Borussia Dortmund in der Champions League:Gutes Pferd, schlechtes Pferd

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In der Liga präsentierte sich der BVB zuletzt schwach wie lange nicht. Jetzt soll in der Champions League gegen Zenit Sankt Petersburg die Trendwende gelingen. Doch Jürgen Klopps Männer treffen auf einen undurchsichtigen Gegner.

Von Freddie Röckenhaus, Sankt Petersburg

Schlechte Laune war im Tross von Borussia Dortmund am Montag erkennbar verboten. Sie war in etwa so verpönt wie Lauffaulheit auf dem Rasen. Die erschreckend schwache Leistung beim 0:3 in Hamburg - nach Einschätzung vieler BVB-Kenner die schlechteste, seit Jürgen Klopp 2008 das Traineramt übernommen hatte - stand auf so etwas wie einer schwarzen Liste. "Wir wissen", fasste Kapitän Sebastian Kehl die offizielle Klub-Rhetorik in Worte, "das wir ganz schlecht gespielt haben, aber das wirft uns nicht um. Wir wissen, dass wir gegen St. Petersburg ganz anders spielen werden."

Überraschend saß auch der zuletzt als verletzt gemeldete Mats Hummels im Flieger. Ob Hummels nur als eine Art Bluff dienen soll, um dem Gegner Zenit St. Petersburg fürs Achtelfinal-Hinspiel in der Champions-League ein paar Aufstellungs-Rätsel aufzugeben oder ob der Abwehrchef tatsächlich rechtzeitig bis Dienstagabend (18 Uhr deutscher Zeit) fit werden könnte, blieb aber noch offen.

"Ich kann wirklich noch gar nichts dazu sagen", wehrte Hummels ab, "ich weiß nicht, was geht und was nicht." Hummels laboriert an einer Bänderdehnung und einer Stauchung im Sprunggelenk. Eine unverhoffte Rückkehr von Hummels wäre ein gutes Zeichen für die verunsicherte Mannschaft. Mit Sven Bender hat sich am Wochenende der nächste Borusse in die Krankenliste eintragen lassen; mit einer Schambeinentzündung wird der Nationalspieler geschätzte zehn Wochen ausfallen.

Mit denselben Beschwerden war Mario Götze 2012 sogar für eine komplette Halbserie ausgefallen. Weiterhin muss Dortmund ohne die Stammkräfte Subotic, Gündogan und Blaszczykowski auskommen. Torjäger Lewandowski war am Wochenende erkältet, reiste aber mit. "Er konnte sich in der letzten Tagen erholen", sagte Klopp.

"Wir wissen, dass wir auch ohne unsere Verletzten immer eine gute Truppe auf dem Spielfeld haben - auch wenn wir jetzt natürlich weitere Verletzungen nicht mehr brauchen können", meinte Sebastian Kehl, der Bender wohl auf der defensiven Sechser-Position ersetzen wird.

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Zumindest das Klima meint es mit den Dortmundern bei ihrer Russland-Expedition gut. Die letzten Schneereste weichen gerade, St. Petersburgs Innenstadt ist schneefrei, das Eis auf der Newa beginnt zu schmelzen. Wegen der klimabedingten langen Winterpause in der russischen Liga hat Dortmunds Gegner seit Mitte Dezember keine Pflichtspiele mehr bestritten. Als Herbstmeister, gleichauf mit Lokomotive Moskau, kam Zenit in der heimischen Liga zwar gut durch die Hinrunde.

In der Champions-League aber war der BVB-Gegner mit nur sechs Punkten in der Gruppenphase der schlechteste unter den 16 Qualifizierten fürs Achtelfinale. Dortmund, Gruppensieger gegen Arsenal, Neapel und Marseille, geht als deutlicher Favorit in die beiden Spiele - eine Rolle, die dem BVB auch nach dreieinhalbjährigem Höhenflug noch immer nicht besonders gut zu liegen scheint.

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Von Saskia Aleythe, Hamburg

St. Petersburgs Millionentruppe wird vom früheren HSV-Manager Dietmar Beiersdorfer sportlich geleitet. Mit Sponsor Gazprom im Rücken, der unter anderem auch Hauptförderer von Schalke 04 ist, hat Beiersdorfer ähnliche finanzielle Möglichkeiten wie etwa der VfL Wolfsburg in Deutschland, der scheinbar beliebige Mittel vom Volkswagen-Konzern zur Verfügung hat. Trotzdem gehört bisher nur der brasilianische Torjäger Hulk, der seinen Künstlernamen von einem monströsen Comic-Helden adaptiert hat, zu den international begehrten Stars.

Auch Spielmacher Axel Witsel, belgischer Nationalspieler, ist inzwischen bei einem angeblichen Marktwert von 32 Millionen Euro angelangt. Im Winter holte Beiersdorfer außerdem noch Stürmer José Rondon von Rubin Kazan. Zum Kader gehören auch der ehemalige Bayern-Spieler Anatoli Timoschtschuk inzwischen 34, und der langjährige Arsenal-Profi Andrei Arschawin, inzwischen 32.

Timoschtschuk hatte unlängst analysiert, dass Dortmund zwar "eine starke Mannschaft" habe, die aber von der Form der letzten Jahre ein Stück entfernt sei. Petersburgs italienischer Trainer Luciano Spalletti wird die Meinung seines Spieler-Veteranen womöglich nicht teilen, zu unberechenbar tritt der BVB in der laufenden Saison auf.

Bereits in der Gruppenphase hatte Dortmund nach schmerzhaften Liga-Niederlagen gegen Bayern München und Leverkusen wichtige Siege in der Champions-League eingefahren. Auch in der vorigen Saison war dieses Muster erkennbar: dass Klopps Elf vor wichtigen Champions-League-Spielen häufiger stolperte, dann aber auf den Moment wieder fit war.

Am Samstag hatte Klopp noch gewettert, er hasse die Spruchweisheit "wie die Pest", wonach ein gutes Pferd nur so hoch springe, wie es müsse. In St. Petersburg, so viel steht fest, weiß niemand so recht, wie hoch man springen muss. Vielleicht ist das ganz gut so.

© SZ vom 25.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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