Bayern-Sieg in Köln:Kunstwerk mit wenigen Schönheitsfehlern

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Teilweise zufrieden mit seinen Spielern: Bayern-Trainer Pep Guardiola (Foto: AFP)

Bayern-Trainer Pep Guardiola will Bundesligaspiele nicht einfach nur gewinnen. Seine Mannschaft soll Begegnungen wie gegen Köln dominieren. Der lockere 2:0-Sieg überrascht sogar den Künstler Guardiola.

Von Sebastian Fischer, Köln

Es gibt eine Beschäftigung, der Fußballspieler besonders gerne nachgehen, wenn sie nicht Fußball spielen: Sie denken von einem Spiel zum nächsten, so erzählen sie es zumindest. Aktuell hat der FC Bayern München dazu zwei Tage Zeit: Am Samstag gewannen die Bayern beim 1. FC Köln mit 2:0 (1:0), am Dienstag treten sie in der Champions League bei ZSKA Moskau an.

Aus aktuellem Anlass hat Trainer Pep Guardiola deshalb am Samstagabend erläutert, wie beim FC Bayern von Spiel zu Spiel gedacht wird. Im Pressesaal des Kölner Stadions setzte er zu einem Monolog an: "Wir müssen nach jedem Spiel gucken", sprach er: "Waren wir besser als der Gegner?" Dann machte Guardiola eine Pause, ließ die rhetorische Frage kurz wirken und antwortete sich selbst: "Ja? Ok." Und dann nochmal: "Haben wir besser als im letzten Spiel gespielt?" Pause. "Ja? Ok."

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Der FC Bayern kommt immer besser in Form: Der Tabellenführer der Bundesliga gewinnt bei zu braven Kölnern 2:0 und verteidigt damit die Spitze. Vorne wirbeln Robben und Götze, hinten stabilisiert einmal mehr Xabi Alonso.

Von Dominik Fürst

Von-Spiel-zu-Spiel-denken, das mag für gewöhnliche Fußballer eine gewöhnliche Beschäftigung sein. Für Pep Guardiola ist es ein Theaterstück. Mit 2:0 gegen einen Aufsteiger zu gewinnen, das mag für gewöhnliche Meisterschaftsanwärter eine gewöhnliche Übung sein. Für Mannschaften von Guardiola muss es ein Kunstwerk darstellen. Und so saß der Künstler Guardiola am Samstag vor seinem sechsten Gemälde dieser Bundesligasaison, zwar nicht euphorisch, aber zufrieden. Er sagte: "Wir waren geduldig. Nie haben wir unsere Konzentration verloren. Jetzt haben wir drei Punkte mehr."

Wenn man diesem Spiel gegen den chancenlosen 1.FC Köln am Samstagnachmittag eine tiefere Bedeutung beimessen will als eben genau jene, dass nun der FC Bayern drei Punkte mehr auf seinem Konto hat, dann vielleicht diese: Der FC Bayern sieht im Herbst 2014 schon früher als erwartet in dieser Saison so aus, wie es sich der Künstler Guardiola vorstellt. Jedenfalls grob.

Ein einziges Mal musste Torhüter Manuel Neuer eingreifen, der Radiergummi des Künstlers Guardiola, wenn man so will. Nach etwa einer halben Stunde tauchten plötzlich zunächst der Kölner Adam Matuschyk und dann Anthony Ujah frei vor dem Münchner Tor auf - Neuer parierte. Zweimal brach zudem der Bleistift ab: Xabi Alonso passte ins Seitenaus. Doch ansonsten gab es keine Schönheitsfehler. Die Bayern hatten, wie sich Guardiola das wünscht, eigentlich immer den Ball, 78 Prozent Ballbesitz sagte die Statistik. Allein Alonso hatte 204 Ballkontakte.

Und Guardiolas eigenwillige Aufstellung, die bei Ballbesitz die komplette gegnerische Hälfte in einer Art 1-3-3-3-System ausfüllt, mit Alonso als zurückgezogenem Gestalter - die darauf ausgelegt ist, keinen Fehlpass zu erlauben - funktioniert auch gegen stoisch verteidigende Mannschaften. "Wir haben versucht, die Passwege zuzustellen", sagte der Kölner Trainer Peter Stöger beinahe entschuldigend. Es hatte natürlich nicht funktioniert.

Das lag auch an Arjen Robben und Mario Götze, die - falls die Passwege dann doch mal zu waren - einfach drauf losdribbelten. Die Nachwehen der Weltmeisterschaft sind keinem von beiden anzusehen. "Wir haben uns viele Chancen rausgespielt, das ist positiv", freute sich Robben und lobte seinen Kollegen: "Mario ist ein wichtiger Spieler. Man darf nicht vergessen, dass er noch sehr jung ist, da ist immer Luft nach oben." Götze hatte das 1:0 selbst erzielt, das 2:0 vorbereitet und kurz vor Schluss, mit der vielleicht schönsten Aktion des Spiels, dem Kölner Miso Brecko an der Eckfahne den Ball mit der Fußsohle durch die Beine gerollt, so wie es in der Bundesliga nur wenige Spieler können.

Überhaupt steht Götze stellvertretend für die starke Frühform des Rekordmeisters, die auch für den zweiten Champions-League-Spieltag am Dienstag Zuversicht ausstrahlen dürfte. Das Spiel in Moskau war dann auch schnell das Thema am Samstagabend, an dem sich die Münchner in Köln einquartierten, hier trainieren sie am Sonntag und fliegen am Montag direkt nach Russland. "Wir haben eine große Chance", erklärte Guardiola. Manchester City und AS Rom treffen im anderen Spiel der Gruppe E aufeinander; gut möglich, dass die Münchner am Dienstagabend auch in der Champions League die Tabelle anführen. Wie nach sechs Spielen in der Bundesliga.

Viele hatten dem FC Bayern einen problematischen Saisonstart prophezeit, mit Formschwankungen aufgrund der vielen Verletzungen. Doch nun ist der Hauptkonkurrent in der Bundesliga, Borussia Dortmund, bereits auf sieben Punkte distanziert. "So geben wir den anderen Mannschaften keine Chance, ranzukommen", sagte Philipp Lahm, natürlich meinte er den BVB. "Wir sind natürlich sehr zufrieden mit dem Spieltag", sagte Thomas Müller und grinste sein Thomas-Müller-Grinsen.

Für ein öffentliches Pep-Guardiola-Grinsen, wenn es so etwas gibt, ist es jedoch noch zu früh: "Dortmund kommt noch hoch in der Tabelle, sie haben große Qualität. Es ist nur der sechste Spieltag. Noch kann alles passieren", sagte der Spanier. Noch denkt Pep Guardiola eben von Spiel zu Spiel, wenn auch auf seine ganz eigene Art und Weise.

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