AS Monaco:Die Auferstehung von "El Tigre"

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Monaco-Stürmer Radamel Falcao trifft mittlerweile wieder regelmäßig. Auch gegen Borussia Dortmund? (Foto: AFP)
  • Vor dem Champions-League-Duell mit Borussia Dortmund kann sich der AS Monaco wieder auf die Tore von Radamel Falcao verlassen.
  • Der Stürmer trifft wieder regelmäßig das Tor, nachdem er den Mixer Transfermarkt vorerst hinter sich gelassen hat.
  • Hier gibt es den Liveticker zu Dortmund gegen Monaco und hier zu allen Ergebnissen der Champions League.

Von Oliver Meiler

Für einen Stürmer, und diese Prämisse muss sein, ist es etwas einfacher, sich in die Köpfe des Publikums zu spielen. Oder zurückzuspielen. Tore wirken da wie Liebesbeschleuniger. Tore öffnen sogar die Herzen größter Zweifler.

Als Radamel Falcao im vergangenen Sommer zu seinem Stammverein AS Monaco zurückkehrte, nachdem er sein Glück zwei Jahre in England gesucht hatte, da wähnte man ihn bereits am Ende seiner Karriere angelangt. Mit 30. Ausgelaugt, müde geworden nach frenetischen Jahren im Mixer des Transfermarktes und der Millionen. Bei Manchester United und beim FC Chelsea, die ihn sich jeweils für ein Jahr ausgeliehen hatten, gelangen ihm nur fünf Tore - insgesamt.

Natürlich ließ man gelten, dass er vor seinem Wechsel auf die Insel eine schwere Knieverletzung erlitten hatte. Die Folgen hemmten ihn. Falcao war nicht mehr so schnell und explosiv wie früher, er wich plötzlich auch dem einen oder anderen Zweikampf aus, was er davor nie getan hatte. Alles verständlich. Doch fünf Tore in zwei Jahren? Für einen, den die Trainer-Granden José Mourinho und Pep Guardiola in seltener Einhelligkeit einst für den besten Mittelstürmer der Welt gehalten hatten? Da mutete diese Statistik schon wie der Abspann an. Selbst im Fürstentum wurde bezweifelt, dass das noch mal etwas werden würde mit Falcao. Monaco suchte nach einem neuen Abnehmer, weil man das hohe Salär des Kolumbianers lieber aus dem Budget ausgelagert hätte. Doch das Interesse war dünn. 50 Millionen Euro Ablöse erschien allen wie eine Übertreibung, eine Reminiszenz an früher.

Falcao ist ein bisschen Mentor, ein bisschen Vaterfigur

So blieb Falcao in Monaco hängen, gewissermaßen geparkt - und zeigt seitdem zur Verwunderung der Fußballwelt, was die Sportzeitung L' Equipe gerade eine "unglaubliche Wiederauferstehung" nannte.

Monaco ist mit einer jungen, stürmischen Mannschaft Tabellenführer der Ligue 1, drei Punkte vor dem vermeintlich übermächtigen, von katarischem Geld gefluteten Paris Saint-Germain. Und Falcao ist der Kapitän, obwohl ihm das Reden eher Mühe bereitet, gerade in Französisch. Nur schon des Alters wegen ist er ein bisschen Mentor, ein bisschen Vaterfigur dieser Rasselbande um Kylian Mbappé, Thomas Lemar, Benjamin Mendy und Bernardo Silva, die alle zwischen 18 und 22 sind. Vor allem aber trifft Falcao, 31, wieder mit schöner, versöhnender Regelmäßigkeit: 18 Mal bisher in der Meisterschaft und bis zum Viertelfinale gegen Dortmund (ab 20.35 Uhr im SZ-Liveticker) auch schon sechs Mal in der Champions League.

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Im vergangenen Winter kamen Offerten aus China, die waren so hoch dotiert, dass Falcao wohl schon ein Weilchen nachdenken musste. Doch er blieb, diesmal aus Überzeugung. So viel wie in diesem Jahr stand noch selten auf dem Spiel, und man hört nun auch wieder öfter seinen Spitznamen "El tigre", der zwischenzeitlich aus der Mode gekommen war. Zurzeit kommt kaum eine Falcao-Schlagzeile ohne Referenz an die Wildbahn aus.

