Arjen Robben beim FC Bayern:Titel holen, kein Problem machen

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Im Trainingslager des FC Bayern sind alle ganz arg bemüht, diesen Arjen Robben spüren zu lassen, wie sehr sie sich freuen, dass er wieder bei ihnen ist. Sportchef Matthias Sammer sagt, man müsse den Spieler "besser schützen". Robben indes hat klare Ziele für die kommende Saison.

Benedikt Warmbrunn, Riva del Garda

Hermann Gerland schreit nicht mehr, er flucht nicht mehr, er schleicht nur ziemlich ruhig über den Trainingsplatz, so ist das auch in Arco. Der Assistenztrainer des FC Bayern schützt sich vor der Sonne, indem er seine rote Schirmmütze tief über die Stirn gezogen hat, um seinen Hals baumelt eine Trillerpfeife.

Gerland stellt dann akkurat Hütchen auf, und wenn das Training vorbei ist, bläst er kräftig in seine Trillerpfeife, aber auch das irgendwie ruhig. Anders ist es nur, wenn Gerland sich mit Arjen Robben unterhält. Dann fuchtelt er mit den Armen, er erhebt seine Stimme, kurz: Gerland wird grob.

Gerland und das Grobe, das ist eine ganz hohe Stufe der Zuneigung, vielleicht sogar: die höchste. Und so wie Gerland sind zurzeit beim FC Bayern alle ganz arg bemüht, diesen Arjen Robben spüren zu lassen, wie sehr sie sich freuen, dass er wieder bei ihnen ist. So erzählte Matthias Sammer, der Sportvorstand, er habe Robben zugesichert, dass "wir ihn stärker schützen müssen". Ihn: Robben, 28, Familienvater, einen der besten Fußballer weltweit.

Sie wissen beim FC Bayern, wie sehr sie auf einen Robben in Spiellaune angewiesen sind, auf seine Dribblings, seine Ideen, seine Tore. Sie wissen aber auch, was zwischen einem spielenden Robben und einem Robben in Spiellaune stehen könnte, nämlich die Erinnerung. In der vergangenen Saison erzielte der Niederländer zwölf Bundesliga-Tore, aber das ist es nicht, was von dieser Spielzeit geblieben ist.

Da ist vielmehr die Debatte, ob Robben zu egoistisch spiele. Da ist der Faustschlag von Franck Ribéry ins Gesicht von Robben. Da ist der verschossene Elfmeter gegen Dortmund, im entscheidenden Spiel um die Meisterschaft. Da ist vor allem der verschossene Elfmeter im Champions-League-Finale gegen den FC Chelsea. Und da ist das Freundschaftsspiel gegen die Niederlande drei Tage nach der Niederlage gegen Chelsea, bei dem Robben im Trikot der Holländer von den Bayern-Fans ausgepfiffen wurde.

Im Internet wurden daraufhin Aufnahmen von Robbens verschossenen Elfmetern mit der Werbung einer Automobil-Firma ("So fair war Sport noch nie") zusammengeschnitten; außerdem wurde gewitzelt, welche Tiere wohl keine Elfmeter schießen können (sehr lustig).

Anschließend spielte Robben mit der holländischen Nationalmannschaft bei der EM, er traf im ersten Spiel gegen Dänemark den Pfosten, sonst traf er nichts - die Niederlande schieden ohne Punkt nach der Vorrunde aus. So wurde Robben neben Bastian Schweinsteiger zum Gesicht einer Saison, in der die Spieler des FC Bayern nicht einen Titel gewinnen konnten. Vorübergehend wurde sogar spekuliert, ob Robben den Verein verlassen werde.

FC Bayern im Trainingslager
:Keuchen am Gardasee

Kegel, Hütchen, Gummiband: Am Gardasee bestreitet der FC Bayern sein traditionelles Trainingslager. Damit es seinen Topspielern nicht langweilig wird, wartet Trainer Jupp Heynckes mit allerlei Übungen auf - und verletzt sich dabei selbst.

Am Mittwoch sprach Robben in Riva del Garda mit den Journalisten, er wurde zu all diesen Dingen befragt, meistens antwortete er entspannt-nichtssagend. Nur auf die Frage nach dem Gedanken an einen Abschied antwortete er schnell und sicher. Robben sagte: "Nein." Der Zuspruch, der angebotene Schutz, das sagte er jedoch auch, "das tut richtig gut".

Engagiert und bestens gelaunt: Arjen Robben im Training des FC Bayern. (Foto: dapd)

Im Trainingslager am Gardasee kann der Rechtsaußen diesen nahezu exklusiv beanspruchen; neben dem Ukrainer Anatoli Timoschtschuk und dem kroatischen Zugang Mario Mandzukic ist Robben der einzige EM-Fahrer im Kader. Der Franzose Franck Ribéry trainiert in München, die deutschen Nationalspieler kehren erst am Sonntag aus dem Urlaub zurück.

Also geht es in diesen Tagen fast nur um die Verfassung von Arjen Robben, und dieser präsentiert sich in einer prächtigen Laune. Er bewirft Mitspieler mit Bällen, und manchmal fuchtelt er eben gemeinsam mit Gerland wild durch die Luft. Eine aufgesetzte gute Laune? "Ich mache kein Theater", sagte Robben, "ich fühle mich fit und frisch, und das muss so bleiben."

Auch die Diskussion um seine Spielweise beeinträchtige ihn nicht mehr, sagte Robben; bei der EM hatte er noch geklagt, dass ihn diese irritiert habe. Am Dienstag stand ein Testspiel an, schon in der zehnten Minute hatte er seine erste unnachahmliche Robben-Situation. Er bekam den Ball draußen am rechten Flügel, breitete die Arme ein bisschen aus, zog in die Mitte, am ersten Verteidiger vorbei, am zweiten Verteidiger, am dritten Verteidiger, Schuss, Tor. Es war ein Testspiel gegen eine Trentino-Auswahl, aber immerhin: Robben traf beim 11:0 dreimal. "Das ist eine Gefühlssache", sagte er.

In seiner guten Laune blockte Robben alle Fragen zur vergangenen Saison gekonnt ab, er wolle daraus "kein Problem machen"; er sprach lieber über das nächste Jahr, die nächste Saison, für diese lautet sein Plan: "Titel holen, Meister werden". Dazu wolle auch er etwas beitragen, das Wichtigste dafür sei seine Gesundheit: "Wenn ich physisch in einer guten Verfassung bin, weiß ich, was ich kann."

Dabei zupfte er an einem Tape an seinem linken Knöchel. Robben hat aber nur eine Blase.

© SZ vom 19.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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