Borussia Dortmund:Dem BVB rennt die Zeit davon

VfL Bochum v Borussia Dortmund - Preseason Friendly

Neven Subotic, Ousmane Dembélé und Nuri Sahin nach dem 2:2 gegen den VfL Bochum.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Unter Thomas Tuchel spielte Borussia Dortmund erfolgreich im 3-5-2. Der neue Trainer Peter Bosz will das in Holland übliche 4-3-3 durchsetzen.
  • Gegen den VfL Bochum hat die Mannschaft damit massive Probleme, Bosz räumt selbst ein, dass es auch "0:5 hätte stehen können".
  • Dazu sind die Spieler Julian Weigl, Marco Reus und Raphael Guerreiro verletzt. Auch Mario Götze braucht noch Zeit.

Von Ulrich Hartmann, Bochum

Peter Bosz will "Quatsch" sagen. Aber vorher muss sich der Niederländer dieser deutschen Vokabel erst noch versichern. Man muss ja höllisch aufpassen heutzutage: Ein einziges falsches Wort, und schon melden die Zeitungen, Pierre-Emerick Aubameyang wechsele nach China oder in die Formel Eins oder erklettere den Mount Everest. Bosz sagt also nach kurzer Rückfrage beim Kommunikationsdirektor mit aller Entschiedenheit: "Quatsch!" Eine aktuelle Meldung, wonach Aubameyang im kommenden Winter doch noch nach China gehe, dementieren sie bei Borussia Dortmund energisch und mit einigem Unverständnis.

Mit Gerüchten um Aubameyang wollen sie sich beim BVB lieber gar nicht mehr beschäftigen

Obwohl der Klub jüngst mitteilte, seinem wichtigsten Spieler einen Wechsel im Sommer zu verbieten, brutzelt es beim Gerüchte-Barbecue weiter. Bosz hat am Wochenende freilich allen bewiesen, dass der BVB ohne Aubameyang bloß so kraftvoll wäre wie ein Elektrogrill mit Heizstäbchen. Während eines Testspiels beim Zweitligisten VfL Bochum hat er Aubameyang ebenso wie den Flügelspieler Ousmane Dembelé 75 Minuten auf der Bank gelassen; als beide eine Viertelstunde vor Schluss ins Spiel kamen, lag Dortmund 0:2 hinten - am Ende stand es 2:2.

Der Niederländer Bosz will den Dortmundern das 4-3-3-System beibringen. Dieses System spielt die niederländische Nationalelf seit Jahrzehnten, mit diesem System in einer aggressiven Pressingversion hat Bosz vorige Saison Ajax Amsterdam ins Endspiel der Europa League geführt. Bosz wählt in Dortmund die Notfallnummer 433, obwohl die Borussen unter Trainer Thomas Tuchel mit einem 3-5-2-System hervorragende Ergebnisse erzielt hatten. Von Tuchel trennte sich der Klub ja aus atmosphärischen Gründen und nicht, weil sein Spielsystem fehlerhaft gewesen wäre. Trotzdem müssen Spieler nun einen neuen Fußball lernen - dass sie vier Wochen vor dem Saisonstart damit noch ihre Probleme haben, wurde in Bochum deutlich.

Ismail Atalan, Bochums neuer Trainer, liebt dagegen genauso wie Tuchel das 3-5-2: Dreier-Abwehr, Fünfer-Mittelfeld, Zweier-Sturm. Dadurch, schwärmt der Nachfolger von Gertjan Verbeek, habe man "eine gute Breiten- und Tiefenstaffelung, ist sehr variabel, schafft Überzahl in relevanten Zonen und kann durch seine Zentrumsspieler Druck ausüben". Atalan ist erst seit zwei Wochen Trainer beim VfL, sein System hat er offenbar wahnsinnig schnell vermittelt. In vier gewonnenen Testspielen schossen de Bochumer 19 Tore, den BVB führten sie phasenweise vor.

Die Dortmunder dagegen tun sich mit ihrer Neujustierung noch schwer: 2:3 in Essen, 3:2 gegen Urawa, 3:1 gegen AC Mailand, 2:2 in Bochum. "Wir müssen das neue System weiter verinnerlichen", sagt Torwart Roman Bürki. Alle Systeme sind davon abhängig, dass Fußballer sie gewissermaßen blind spielen können, so weit ist Dortmund längst nicht. Als Aubameyang und Dembelé beim Stand von 0:2 ins Spiel kamen, "hätte es auch 0:5 stehen können", räumte Bosz ein. Aber dann wirbelten Aubameyang und Dembelé , binnen 68 Sekunden erzielten Gonzalo Castro (85.) und Christian Pulisic (87.) den 2:2-Endstand.

Die Umstellung des Systems ist aber nicht das einzige Problem des BVB. Julian Weigl, Raphael Guerreiro und Marco Reus fallen lange aus, und Mario Götze ist trotz dreier Kurzeinsätze längst nicht wieder da, wo er mal war. "Wir versuchen weiter, ihn vorsichtig aufzubauen", sagt Bosz. Am Samstag spielte Götze erstmals seit sieben Monaten wieder in der BVB-Startelf, er gab einen Achter im Mittelfeld, halb rechts vor Sebastian Rode und an der Seite von André Schürrle (halb links). Am 20. Dezember 2016 hatte Tuchel ihn letztmals von Beginn an gebracht, danach war Götze erst Ergänzungsspieler und dann wochenlang Patient mit einer Stoffwechselerkrankung. Nun ist die Branche gespannt, ob und wie schnell er zu alter Stärke zurückfindet.

"Zum Glück spielen wir jetzt nur noch gegen internationale Erstligisten", sagt Bosz nach den Enttäuschungen beim Viertligisten Essen und beim Zweitligisten Bochum. Am Mittwoch reist der BVB ins Trainingslager nach Bad Ragaz/Schweiz, am Freitag spielt er gegen Espanyol Barcelona, vier Tage später gegen Atalanta Bergamo. Am 5. August folgt dann das Supercup-Duell gegen den FC Bayern. Keine zwei Wochen sind es noch bis dahin. Für Bosz und den BVB wird die Zeit allmählich knapp. Schon deshalb wollen sie sich mit Gerüchten um Aubameyang lieber nicht mehr beschäftigen.

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