Bundesliga: Kaiserslautern - Dortmund:Gebremst vom Rübenfeld

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Nach den Erfolgen der Konkurrenz aus Leverkusen und München schafft Dortmund nur ein 1:1 in Kaiserslautern. Der Lauterer Holperrasen und ein Last-Minute-Tor verhindern den Sieg der Borussia.

Jonas Beckenkamp

Jürgen Klopp ist ein fröhlicher, sorgloser Mensch. Im Heiterkeitsranking aller Bundesligatrainer dürfte er sogar den gleichen Platz einnehmen, wie sein Team in der aktuellen Tabelle. Während weniger fidele Kollegen wie Bayern-Coach Louis van Gaal es mitunter "unglaublich" finden, wenn ihnen wegen Länderspielen unter der Woche nur eine Handvoll trainierbarer Profis zur Verfügung stehen, frohlockte Klopp über Test des DFB am Mittwoch gegen Italien: "Jogi Löw soll die Jungs kennenlernen. Ich freue mich für ihn, dass er so Klassekerle dabei hat. Das sind tolle Fußballer und Klassecharaktere." So redet einer, der sich derzeit keine Sorgen zu machen braucht.

Gestolpert am Betzenberg: Borussia Dortmund schaffte wegen Jan Moraveks Tor kurz vor Schluss nur ein 1:1 in Kaiserslautern. (Foto: dpa)

Auch vor der Partie beim 1. FC Kaiserslautern war Sorge beim BVB ein gänzlich ungekanntes Gefühl, schließlich hatte sich keiner von Klopps Kerlen bei ihren Kurzeinsätzen gegen die "Squadra Azzurra" verletzt - und durch Siege der Verfolger Leverkusen (3:0 in Frankfurt) und Bayern (4:0 gegen Hoffenheim) lässt sich die stoisch dahinsiegende Dortmunder Jugendgruppe schon lange nicht mehr aus der Ruhe bringen. Am Ende hatte die Borussia dann aber doch ein wenig Grund zur Klage, denn die späte 1:0-Führung durch Sven Bender (82. Minute) reichte nicht zum Sieg, weil Lauterns Jan Moravek in letzter Sekunde den Ausgleich für den FCK erzielte.

"Das ist sehr ärgerlich, aber wir machen uns jetzt überhaupt keine Sorgen, so ein Schwachsinn. Sowas interessiert mich nicht," sagte Mats Hummels verärgert, während FCK-Trainer Marco Kurz zufrieden wirkte: "Heute hatten wir endlich wieder ein bisschen Glück, wir haben es bis zum Schluss versucht und sind belohnt worden."

"Ganz ehrlich: Ich habe sowieso nicht damit gerechnet, dass Leverkusen oder Bayern ihre Spiele nicht gewinnen, das macht uns nicht nervös," hatte Klopp vor dem Spiel gesagt und dabei um einiges zuversichtlicher geklungen als sein Gegenüber Kurz, dessen Team zuletzt dreimal in Serie verloren hatte. "Wir müssen schon einen sauguten Tag erwischen, wenn wir gegen Dortmund Erfolg haben wollen." Den Ausfall des Polen Jakub Blaszczykowski, der sich bei seinem Länderspielauftritt unter der Woche verletzt hatte, kompensierte Klopp kurzerhand mit einem anderen Polen: Robert Lewandowski übernahm Götzes zentrale Rolle, während der 18-jährige Nationalspieler nach rechts rückte - Dortmunder Sorgen sind kleine Sorgen.

Das offenbarte sich auch in der Anfangsphase des Spiels. Die Borussia schien sich im Flutlicht des Betzenbergs geradezu heimisch zu fühlen und drängte sofort Richtung Lauterer Tor. Lewandowski ließ einen hohen Ball auf Lucas Barrios abtropfen, der aus 16 Metern flach an den Innenpfosten schoss (3.). Immerhin hielt sich der Respekt der Pfälzer vor dem Tabellenführer in Grenzen: Beinahe im Gegenzug landete erneut ein Ball am Gestänge - Christian Tiffert, sonst eher ein filigraner Flankengeber, ließ aus über 30 Metern einen wilden Fernschuss los, der an die Latte knallte (7.).

