Bundesliga:RB Leipzig gewinnt ein furioses Fußballspiel

Lesezeit: 3 min

Leipzig-Trainer Ralph Hasenhüttl feiert mit Kevin Kampl das 3:2 gegen den BVB. (Foto: AP)
  • RB Leipzig gewinnt das spektakuläre Spitzenspiel in der Bundesliga mit 3:2 beim BVB.
  • Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl freut sich über die gelungene Umsetzung der Taktik - Dortmunds Coach Peter Bosz räumt ein, dass sein Team "Mühe mit Leipzigs Pressing" hatte.
  • Hier geht es zu allen Ergebnissen und zur Tabelle der Bundesliga.

Von Ulrich Hartmann

Als Borussia Dortmund zum vorerst letzten Mal ein Bundesliga-Heimspiel verlor, übte Mats Hummels das Amt des Innenverteidigers beim BVB aus, Kevin Kampl spielte im Mittelfeld, der Trainer hieß Jürgen Klopp. Die Borussia verlor 0:1 gegen Bayern München, am 4. April 2015 war das. Zweieinhalb Jahre oder 41 Bundesliga-Heimspiele später verließen die Dortmunder am Samstagabend die heimische Spielstätte erneut als Verlierer, diesmal gegen Kampls RB Leipzig. Dass die 2:3 (1:2)-Niederlage die Essenz eines äußerst spektakulären Spiels mit fünf Toren, zwei Elfmetern und zwei Platzverweisen war, tröstete die Geschlagenen nicht. "Wir haben das in der ersten Halbzeit verbockt mit viel zu leichten Gegentoren, die dir gegen so einen Gegner das Genick brechen", klagte Mittelfeldspieler Gonzalo Castro.

Für Dortmunds Trainer Peter Bosz war es nach dem 1:3 in der Champions League gegen Real Madrid die zweite Niederlage in der Heimat nacheinander. "Wir hatten Mühe mit Leipzigs Pressing", gestand er später. "Unser Matchplan hat perfekt funktioniert", freute sich entsprechend Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl, "derart offensiv aufzutreten, kann auch nach hinten losgehen, aber wir wollten ein Spektakel bieten und haben Sensationelles geleistet." Die Dortmunder behielten zumindest die Tabellenführung, als kleinen Trost. Es sind jetzt aber nur noch zwei Punkte bis zum FC Bayern, und auch die Leipziger haben sich bis auf drei Zähler herangeschoben.

Die Leipziger werden bei Ballbesitz mit einem schrillen Pfeifkonzert bedacht

Dortmund hatte die Gäste aus Sachsen wie erwartet herzlich begrüßt: mit lakonischen Bannern, einer im Retro-Stil auf Tradition verweisenden Ergebnisanzeige auf den Stadionmonitoren und schrillem Pfeifkonzert bei Leipziger Ballbesitz. Mehr noch als diese Gemeinheiten erfreute das gelb-schwarze Publikum der frühe Führungstreffer durch Pierre-Emerick Aubameyang. Leipzigs Stefan Ilsanker geriet in der 4. Minute in Bedrängnis und wollte den Ball bei seinem Torwart Peter Gulacsi zwischenparken, ließ sich den Ball aber zuvor vom schnellen Aubameyang vom Fuß spitzeln - und sah ihn die Kugel zwei Sekunden später ins Tor schieben. Die Stimmung im Stadion explodierte, wie sie es gefühlt nicht einmal bei einem Treffer gegen den Erzrivalen Schalke tut.

Explosionen haben es freilich an sich, dass sie nur kurz dauern. In diesem Fall dauerte es sechs Minuten. Die Leipziger ließen sich von Bannern, Pfiffen, Anzeigetafel und Gegentor nicht irritieren. Vor der feindlich gesonnenen Südtribüne kamen sie durch eine gut einstudierte Freistoßvariante in der 10. Minute zum Ausgleich: Kampl schoss aus der Zentrale nach links, wo Marcel Halstenberg gegen den von der Erdanziehung überrumpelten Jeremy Toljan per Kopf allzu leicht nach innen köpfeln durfte - dort drückte Marcel Sabitzer den Ball per Kopf über die Linie. Eine Minute später hätte Aubameyang beinahe wieder die Dortmunder Führung erzielt, was Gulacsi aber zu verhindern wusste. Es war nun ein mitreißendes, ein fantastisches Spiel.

