Bundesliga:Dutt kämpft, Gentner und Ginczek verlängern

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"Worst case": VfB-Sportvorstand Robin Dutt über den drohenden Abstieg des Traditionsklubs in die zweite Fußball-Liga. (Hier nach dem verlorenen Spiel gegen Mainz am vergangenen Wochenende) (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der VfB Stuttgart kämpft um den Verbleib in der Fußball-Bundesliga - und Sportdirektor Robin Dutt um seinen Job.
  • Kapitän Christian Gentner und Stürmer Daniel Ginczek verlängern ihre Verträge - auch für den Zweitliga-Fall.
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Von Christof Kneer, Stuttgart

Wenn das nicht alles so traurig gewesen wäre, hätte sich Robin Dutt vielleicht sogar über diesen Widerspruch amüsieren können. Als er nach dem 1:3 gegen Mainz am Zaun bei den wütenden VfB-Anhängern stand, geschah ja zweierlei: Die Leute weinten und fluchten, sie gaben ihm die Schuld an der Zusammenstellung dieser historischen Mannschaft, der in wenigen Tagen vermutlich der zweite Abstieg der Vereinsgeschichte gelingen wird.

Und dann riefen dieselben Leute, dass nicht nur er, Dutt, sich unter Mitnahme des Restvorstandes schleunigst schleichen solle, sondern auch der Großteil dieser historischen Mannschaft; nur ein paar Spieler seien es wert zu bleiben, Kevin Großkreutz natürlich, aber auch Serey Dié, Lukas Rupp oder der Torwart Mitch Langerak.

Das sind übrigens alles Spieler, die der Sportvorstand Robin Dutt geholt hat.

In Stuttgart geht gerade einiges durcheinander, die Fans sind verwundet und empört, die Spieler sind verwundet und verunsichert, die Funktionäre sind verwundet und nervös. Man muss nicht den HSV erlebt haben, um die Reflexe zu ahnen, die einen Traditionsverein in der Krise bedrohen. Zwar verfügt der VfB anders als der HSV nicht über mehrere hundert Aufsichtsräte und Ex-Aufsichtsräte, es gibt auch keinen Mäzen, der dauernd Rafael van der Vaart kaufen will. Aber auch in Stuttgart hat die vielversprechende Aussicht auf den ersten Abstieg seit 1975 das Potenzial, den Verein massiv durchzuschütteln.

Robin Dutt, 51, hat einen sehr bitteren Samstag hinter sich, und er hat bittere Tage vor sich. Er muss nach innen und außen den souveränen Sportchef geben, er muss drinnen den Spielern und draußen den Leuten klar machen, dass es noch eine Chance auf den Klassenverbleib gibt, aber er darf nicht so tun, als sei sie allzu groß. Und gleichzeitig muss Dutt bei allem, was er tut und sagt und nicht sagt, immer auch die eigene Zukunft mitdenken; er will - ohne dass es aufdringlich klingt - schon wissen lassen, dass er "vorbereitet" ist, "dass die Hausaufgaben auch für den worst case erledigt sind".

Dutts VfB muss demnach nicht hilflos zusehen, wenn nach einem Abstieg die Geier überm Vereinsgelände kreisen, die Spieler besitzen angepasste Zweitliga-Verträge, und seit Montag hat der VfB erste konkrete Ergebnisse: Kapitän Christian Gentner verlängerte - auch für den Zweitliga-Fall - bis 2019, Stürmer Daniel Ginczek wird ebenso in jedem Fall bleiben. Sein neuer Kontrakt gilt bis 2020.

Dutt kämpft um seinen Job, ebenso Präsident Bernd Wahler, der politisch Verantwortliche für Tabellenplatz 17. Dutt kennt natürlich die ungeschriebenen Gesetze der Branche, die es eigentlich bei Strafe verbieten, dass ein Funktionär einen Klub nach 41 Jahren in die zweite Liga führt.

Dutts Transferbilanz ist durchaus respektabel, aber er weiß, dass ihn die Trainerauswahl (Alexander Zorniger, Jürgen Kramny) und das jüngste Krisenmanagement angreifbar gemacht haben. Was im Vorjahr der Schlüssel zum Klassenverbleib war (Ruhe bewahren, seriös entscheiden, Trainer stützen), könnte nun der Schlüssel zum Abstieg sein: Den schleichenden Verfall von Ernsthaftigkeit und Widerstandskraft hat diesmal keiner aufhalten können.

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Hinter den Kulissen laufen sich erste Kandidaten warm

In dieser Woche wird sich der VfB auf seine letzte, kleine Chance konzentrieren, aber nächste Woche wird der Aufsichtsrat den Vorstand zum Karrieregespräch bitten. Hinter den Kulissen laufen sich bereits erste Kandidaten warm, der alte VfB-Held Karl Allgöwer - Kosename Wasen-Karle - hat am Montag bereits zarte Ambitionen angemeldet. Seit Januar ist Allgöwer, 59, als Berater für den VfB tätig, aber so "eine Alibi-Funktion", sagte er, werde er künftig "nicht mehr übernehmen".

Er gehe davon aus, dass er an den Gesprächen nächste Woche teilnehme, meinte Allgöwer, und kündigte schon mal an, da werde es "sicher nicht sehr freundschaftlich zugehen". Allgöwer gilt als Kandidat für den Aufsichtsrat, in dessen Ressort die mögliche Berufung eines neuen Sportchefs fiele. Dutt wird bei den Räten aber für seine Pläne werben, er hat Reformen in Scouting und Nachwuchsarbeit angebahnt, und an deren Erfolgen möchte er sich messen lassen.

Noch ist der VfB nicht abgestiegen, aber wenn es so weit kommt, bleibt ihm nicht viel Zeit. Der Klub braucht einen Sportchef, der gleich einen aufstiegstauglichen Zweitligakader plant.

© SZ vom 10.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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