Bayern-Trainer Jupp Heynckes:Aufgeräumt ins große Karrierefinale

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Bayern-Coach Jupp Heynckes bestätigt, was zu erwarten war: Das deutsche Pokalfinale gegen Stuttgart wird sein letztes Pflichtspiel als Trainer sein. Vorher kommt noch die Verabredung mit Dortmund in Wembley.

Von Andreas Burkert

Ein paar Geheimnisse hat der FC Bayern dann doch gelüftet an seinem großen Open Media Day. 190 Journalisten aus 18 Ländern waren anlässlich des deutschen Champions-League-Finals am 25. Mai nach München gereist. Es geht bei solchen Terminen in der Regel um ein paar Impressionen, Zitate und Bilder von denjenigen, denen eine Hauptrolle zugetraut wird im großen Spiel. Aber Jupp Heynckes hat sich einfach nicht gehalten an das Ritual der Allgemeinplätze, und er kann es sich jetzt wohl auch erlauben, seinen eigenen Weg zu gehen. Denn er verlässt den Fußballbetrieb: Er hört auf.

Eine Nachricht ist das zwar eigentlich nicht, zumindest nicht für diejenigen, die ihm zugehört haben in den zurückliegenden Monaten oder im Interview mit ihm vor der Saison lasen: "Ich sage es ganz ehrlich: Wir haben einen Zwei-Jahres-Vertrag, der endet am 30. Juni 2013. Und dann geht wieder ein Lebensabschnitt zu Ende."

Daran, dass ihn zuletzt doch immer wieder Menschen nach seiner Zukunft als Trainer fragten, ist Heynckes auch ein wenig selbst schuld gewesen. Denn ein Hintertürchen ließ er sich stets offen, lange wohl auch bei den Bayern - bis sie ihm stolz von der Verpflichtung Pep Guardiolas erzählten, Mitte Januar war das. Aber am Dienstag hat der 68-Jährige diesen Türspalt, wenn es ihn denn je gab, wohl endgültig geschlossen.

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Dass nach der Arbeit mit den Rekordbayern nichts anderes mehr infrage komme für ihn in Deutschland, das zumindest bestätigt Heynckes schon seit Wochen. Doch reizt ihn nicht noch mal das Ausland, ein Nationalteam vielleicht? Klubchef Uli Hoeneß hat schon im Winter geraunt, ganz sicher höre sein Freund Jupp auf, "es sei denn, Real Madrid will ihn - so etwas Verrücktes traue ich ihm noch zu". Aber dieser rationale Mann vom Niederrhein, der zwar auch ein bisschen eitel ist, der sich aber nicht annähernd so wichtig nimmt wie manch anderer in diesem Geschäft - er ist natürlich nicht verrückt. Er sagt:

"Ich werde am Samstag in Mönchengladbach mein letztes Bundesligaspiel als Trainer absolvieren. Und es ist ja auch so: Wenn ich zehn oder 15 Jahre jünger wäre, dann würde ich ganz profund an ein Engagement im Ausland denken. Aber ich bin nicht mehr der Jüngste, und die Vereine wollen ja einen Generationswechsel vollziehen - und das kann man mit einem 68-Jährigen natürlich nicht." Thema durch.

Heynckes' Verärgerung über die Umstände der Guardiola-Verpflichtung - als der Verein in der Presseerklärung zu ihm meldete: "Heynckes beendet Karriere zum Saisonende" - wurde ja lange als Beleg gedeutet: Da ist jemand noch mal auf den Geschmack des Erfolgs gekommen; ein Workaholic zumal, der abends lieber Fußball aus aller Welt analysiert, als mal daheim in Bogenhausen mit dem Präsidenten bei Käfer essen zu gehen. Schon nach seiner unmissverständlichen Interview-Aussage hatte er die Aufregung zu dimmen versucht, wohl auch auf Wunsch der Bayern, die damals zwar schon an Guardiola dachten, sich aber eben auch mit vermeintlichen Alternativen wie Mirko Slomka zu befassen hatten. "Ich entscheide ja nicht alleine, man muss dann auch die sportliche Situation berücksichtigen", sagte Heynckes.

Als ihm mit den Bayern in der Hinserie alles gelang, rang Heynckes aber womöglich mit sich. Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsvorsitzende, hat das erst Samstagnacht wieder angedeutet. "Lieber Jupp, ich weiß noch, als wir im Januar bei mir in meinem Büro zusammengesessen sind und besprochen haben, dass Pep Guardiola dein Nachfolger wird", sprach er auf der Meisterparty ins Mikrofon, "da habe ich gespürt, dass das für dich kein einfacher Moment war." Dass der Klub sogleich des Trainers Karriereende vermeldete, ärgerte ihn aber fast noch mehr. Darüber würde er gern selbst befinden, klagte Heynckes.

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Nun hat er seinen Rückzug auf seinen Bauernhof am Niederrhein verkündet, auch wenn ihm das am Dienstag eher rausgerutscht sein mag. Drei Spiele also noch, das letzte Ligaspiel - sein 1012. - Samstag bei seiner ersten und größten Liebe, beim VfL Borussia. "Wie im Drehbuch" komme ihm das vor, sagte Heynckes kürzlich und ergänzte nun: "In Mönchengladbach bin ich groß geworden, das ist meine Heimatstadt, dort bin ich ins Traineramt gezogen - das ist kein normales Spiel für mich."

Auch fürs große Finale gegen den BVB, dem noch das Pokalendspiel gegen Stuttgart folgt, gilt das unbestritten. Im Himmel abzutreten, das hätte etwas für ihn, der intern ja nicht nur nach den drei zweiten Plätzen im Vorjahr hinterfragt wurde. Und über den Kapitän Philipp Lahm nun sagt, er habe sich als Trainer und mit ihm die Mannschaft "weiterentwickelt". Der Coach arbeite "sehr akribisch mit uns, als wäre er, sagen wir mal: 40. Man merkt ihm sein Alter nicht an, er ist jung geblieben".

Und dieser 40-jährige 68-Jährige hat noch nicht zwei Champions-League-Endspiele verloren wie Thomas Müller (2010, 2012), der sagt, mit Nummer drei in London hätte "man hat ja dann nicht zu Unrecht so einen Loser-Stempel drauf, und das will man nicht". Heynckes, mit Real schon mal siegreich, spricht selbstbewusst von "zwei überragenden Saisons mit meiner Mannschaft". Man merkt: Hier möchte jemand allen noch etwas beweisen. Der Heilige Pep? Kann dann gern kommen.

So geht Heynckes aufgeräumt in die aufregendsten Wochen seiner Laufbahn. Der Weltpresse hat er gar seine Elf für Wembley offenbart beim Showtraining in der Arena, sie trug graue Leibchen. Es ist die erwartbare Formation, hinten mit Boateng statt van Buyten: keine Geheimnisse mehr.

© SZ vom 15.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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