Weil der Rasen in der Arena die Ebenheit eines Rübenfeldes besaß, machten derartige Haudrauf-Aktionen durchaus Sinn - ebenso wie die vielen weiten Bälle, die beide Teams zunächst in den kalten Lauterer Himmel entsendeten. So landete ein hoher Pass von FCK-Stürmer Srdjan Lakic bei seinem Kollegen Ivo Ilicevic (18.), der die Kugel frei vor dem Tor jedoch genauso wenig kontrollieren konnte wie im Gegenzug zweimal der Dortmunder Kevin Großkreutz (20., 22.). Bälle versprangen, hoppelten und änderten grotesk ihre Laufrichtung - es herrschte Bolzplatzflair, Fußball fand hier nur bedingt statt, doch das Geschehen blieb unterhaltsam weil unberechenbar.

Dem Gusto der jungen schwarz-gelben Ballvirtuosen schien das nicht unbedingt zu entsprechen, weshalb sie dazu übergingen, ihr gewohnt erhabenes Passspiel aufzuziehen, soweit es die unwürdige Unkrautwiese zuließ. Eine verpasste Götze-Hereingabe durch Barrios (30.) blieb aber der einzig gefährliche Moment vor der Pause. Schießt Dortmund etwa keine Tore mehr? Nach dem 0:0 im Revierderby in der Vorwoche verbrachte die Borussia bis zu diesem Zeitpunkt immerhin 135 Minuten ohne Treffer. Eineinhalb Spiele, drei Halbzeiten, ach was: eine kleine Ewigkeit. Wer noch auf den Dortmunder Einbruch hofft, muss sich schon an solchen Lächerlichkeiten laben.

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Stadionbesucher, die sich in der Pause nicht an derartigen Gedankenspielchen erfreuten, sondern am Bratwurststand, verpassten gleich nach Wiederanpfiff zwei strittige Szenen, in denen beide Teams einen Elfmeter forderten: Ilicevic fiel im BVB-Strafraum, Götze strauchelte auf der Gegenseite über FCK-Verteidiger Thanos Petos, der den Ball mit der Hand berührte - beide Male blieb der Pfiff von Schiedsrichter Florian Meyer aus. Es war kalt auf dem Betzenberg und immer noch wartete man darauf, dass die Dortmunder endlich wärmer würden mit dem ramponierten Hoppelrasen.

Dortmunds Lukasz Piszczek kämpft mit dem Rasen - auf dem Betzenberg war geordnetes Fußballspielen nicht immer möglich. (Foto: dpa)

Im Mittelfeld bemühte sich Nuri Sahin um spielerische Größe, was ihm bis auf ein paar himmelhohe Querschläger gut gelang, vorne rackerten weiter Barrios und Götze, der zuvor in der 53. Minute nach einem Durchstecker von Großkreutz erneut freistehend an Lauterns Keeper Tobias Sippel gescheitert war. Immer wieder jedoch fiel die Borussia auch für längere Phasen in das einfallslose Hoch-und-Weit-Schema ihres Gegners zurück, als dachten sich die Spieler: Solange der Ball in der Luft ist, kann er wenigstens nicht verspringen.

Die Partie hoppelte ohne größere Höhepunkte dem Ende entgegen, als ein scheinbar harmloser Angriff des BVB über rechts im ersten Treffer des Spiels mündete: Eine flache Hereingabe kullerte verdächtig ungebremst in den Lauterer Strafraum, wo gleich mehrere Akteure über den Ball stolperten, ehe Sven Bender sich geschickt drehte und aus acht Metern mit Links einschoss (82.) - die Borussia hatte wieder getroffen, nach 172 Minuten.

Für den FCK war das Tor ein später Weckruf, gegen ein 0:0 hätten die Pfälzer gewiss nichts einzuwenden gehabt, aber jetzt standen sie vor der vierten Niederlage hintereinander. Ein weiter Schlag führte zu einem Laufduell zwischen BVB-Verteidiger Neven Subotic und Lakic, bei dem der Pfälzer Kroate zu Fall kam - für Schiedsrichter Meyer eine gelbwürdige Aktion und da Subotic schon verwarnt war, flog er mit Gelb-Rot vom Platz (84.).

Kaiserslautern war jetzt, so kurz vor Schluss, endlich drin in der Partie, sie rannten und kämpften und hatten beschlossen, dass man nicht erneut verlieren wollte. Eine Ecke von rechts landete zentral vor dem Dortmunder Sechzehner, wo der Tscheche Jan Moravek das Leder stoppte und einfach abzog - sein Schuss zischte in den Winkel des Borussia-Gehäuses, es stand 1:1 (90.). Das Spiel fand ein kurioses Ende, nachdem alles bereits auf einen erneuten Dortmunder Sieg hingedeutet hatte.

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