnberg erweist sich zum zweiten Mal als Relegations-Spezialist und bleibt erstklassig. Augsburgs Traoré war "der Situation nicht gewachsen".

Volker Kreisl

Eine lange, mühsame Saison ist zu Ende gegangen für den 1. FC Nürnberg, und doch gibt es einiges zu feiern beim Club. Die Abwehr etwa, auf die im entscheidenden Moment Verlass war. Hochleben lassen müssen die Anhänger auch die Nürnberger Stürmer, die - nach unzähligen Chancen - schlussendlich doch trafen. Vor allem zu preisen ist aus Nürnberger Sicht aber jener Tag im Sommer 2008, als die Deutsche Fußball-Liga (DFL) die Relegationsspiele wieder einführte.

Torschütze für den 1. FC Nürnberg: Eric Choupo-Moting (l.). (Foto: Foto: Getty)

Die Relegation ist für den Club seit Sonntagabend ein ausschließlich mit Glücksgefühlen besetzter Begriff, ein Jungbrunnen für Franken. Schon 2009 gab es nach zwei Siegen gegen Cottbus ein Fest zu feiern, die Ausgabe 2010 steht dem in nichts nach. Wirkten die Club-Spieler nach Ende der regulären Saison noch matt und angeschlagen, so wirkten sie nach dem 2:0 (1:0) in Augsburg frisch und innerlich aufgebaut, so, als könne die nächste Saison morgen losgehen.

Die nächste Saison verbringt der Club erneut in der ersten Liga, der FC Augsburg bleibt zweitklassig. "Eine eindeutige Sache" sei das gewesen, urteilte Club-Keeper Raphael Schäfer, der "einen Klassenunterschied" erkannte.

Dabei ging dieses Rückspiel in Augsburgs ausverkaufter Arena zunächst auf dieselbe Weise weiter wie das Hinspiel: mit neuen Lücken in beiden Teams. Augsburgs Trainer Jos Luhukay musste den gelbgesperrten Innenverteidiger Jonas de Roeck durch Stefan Buck ersetzen, Nürnbergs Dieter Hecking Linksverteidiger und Gelbsünder Javier Pinola durch Pascal Bieler. Wenige Minuten waren gespielt, dann kniete Augsburgs Dominik Reinhardt im Gras, er hielt sich das linke Bein und musste mit einer Knieverletzung ausgewechselt werden, ein Zweikampf war dem nicht vorausgegangen. Nach 25 Minuten erwischte es Club-Spieler Mike Frantz, der für den Schwung im Mittelfeld immer wichtiger wird. Frantz hatte ein Schlag auf den Knöchel bekommen, für ihn kam Marcel Risse.

Ein frühes Tor, hatte Trainer Hecking gesagt, sei das erste Ziel, man wolle weiter angreifen wie in der zweiten Halbzeit des Hinspiels, um Stimmung und Ehrgeiz des Gegners früh herunterzudimmen. Zunächst hatte es danach allerdings nicht ausgesehen. Eric Choupo-Moting hatte nach drei Minuten den Ball etwas ungenau, aber immerhin überhaupt aufs Tor geschossen, ansonsten war das Spiel beider Seiten nervös, wenig selbstbewusst, ohne Linie.

Der Ball hüpfte hin und her im Mittelfeld, Ecken gab es keine. Die Nürnberger versuchten es mit weiteren Zuspielen auf Choupo-Moting, die Augsburger über die rechte Seite, auf der Daniel Baier und den beiden Stürmern Stephan Hain und Michael Thurk einige Doppelpässe gelangen. Torschüsse oder Ecken sprangen dabei nicht heraus, immer wieder geriet der Spielfluss ins Stocken, dann kam die 34. Minute, der zweite Torschuss der Nürnberger, und es stand plötzlich 0:1.

Albert Bunjaku, Nürnbergs Schweizer Angreifer, dessen Quote von zwölf Saisontoren den Namen Torjäger durchaus rechtfertigt, hatte Ilkay Gündogan bedient, der nahm aus 20 Metern Maß, schoss mäßig scharf, aber platziert Richtung linkes Eck. Torwart Jentzsch kam zu spät, von seinen Fingerspitzen flutschte der Ball ins Tor. Gündogan ist einer jener jungen Profis, die noch Heckings Vorgänger Michael Oenning entdeckt hatte, die das Spiel des Clubs seitdem prägen, das Tor könnte als Symbol für diese doch noch gelungene Saison gelten.

Für Augsburg wurde es schwer. Weil Nürnberg das Hinspiel 1:0 gewonnen hatte, mussten nun drei Treffer gelingen. Augsburg kam dennoch mit neuem Mut aus der Kabine, doch in der 56. Minute erlitt Augsburgs Optimismus den nächsten Rückschlag. Ibrahima Traore, bester Techniker des FCA, hatte gerade richtig ins Spiel gefunden, da zeigte ihm Schiedsrichter Gräfe die rote Karte.

Kurz zuvor schon hatte Traore Gegenspieler Judt an den Haaren gezogen, in der nächsten Szene fuchtelte er dem am Boden liegenden Judt im Gesicht herum - Praktiken, die auch in der Relegation verboten sind. "Enttäuscht" sei er von Traore, meinte Luhukay, das Interesse einiger Erstligisten habe ihm wohl den Kopf verdreht. "Er war der Situation mental nicht gewachsen", kritisierte der Trainer.

Der Sturmlauf der Augsburger ebbte ab, acht Minuten später ereilte sie der dritte, entscheidende Rückschlag: Möhrle brachte Choupo-Moting im Strafraum zu Fall, der zum Strafstoß selber antrat. Er lief an, wartete, bis Simon Jentzsch nach links sprang und schob den Ball dann cool hinüber in die andere Ecke. Der Club bleibt erstklassig - und behält Dieter Hecking als Trainer. Sein Vertrag verlängerte sich im Moment des Klassenerhalts.

© SZ vom 17.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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