Brasilien bei der Fußball-WM:"Wenn die ihre Arbeit nicht machen - ihr Problem"

Lesezeit: 2 min

Wurde zehn Mal gefoult: Brasiliens Neymar. (Foto: REUTERS)
  • Mitfavorit Brasilien spielt im ersten WM-Spiel 1:1 gegen die Schweiz.
  • Vor dem Ausgleich durch den Schweizer Steven Zuber gibt es einen Schubser - weshalb die Brasilianer um Neymar sich über das Nichteingreifen des Video-Assistenten ärgern.
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Von Javier Cáceres, Rostow am Don

Brasiliens Nationaltrainer Tite versuchte erst gar nicht, dieses 1:1 gegen die Schweiz schönzureden. "Natürlich hatte ich Erwartungen! Natürlich hatte ich gehofft, dass wir einen Sieg holen! Und natürlich bin ich mit dem Resultat nicht glücklich!", rief Tite aus, als er am Sonntag kurz vor Mitternacht in der Rostow Arena im Pressesaal saß, nach dem Remis im Auftaktspiel der Gruppe E. Und ausgerechnet er, der sich sonst scheut, über die Schiedsrichter zu sprechen, ließ sich dazu hinreißen, die Rechtmäßigkeit des Ausgleichstreffers der Schweizer durch Steven Zuber infrage zu stellen. Er wolle keine Ausreden suchen, "aber die Szene war sehr klar. Das darf auf diesem Niveau nicht passieren", sagte Tite mit Blick auf die Situation, die in der 50. Minute zum Ausgleich geführt hatte.

Nach einer Ecke von Xherdan Shaqiri standen Zuber und Brasiliens Innenverteidiger Miranda gemeinsam im Fünfmeterraum. Zuber versetzte Miranda von hinten einen Schubser - und verschaffte sich damit entscheidend Luft. Bei bloßem Augenschein war da nichts, was man bei Standardsituationen nicht tausendfach in einem Spiel sehen würde. "Ach komm ...", stöhnte Zuber, als er in der Mixed Zone auf die Szene angesprochen wurde. Allerdings kostete Miranda der Rempler wohl ein paar wichtige Punkte Konzentration. Zuber, der bei Hoffenheim in der Bundesliga spielt, stieg hoch und traf aus drei Metern per Kopf, weil auch Torwart Allison nicht die Linie verließ.

Stürmer Neymar, der zunächst ausschließlich wegen seiner extravaganten Frisur auffiel, war davon überzeugt, dass man Foul hätte pfeifen müssen - und fragte sich, warum der Videoschiedsrichter nicht zum Einsatz kam. Neymar hatte, noch während das Spiel nach dem Treffer unterbrochen war und die Schweizer feierten, die Sequenz auf der Großbildleinwand im Stadion sehen können. Und protestierte auf dem Rasen vehement. "Die haben vier Profis da sitzen, die sich das anschauen ...", ärgerte sich Neymar über die Videoschiedsrichter. "Wir müssen nur Fußball spielen, wir müssen uns nicht um sie kümmern. Wenn die ihre Arbeit nicht machen - ihr Problem." Der Schweizer Trainer Vladimir Petkovic entgegnete: "Unserem Tor ging ein normaler Zweikampf voraus. Der Gegner stand eher schlecht, als dass wir Foul gespielt haben."

Schon im Achtelfinale könnte Brasilien auf Deutschland treffen

Für die Brasilianer waren die verlorenen Punkte auch deshalb ärgerlich, weil sie gut begonnen hatten. Sie pressten hoch, ließen in einigen Szenen Klasse aufblitzen, kamen zu Chancen. Als dann auch noch Philippe Coutinho mit einem Traumtor aus 20 Metern traf, schien die Partie gelaufen. Doch die Brasilianer zogen sich merklich zurück, ohne dass die Schweizer daraus hätten Kapital ziehen können - bis nach der Pause Zuber traf.

Danach bekamen die Brasilianer wieder merklich Übergewicht und hatten auch ihre Torgelegenheiten, Trainer Tite zählte rund 20 Schüsse. Doch kaum einer davon ging aufs Tor, die Abschlüsse kamen zu ungenau. "Die Ungeduld war zu groß, wir waren nicht präzise genug", ärgerte sich Tite. Und Neymar ging wegen gleich zehn Fouls, die er erlitten hatte, nicht nur humpelnd davon. Er trug auch die Überzeugung mit sich, dass die Schweiz es nicht verdient hatte, das Unentschieden zu erzielen. "Wir können das besser. Aber das war ein Spiel, das uns hilft, zu verstehen, dass die WM nicht einfach werden wird", sagte Neymar.

Wegen der deutschen Niederlage gegen Mexiko in der Gruppe F droht nun möglicherweise schon im Achtelfinale eine Neuauflage des Finales von 2002 - und der Begegnung bei der WM 2014, als Deutschland den Brasilianern ein 1:7 zufügte. Daran wollte Kunstschütze Coutinho aber keinen Gedanken verschwenden. "Unser Ziel ist es, uns für die nächste Runde zu qualifizieren."

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