Falcao ist schon der "Tiger", seit er ein Kind ist. Geboren wurde er in Santa Marta, an der karibischen Küste Kolumbiens, als Sohn eines harten Innenverteidigers mit diskreter Karriere im kolumbianischen und venezolanischen Profifußball. Radamel García King hatte eine Schwäche für die Künste des brasilianischen Mittelfeldspieler Falcao; sein Sohn trägt seine Ehrerweisung nun im Namen mit sich herum.

Radamel Falcao war es schon früh gewohnt, oft umzuziehen. Mit 14 folgte er einem Ruf von River Plate aus Buenos Aires, einige Tausend Kilometer von zu Hause entfernt; er sollte dort das Vereins-Internat besuchen. Nach jedem Spiel wurde der Beste prämiert. Sponsor war eine Ölgesellschaft. Und da die mit dem "Tiger im Tank" warb, hieß die Auszeichnung bald "Tigre Esso". Nach einer Begegnung gegen Huracán, in der Falcao zwei Tore schoss, erhielt er die Prämie zum ersten Mal, als Teenager.

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Die Kameraden zogen den schüchternen Jungen damit auf und riefen ihn fortan nur noch "Tigre". Das passte ganz gut zu seinem spielerischen Naturell, der Wendigkeit im Strafraum, der bulligen Durchsetzungskraft gegen kräftiger gebaute Verteidiger, dem ansatzlosen Sprint mit langem, wehendem Haar. Er war nicht sonderlich groß gewachsen, sprang aber höher als die meisten Gegner und brachte es mit Kopfbällen früh zu einer gewissen Klasse. Neben dem Platz war der Tiger allerdings ein frommes Lamm, ging stets zur Messe in seine evangelische Gemeinde, wo er auch seine heutige Frau, die argentinische Popsängerin Lorelei Taron, kennenlernte.

Jorge Mendes wird Manager von Falcao

Das Paar zog nach Porto, der ersten Station in Europa, da hatte Falcao schon einen berühmten Manager: Der Portugiese Jorge Mendes, so etwas wie der Zirkusdirektor im Business, verhandelte den Wechsel zu Atlético Madrid. Es war der bis dahin teuerste Transfer in der Geschichte des Vereins. Doch darüber mochten sie bei Atléti nicht lange nachdenken, nach 52 Toren in 68 Spielen. Falcao war in seinen zwei Jahren in Madrid nahe dran an Lionel Messi und Cristiano Ronaldo, nominiert für die wichtigen individuellen Trophäen. Alle Großvereine Europas wollten den Tiger in ihrer Manege haben. Mendes aber vermittelte den Transfer in die Provinz: zu Monaco. Wahrscheinlich gab es dort mehr Kommissionen. Falcao sagte mal, er entscheide nie, wo er hinziehe. Das machten andere.

So begannen auch die Leih-Jahre in England. In Monaco erinnert man sich noch immer daran, wie Falcao im Sommer 2014 einmal in eng geschnittenem Anzug neben seinem Manager auf der Tribüne im Stade Louis II. stand und die Hand vor den Mund hielt beim Reden, damit die Fernsehleute auch mit Zoomen nicht von seinen Lippen lesen konnten. Das Spiel auf dem Rasen schien ihn nicht zu interessieren. Wenig später war er weg, kommentarlos. Nun ist er also zurück - und spielt sich mit vielen Toren in die Herzen der Monegassen.

Am vergangenen Samstag, im Ligaspiel gegen Dijon (2:1), kam Falcao erst ab der 61. Minute zum Einsatz, da stand es 0:1. Er trat dann zwei Freistöße aus halber Distanz, sonst nicht gerade seine Spezialität. Der erste touchierte die Unterkante der Latte, der Ball lag eine Sekunde auf der Torlinie, wie serviert für Nabil Dirar, der einschob. Den zweiten verwandelte Radamel Falcao direkt, mit einem satten Schuss in den rechten Torwinkel. Es war sein erstes direktes Freistoßtor nach satten 53 Monaten und erst das zweite in seiner gesamten Profikarriere. Ein klassischer Liebesbeschleuniger.

© SZ vom 19.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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