Bundesliga:Es knarzt und quietscht beim FC Bayern

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Das Mainzer Siegtor am vergangenen Mittwoch: Der Ball zappelt im Netz, der Torschütze dreht ab, beim FC Bayern manifestiert sich ein Problem. (Foto: imago/MIS)

Formschwäche von Spielern, Anfälligkeit bei Kontern: Das Spiel des Tabellenführers läuft vor dem Topspiel in Dortmund an ein paar Stellen nicht mehr rund.

Von Benedikt Warmbrunn, München

Spätestens als Martin Schmidt über die Kraft des Glaubens sprach, sprach er nicht mehr nur als Trainer seiner Mannschaft. Seine Stimme war nun die Stimme aller Nicht-FC-Bayern-Fans, die Stimme aller Vermarktungsagenten der Fußball-Bundesliga, und natürlich war sie auch die Stimme aller Borussen aus Dortmund. "Der Glaube", sagte also der Trainer des FSV Mainz 05, "macht alles wahr."

Schmidt erzählte dann, dass er mit seinen Spielern vor der Partie in München nur über einen Sieg gesprochen habe, dass er ihnen nur gesagt habe, was zu tun sei, um zu gewinnen, "denn nur wenn der Glaube da ist", sagte Schmidt, "kannst du solche Geschichten wahrmachen".

2:1 gewann Mainz am Mittwochabend beim FC Bayern, es war die erste Heimniederlage des Tabellenführers in dieser Spielzeit, und auf einmal ist sogar das wahr geworden, woran fast niemand mehr in der Bundesliga glauben wollte: Zehn Spieltage vor dem Saisonende ist die Spannung in der Meisterschaftsfrage zurückgekehrt.

"Bei uns ist einiges schiefgelaufen"

Die Spannung hatte sich ja geräuschvoll verabschiedet, als der FC Bayern zu Hause Borussia Dortmund entzaubert hatte, das war Anfang Oktober. Und es war, zeigte sich nun, nichts weiter als eine Finte. Zurückgekehrt ist die Spannung ausgerechnet zum ersten Stadionbesuch des früheren (und womöglich zukünftigen) Präsidenten Uli Hoeneß nach seiner Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung. Zurückgekehrt ist sie aber auch vor allem vor dem Wochenende, an dem Dortmund den FC Bayern empfängt.

Nun hat die Niederlage des FC Bayern gegen Mainz nicht den Weltenlauf verändert, der Titelverteidiger bleibt Tabellenführer für mindestens eineinhalb weitere Wochen, ganz unabhängig vom Ausgang der Partie am Samstag in Dortmund, nach der der FC Bayern ja selbst im Falle einer weiteren Niederlage noch zwei Punkte Vorsprung hätte. Doch dass das Spiel der Münchner zurzeit an ein paar Stellen knarzt und quietscht, das war gegen Mainz nicht zu übersehen, auch schon vor dem Siegtreffer von Jhon Córdoba in der 86. Minute.

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"Bei uns ist einiges schiefgelaufen", sagte Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsboss. Auch Pep Guardiola, der sonst selbst in schweren Stunden so überschwängliche Trainer, wollte nicht verheimlichen, dass sich im Spiel der Mannschaft durchaus ein paar Ungleichgewichte eingeschlichen haben. "Heute gab es ein klares Signal", sagte Guardiola: "Gewinnen ist nicht einfach."

Der Trainer erklärte nach der Niederlage gegen Mainz ungewöhnlich ausführlich seine taktischen Überlegungen, er klang dabei wie einer, der selbst noch einmal durchgeht, wo genau der Fehler lag. Seine Mannschaft hatte deutlich mehr Ballbesitz, das ist für sie ja nicht ungewöhnlich, doch dieses Mal war es nicht ein Ballbesitzspiel, das den Gegner zermürbte. Es zermürbte die Ballbesitzenden selbst. Mit ihren Pässen legten sich die Bayern nicht die Mainzer zurecht, sie wichen vielmehr deren Abwehrlinien aus. Sah eine Situation nach einer guten Gelegenheit aus, scheiterte es doch noch an einer Kleinigkeit, und sei es nur eine Mainzer Fußspitze.

"Ich würde gerne mit elf Stürmern spielen", sagte Guardiola, "aber wir können nicht mit elf Stürmern spielen." Zumal auch dort, im Angriff, die Zauberkünstler der vergangenen Monate ein paar Problemchen mit sich herumtragen. "Sechs, sieben, acht Spieler haben gut gespielt", sagte der Trainer. Drei, vier oder fünf demnach nicht.

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Müller und Lewandowski treffen zwar in schöner Regelmäßigkeit, auch Arjen Robben findet zu alter Stärke zurück; der vorerst letzte Nachweis war sein ansatzloser Schuss zum Ausgleich (64.). Franck Ribéry fehlt dagegen nach seiner langen Zeit voller Verletzungen noch die Lust zur Spontaneität. Am auffälligsten ist das leichte Frühjahrstief bei Douglas Costa, im Herbst noch die Sensation der Liga. Der Brasilianer hat zwar weiterhin sechs, sieben, acht spektakuläre Dribblings pro Spiel, inzwischen jedoch auch immer drei, vier, fünf ziemlich vergurkte Zuspiele. "Douglas war in der Hinrunde sehr speziell für uns", rechtfertigte Guardiola, warum er ihn gegen Mainz einwechselte - und nicht zum Beispiel Mario Götze.

"Aber wir haben ihre Konter nicht gut kontrolliert"

Diese kleinen Formdellen erschweren Guardiola die Rotation, die bei Dortmund zurzeit wunderbar funktioniert. Gegen Mainz schonte er Kapitän Philipp Lahm, Xabi Alonso sowie Joshua Kimmich, und schon hatte das Team wieder eine überwunden geglaubte Schwachstelle: die Anfälligkeit bei Kontern.

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Mainz verschloss die Passwege in der Mitte, Guardiolas Spieler rückten dadurch oft nach außen - doch weil sich nicht allenfalls drei, vier, fünf Spieler an diese Verschiebungen hielten, entstanden immer wieder Lücken. Durch die startete Mainz seine Gegenangriffe, nicht nur vor Córdobas Endstand, auch schon vor Jairo Samperios Führungstreffer (26.). "Manchmal denkst du: viele Mittelfeldspieler, viel Kontrolle", sagte Guardiola. "Aber wir haben ihre Konter nicht gut kontrolliert." Robben sagte gar genervt: "Wir reden immer wieder über dasselbe. Wir schaffen es nicht, die Spiele zuzumachen. Wir dürfen solche Konter nicht zulassen."

Um zu beschreiben, welche Eigenschaft der FC Bayern braucht, um schon in Dortmund die Spannung sofort wieder zu vertreiben, suchte Robben ein Wort, das so überhaupt nicht passt zum eigentlich so leichten Spiel des FC Bayern. Er suchte ein Wort, das das Strenge, Harte, Unerbitterliche beschreibt. Er fand das Wort: rigoros.

© SZ vom 04.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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