Proteste in Dortmund
:Widerstand und Deeskalation

Diesmal bleibt es friedlich: Tausende BVB-Anhänger demonstrieren gegen die Politik von RB Leipzig. Dortmunds Bürgermeister setzt auf Dialog.

Etwa 3000 Leipziger hatten ihre Mannschaft diesmal nach Dortmund begleitet, ungefähr 5000 weniger als beim von Krawallen überschatteten Spiel im vergangenen Februar. Die Gastfeindschaft der BVB-Ultras hatte offenbar Wirkung gezeigt - allerdings nicht in der Leipziger Mannschaft. Deren Portugiese Bruma hatte auf seiner linken Seite mittlerweile mitbekommen, dass der BVB-Verteidiger Toljan nicht seinen besten Tag erwischt hatte.

Bruma nutzte das in der 25. Minute, um von der Seitenlinie ein weitgehend ungestörtes Solo zu starten, das ihn in großem Bogen entlang der Torlinie in den Strafraum führte und in die Mitte auf Yussuf Poulsen passte. Der musste nur noch einschieben. Dass die Dortmunder Fans fortan kaum noch pfiffen bei Leipziger Ballbesitz, war wohl nicht der Anerkennung geschuldet, sondern eher, dass sie nun ungefähr so wenig Luft hatten wie Dortmunder Abwehr in der ersten Halbzeit.

Bosz, der seine Startelf auf gleich sechs Positionen umgebaut hatte, beschloss in der Pause, Julian Weigl für Nuri Sahin und Christian Pulisic für Toljan zu bringen und es mit einer 3-5-2-Formation zu probieren. Die Pläne zerfielen bereits nach zwei Minuten im zweiten Durchgang, als Sokratis, nach einem Ballverlust von Weigl, im eigenen Strafraum Hand an Jean-Kévin Augustin anlegte und nicht nur einen Elfmeterpfiff erntete, sondern auch einen Platzverweis. Ein hartes Urteil für einen eher zahmen Kontakt, aber dem Leipziger Augustin war das unter moralischen Gesichtspunkten wohl egal, als er den Elfmeter in der 49. Minute zum 3:1 verwandelte.

Bosz brachte nun den Verteidiger Marc Bartra für die Offensivkraft Maximilian Philipp, Pulisic agierte als Linksverteidiger. Zumindest personell schafften die Dortmunder binnen neun Minuten den Ausgleich, Ilsanker sah nach einem taktischen Vergehen gegen Aubameyang in der 55. Minute Gelb-Rot - 127 Sekunden nach der gelben Karte.

Sofort wurde es wieder spannend, erst recht, als Schiedsrichter Deniz Aytekin in der 61. Minute per Videobeweis eruierte, dass Aubameyang in einer scheinbar unverfänglichen Szene im Strafraum-Eck von Dayot Upamecano zu Fall gebracht worden war. Aubameyang verwandelte den berechtigten Elfmeter zum 2:3. Dortmund hätte den Ausgleich durchaus noch verdient gehabt, doch wieder Aubameyang und Andrej Jarmolenko vergaben in der fünfminütigen Nachspielzeit die größten Chancen zum Ausgleich.

© SZ vom 15.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

FC Bayern
:Ein Einstand fast wie gemalt

Der FC Bayern versprüht beim Comeback von Jupp Heynckes wieder Spielfreude und siegt 5:0 gegen Freiburg. Doch es gibt auch Selbstkritik aus der Mannschaft.

Aus dem Stadion von Maik Rosner

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: