Bayern gegen Schalke:"...sonst sind wir ganz schnell in mehreren Wettbewerben raus"

Lesezeit: 3 min

Robert Lewandowski sieht auch, dass das im Moment nicht der beste FC Bayern ist. (Foto: AP)
  • Die Spieler des FC Bayern finden deutliche Worte nach dem 1:1 gegen den FC Schalke 04.
  • "Die Mannschaft muss sich bewusst sein, dass man so, wie wir die letzten dreimal agiert haben, die nächsten Wochen nicht agieren kann", sagt Philipp Lahm.

Aus dem Stadion von Maik Rosner, München

Es gab kurz vor dem Ende des Spiels eine Szene, die eigentlich bestens ins Bild gepasst hätte. Flehentlich bewegte Carlo Ancelotti seine Hände vor der Brust, begleitet von einigen Worten, die seiner Geste Nachdruck verleihen sollten. Der Italiener schimpfte. Allerdings nicht mit seinem kickenden Personal des FC Bayern, sondern mit dem Vierten Offiziellen Lasse Koslowski, der soeben eine Nachspielzeit von nur zwei Minuten in Auftrag gegeben hatte.

Leistungsgerecht 1:1 stand es zu diesem Zeitpunkt zwischen dem FC Bayern und dem FC Schalke 04, und hätte sich an dem bald darauf feststehenden Endstand doch noch etwas geändert, hätte sich der flehende Ancelotti vielleicht in einen demütig dankenden Ancelotti verwandelt, diesmal mit Gesten an eine noch höhere Instanz als an Herrn Koslowski. Ein voller Ertrag wäre für den Meister ja als äußerst glücklich einzustufen gewesen, das wusste auch der Trainer. "Nur am Schluss konnten wir den Druck etwas erhöhen, aber es war nicht genug", sagte Ancelotti.

Einen Aufschwung hatten sich die Münchner in ihrem ersten Heimspiel des Jahres nach zwei knappen und wenig überzeugenden 2:1-Siegen in Freiburg und Bremen nicht nur erhofft, sie hatten diesen sogar offiziell erwartet. "Wir müssen jetzt zusehen, dass wir in den Spielen gegen Schalke, im Pokal gegen Wolfsburg und danach in Ingolstadt in die beste Verfassung kommen, dass wir das Selbstvertrauen haben, das wir beim Achtelfinal-Hinspiel am 15. Februar in München gegen den FC Arsenal brauchen werden", hatte der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge im Stadion-Magazin gefordert.

Bayern sucht weiter nach der Souveränität

Am Ende der erstaunlich offenen Begegnung gegen Schalke ließ sich allerdings feststellen, dass die Bayern diese Forderung nicht bedienen konnten. Sie suchen weiter ihre mit dem Trainerwechsel von Pep Guardiola zu Ancelotti verloren gegangene Souveränität. Zehn Tage sind es nur noch bis zur ersten Verabredung mit Arsenal in der Champions League. Von ihrer besten Verfassung scheinen die Bayern in etwa so weit weg zu sein wie die Schalker von ihrem ersten Ligatitel. Ein Umstand, der nicht nur den Trainer, sondern auch dessen Spieler zunehmend beschäftigt.

"Die Mannschaft muss sich bewusst sein, dass man so, wie wir die letzten dreimal agiert haben, die nächsten Wochen nicht agieren kann, sonst sind wir ganz schnell in mehreren Wettbewerben auf einmal raus", schlug Kapitän Philipp Lahm bereits erste alarmiernde Töne an. Ancelotti erstellte für seine Verhältnisse zudem eine ungewohnt lange Mängelliste. "Wir sind nicht so kompakt", die beiden Linien Abwehr und Mittelfeld seien nicht nah genug beieinander gewesen, "sie haben nicht gut zusammen gearbeitet", sagte er. Und außerdem "waren wir nicht in der Lage, den Ball zu gewinnen". Am schwerwiegendsten aber klang Ancelottis fünfter Kritikpunkt in schneller Folge. Er rügte: "Es ist kein Problem der Qualität, sondern der Opferbereitschaft", des Einsatzes und Willens also.

Bei Manuel Neuer klang das ganz ähnlich. Zu viele Chancen habe man zugelassen, man sei oft zu weit auseinander gewesen, und immer habe man eben auch nicht das Glück wie zuletzt in Freiburg, "am Ende noch die Kuh vom Eis zu kriegen", wie es der Nationaltorwart ausdrückte.

Torwart Neuer: "Man muss sich Geadanken machen, wie wir Fußball spielen"

Es folgte eine tiefergehende Analyse: "Es geht um die Sachen, die uns ausgezeichnet haben. Dieses selbstbewusste Passspiel, dass die Bälle mit einer guten Konzentration ankommen, dass wir den Ball mit Tempo zirkulieren lassen können und die Gegner so in Bedrängnis bringen, dass sie die Ordnung verlieren und wir zu Torchancen kommen", sagte Neuer. Zudem gehe es um die "Art und Weise" der Auftritte, um das Umschaltverhalten und darum, "in einer vernünftigen Ordnung zu stehen. Schalke hätte in der ersten Halbzeit schon das ein oder andere Tor mehr machen können, wenn sie es gut zu Ende gespielt hätten", erinnerte Neuer. Die Fülle der Defizite, die er benannt hatte, bündelte der Torwart in zwei Sätze, die auf viel Verdruss schließen ließen, wohl auch über manch einen Kollegen: "Man darf nicht davon ausgehen, dass man einfach so weitermachen kann. Man muss sich Gedanken machen, wie wir hier Fußball spielen."

Dabei hatte sich das Publikum schon auf einen ziemlich überschaubaren Spannungsbogen eingestellt, nachdem Robert Lewandowski früh sein 15. Saisontor gelungen war. Doch danach wurden die 75 000 Zuschauer in der Münchner Arena zunächst Augenzeugen von Naldos direkt verwandeltem Freistoß, bei dem sich Neuer verschätzte (13.). Und danach bei Schalker Gegenangriffen von riesigen Löchern und Gräben im Münchner Mittelfeld. Vorne brachte der FC Bayern erst in der 86. Minute durch Javier Martínez seine erste Chance der zweiten Halbzeit zustande. Was man sich vorgenommen habe, "war irgendwie nicht umsetzbar", sagte Neuer ein bisschen ratlos. Um die vielen Fragen nach dem Warum dürfte es nun gehen beim FC Bayern. Vor dem Pokal-Achtelfinale am Dienstag gegen Wolfsburg. Und besonders vor dem Vergleich mit Arsenal in der Woche darauf.

© SZ vom 05.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

FC Bayern in der Einzelkritik
:Manuel Neuer flutscht Naldos Knaller durch

Mats Hummels holt sich eine blutige Nase, Arturo Vidal ist die personifizierte Flugabwehrgrätsche. Und Holger Badstuber spielt in einem seltsamen Trikot. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Thomas Hummel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: