Borussia Dortmund:BVB vor dem Topspiel: Nur Klopp lacht laut

Borussia Dortmund - 1899 Hoffenheim

Dortmunds wichtigster Stürmer - auch gegen die Bayern? Pierre-Emerick Aubameyang.

(Foto: dpa)
  • Geht noch was im Titelrennen? Nach dem souveränen Sieg in Darmstadt und der verbesserten Ausgangslage wundert sich Dortmund über die eigenen Möglichkeiten.
  • Das Spiel gegen den FC Bayern am Samstag bekommt eine besondere Brisanz.

Von Johannes Aumüller, Darmstadt

Vielleicht lohnt sich die Vorstellung, welche Atmosphäre das Fußballland wohl befiele, wenn die Situation genau umgekehrt wäre. Wenn es sich also nicht bei Borussia Dortmund, sondern beim FC Bayern München um den Verfolger handeln würde, der am Mittwochabend den Abstand auf den Tabellenführer auf fünf Punkte reduziert hat und der angesichts eines anstehenden Heimspiels gegen den Spitzenreiter eine unverhoffte Titelchance wittern darf; und wenn sich nach einem 2:0 in Darmstadt ein paar führende Vertreter der bajuwarischen Fußballsprachgewalt vor den Mikrofonen und Blöcken der Journalisten postiert hätten.

Welch knackige Sätze hätte das Land wohl vernehmen können, feste Darstellungen über den Glauben an die eigene Kraft und Stärke, und vergleichbare Situationen aus der Vergangenheit legen die Mutmaßung nahe, dass auch jemand das Wort "weghauen" benutzt hätte. Spitzenspiele sind oftmals ja auch Verbalduelle.

Aber gemäß der offiziellen Tabelle der Fußball-Bundesliga ist nun mal nicht der FC Bayern der Verfolger - sondern Dortmund. Dort wissen sie nur zu gut, dass es mitunter gefährlich sein kann, einen angeknockten bayerischen Löwen durch großspurige Beiträge noch weiter zu reizen.

Die Verwendung eines Wörtchens wie "weghauen" durch einen schwarz-gelben Vertreter war nach dem souveränen 2:0-Sieg am Darmstädter Böllenfalltor daher etwa so wahrscheinlich wie ein plötzliches Bekenntnis "Im Übrigen liebe ich von Herzen Schalke 04". Andererseits war den Dortmundern auch anzumerken, dass sie in ihren Lage-Einschätzungen bei allem Verzicht auf übertriebene verbale Angriffslust eine selbstverständliche Portion Selbstvertrauen in die Welt senden wollten.

"Der Ball liegt jetzt bei uns. Und es liegt bei uns, den nächsten Schritt zu machen", sagte etwa Trainer Thomas Tuchel. Kapitän Mats Hummels kündigte an, dass es "brennen wird bei uns". Und den inoffiziellen Preis für die forscheste Formulierung erarbeitete sich vorläufig Außenverteidiger Erik Durm, als er sagte: "Jeder weiß, dass wir gewinnen können."

Das heißt, einen Protagonisten gab es doch noch, der diese Aussage ein wenig toppte. "Ich weiß im Moment noch nichts von den anderen Ergebnissen, also . . . ähm, ähm, ich habe gehört: Bayern hat verloren - ha, ha, ha, ha", lachte ein gewisser Jürgen Klopp in die Fernsehkameras. Aber der gehört ja auch nicht mehr so richtig zur schwarz-gelben Familie.

Tuchel kann acht Leute schonen

Es hat sich bei dieser Wortmeldung aus dem fernen Liverpool auch der Gedanke aufgedrängt, ob die Dortmunder Mannschaft unter einem Trainer Klopp ebenfalls noch in eine so aussichtsreiche Verfolger-Position hätte hineinrutschen können. Spiele gegen tendenziell destruktiv und defensiv agierende Mannschaften wie Darmstadt waren in den vergangenen Jahren nicht gerade die Lieblingsaufgabe des BVB.

Beim Mittwochsauftritt am Böllenfalltor taten sich die Dortmunder bisweilen zwar schwer, aber im Endeffekt zogen sie die Aufgabe seriös und effektiv durch: Zäher Beginn, kurze Druckphase mit zwei Treffern durch Adrian Ramos (38.) und Erik Durm (53.), danach eine weitgehend souveräne Ergebnisverwaltung, so sah der Abend aus Sicht der Dortmunder Verantwortlichen aus. Alles ganz unspektakulär - als "sehr professionell", lobte Trainer Tuchel den Auftritt.

Der 42-Jährige und sein Stab haben ein paar beruhigende Lehren aus diesem Sieg ziehen können. Sie durften zum Beispiel zur Kenntnis nehmen, dass sie aus ihrer Mannschaft in solchen Spielen auch einmal acht Akteure (unter anderem Marco Reus und Henrikh Mkhitaryan) herausrotieren können, um die Kräfte fürs nächste Spiel zu schonen.

Ebenso konnte Tuchel registrieren, dass sein Team Widrigkeiten ganz gut wegstecken kann - etwa die gewohnt engmaschige Deckungsarbeit der Gastgeber oder die miserablen Platzverhältnisse, für die sich Darmstadts Trainer Dirk Schuster hinterher sogar entschuldigte: "Ich schäme mich, so einen Platz anzubieten", teilte er mit, am Vortag hätte er gar wegen Verletzungsgefahr das Abschlusstraining abbrechen müssen. Immerhin soll bis zum nächsten Heimspiel gegen den FC Augsburg in anderthalb Wochen ein neuer Rollrasen aufliegen.

Es war auch nicht das erste Spiel in der jüngeren Vergangenheit, das Dortmund gewann, ohne dabei großartig zu glänzen. Gegen Ingolstadt oder Hoffenheim lief es schon ganz ähnlich. Und so dürfen die Borussen nun mit einer Pflichtspiel-Ausbeute von neun Siegen aus zehn Partien im Kalenderjahr 2016 sowie dem Status als bester Rückrunden-Elf der Liga das Spitzenspiel am Samstag angehen. Andererseits können sie sich sicherlich noch gut an das vorerst letzte Aufeinandertreffen mit dem FC Bayern erinnern: Im Hinspiel im Oktober gab es eine 1:5-Klatsche. Neben allem anderen auch noch ein Grund, vor dem Aufeinandertreffen nicht allzu markige Worte zu wählen.

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